Der Kater, der nicht reden wollte
Zur Erzählerin, ihrem Dauerfreund Konrad und der Oberkatze Schlumpel gesellt sich der charmante Kartäuserkater Schnuff. Doch schon bald wundert sich Konrad: Warum nur spricht Schnuff nicht mit ihm? Bezaubernde Katzengeschichten.
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Produktinformationen zu „Der Kater, der nicht reden wollte “
Zur Erzählerin, ihrem Dauerfreund Konrad und der Oberkatze Schlumpel gesellt sich der charmante Kartäuserkater Schnuff. Doch schon bald wundert sich Konrad: Warum nur spricht Schnuff nicht mit ihm? Bezaubernde Katzengeschichten.
Klappentext zu „Der Kater, der nicht reden wollte “
»Ohne Katze wär das Paradies kein Paradies!«Bei der Erzählerin, ihrem Dauerfreund Konrad und der Oberkatze Schlumpel ist ein Kartäuserkaterkind in Oberweschnegg eingezogen und sorgt für allerlei Wirbel. Mit seinem Katercharme wickelt Schnuff jeden um den Finger, doch Konrad macht sich Sorgen. Warum spricht der kleine Kater nicht mit ihm? - Neue warmherzige und bezaubernde Geschichten aus der erprobten Feder von Eva Berberich. Wer bis jetzt kein Katzenfreund war, wird spätestens mit Schnuff bekehrt!
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Lese-Probe zu „Der Kater, der nicht reden wollte “
Der Kater, der nicht reden wollte von Eva BerberichWir vier
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Am Anfang war der Teufel. Mephistopheles. Stoffele. Der schwarze Kater mit der weißen Schwanzspitze, dem ich - wie er zu sagen pflegte - zugelaufen war, der ein Jahr lang
mein Leben bereichert hat und vom Dach gefallen ist, als er mir einen Stern vom Himmel
herunterholen wollte.
Ein Taugenichts, Faulpelz und Macho, wie er längst im Buche steht (nachzulesen in ›Alles für den Kater‹, dtv 25 18 7) und den ich geliebt habe. Und weil keiner, der mal von einer Katze als Lebensgefährte erwählt wurde, mehr ohne Katze sein kann, denn eine Katze sticht für ihn jedes andere Haustier aus, ob Elefant, Boa Constrictor oder Stallhase, folgte ihm, nach Einhaltung der Trauerzeit, Schlumpel, sein rotbepelztes, grünäugiges Enkelkind, eine wahre Schmuddelkatz, verschmust, raffiniert und blitzgescheit, die seither mein Leben teilt, das ich wiederum mit Konrad teile. Aber nicht immer, nur an den Wochenenden und wenn Konrad bei uns auf dem Land urlaubt.
Konrad und Schlumpel haben nach anfänglichen Machtkämpfen, die Konrad natürlich verloren hat, eine Art Burgfrieden geschlossen und kommen inzwischen ganz manierlich miteinander aus. Aber da Schlumpel nun mal meine Schlumpel ist, wuchs in Konrad die Sehnsucht nach, wie er sagte, »was Eigenem«; dieses Eigene brachte er eines Tages aus dem Tierheim mit, und wir nannten es Schnuffel.
Schnuffel ist also hauptsächlich Konrads Kater und männliche Verstärkung, mit ihm fühlt er sich meiner Katze und mir eher gewachsen. Schnuffel heißt so, weil er, als er im Alter von zehn Wochen bei uns einzog, seine Umgebung hauptsächlich mit der Nase erkundete. Das verbindet ihn mit Marseus van Schrieck, einem bemerkenswerten holländischen Maler des siebzehnten Jahrhunderts, dem seine Künstlerkollegen den Spitznamen »Snuffelaer« gaben, weil er durch Wald und Flur zog, überall nach Schlangen, Lurchen, Kröten, Eidechsen, Fröschen, Insekten und Pilzen herumschnüffelte und, was er gefunden hatte, auf seinen Bildern ins rechte Licht setzte. Wer's nicht glaubt, der kann ja im Lexikon nachschauen.
Schnuffel malt jedoch nicht, Schnuffel schnuffelt nur, das aber ebenfalls mit Inbrunst. Und zwar bei Schlumpel und mir auf dem Land in Oberweschnegg. Denn Konrads Stadtwohnung ist nicht katertauglich. Auch hätte Konrad dort keine Zeit für ihn und außerdem Angst um seine wertvollen Bücher, in denen Schnuffel, nachdem Konrad ihm das Lesen beigebracht hätte, herumschmökern würde, womöglich mit dreckigen Pfoten.
Aber Konrad zahlt reichlich Alimente in Form von Dosenfutter und Leckerli, da lässt er sich nicht lumpen.
Schnuffels Erziehung übernahm zunächst einmal Schlumpel, wobei sie recht autoritär vorging, was sein musste, wie sie mir immer wieder erklärte, wenn sie ihn verdroschen hatte. Schnuffel gedieh dabei ausgezeichnet. Nur -
Konrads Stirn legte sich in Sorgenfalten. »Er sagt immer noch nichts. Ob er stumm ist?«
»Ist er nicht«, beruhigte ich ihn. »Ich hab auch lange nichts gesagt. Nur gebrüllt. Und ich konnte erst mit fünf ein anständiges S herausbringen.«
Abgesehen von seiner mangelnden Redelust war Schnuffel wirklich eine Freude und Augenweide. Was Katzenkinder immer sind, wenn man nicht allzu sehr an einwandfreien Polstermöbeln, unbefleckten Teppichen, unzerschlissenen Kissen und unzerkauten Vorhangfransen hängt, an den Schätzen also, die, so steht's geschrieben, sowieso Rost und Motten fressen werden.
Schnuffel ist ein kleiner Kartäuser mit gelben Bernsteinaugen und einem kurzen mausgrauen Wuschelpelz. Ein richtiger Handschmeichler.
Schnuff
Ich stand vor der Haustür. »Schlumpel!«, rief ich, »komm schnell, Fleischbällchen!«
Schlumpel ließ mich erst ein
bisschen warten, obwohl ich genau
sah, dass sie hinterm Johannisbeerbusch lag und hackfleischbällchenlüstern die Ohren spitzte. Aber eine Katze, die auf sich hält, rennt nicht gleich los, wenn man sie ruft. Sie wartet eine kleine Weile, dann schlendert sie daher, schnuppert an einer Rose, begrüßt einen Schneck, betrachtet sinnend den Schubkarren und lauscht dem melodischen Klang des nachbarlichen Rasenmähers. Es soll aussehen, als komme sie freiwillig und ganz zufällig mal eben vorbei. Doch einer kam gerannt: Schnuffel. Ein kleiner Kater kennt die Rituale halt noch nicht so gut.
»Dich mein ich nicht, Schnuffel, ich meine Schlumpel. Du warst schon dran, bist pump-satt und hast den Ranzen voll.«
Aber Schnuffel guckte, als fühle er sich gemeint. Und da ging mir auf, warum. »Konrad«, sagte ich abends, »wir sind vielleicht bescheuert!«
Konrad fühlte sich nicht gemeint. »Wieso bist du bescheuert?«
»Wie heißt meine Katze?«
»Wie soll sie schon heißen? So, wie sie aussieht und guckt: Schlumpel.«
»Und wie heißt dein Kater?«
»Wie soll er schon heißen? So, wie er sich benimmt: Schnuffel.«
»Und fällt dir dabei was auf?«
Konrad fiel nichts auf.
»Sag mal die beiden Namen hintereinander.«
»Schnuffel«, sagte Konrad. »Schnuffel und Schlumpel und Schlumpel und Schnuffel.« Und dann fiel der Groschen: »In beiden steckt ein u. Und sie klingen gleich lang.«
»Deshalb fühlen sich beide gemeint, wenn ich rufe. Weil ihre Namen so ähnlich klingen.«
Konrad dachte nach. Und weil er klug und weise ist, fand er eine Lösung für das Problem: »Schlumpel können wir nicht umtaufen, die ist an den Namen gewöhnt. Aber Schnuffel ist noch lernfähig. Wir nennen ihn einfach Schnuff. Das ist kurz und knapp und nicht mit Schlumpel zu verwechseln.« Er probierte den Namen aus. »Schnuff!«, rief er in allen Tonarten und Stimmlagen, »Schnuff! Schnuff! Schnuff!«
Schnuff kam, was Konrad beeindruckte, kriegte ein Leckerli, was Schnuff beeindruckte; und so übten die beiden eine Stunde lang. Schnuffs Bäuchlein wurde immer runder vor lauter Leckerli, und dann spuckte er auf den Wohnzimmerteppich, was Konrad so mitnahm, dass er sich außerstande fühlte, den Teppich wieder sauber zu machen, weshalb ich - na ja.
So wurde aus Schnuffel Schnuff.
Weg
Neugier kennt keine Grenzen. Und Schnuff war die verkörperte Neugier. Eines Morgens zog er wieder aus, wie Hänschen klein in die weite Welt hinein - sprich Ober-
weschnegg -, nur ohne Stock und Hut, und
abends kam er nicht mehr heim.
Konrad, der mich immer zur Mäßigung anhält, wenn Schlumpel mal weg ist, und den es geniert, wenn ich »Schlumpel, Schlumpel!« rufend durch Wies und Feld renne, Konrad drehte am Telefon fast durch.
»Ich hab's geahnt. Hab ich's nicht geahnt? Ihr habt nicht aufgepasst, ihr beiden. Ein Fall von sträflicher Vernachlässigung der Aufsichtspflicht. So ein kleines Geschöpf. Hilflos, angewiesen auf Liebe, menschliche Fürsorge und -«
»Reg dich nicht auf! So hilflos ist Schnuff gar nicht. Der kann sich schon seiner Haut wehren.«
»Verirrt hat er sich«, sagte die Konradstimme dumpf. »Und er kann nicht mal sagen, wo er hingehört, wenn ihn einer findet, halb verhungert oder schwer verletzt. Mit gebrochenem Schwanz und zerfetztem Ohr. Weil er ja den Mund nicht aufkriegt.«
»Ach was, hier kennt ihn doch jeder.«
»Ein tätowiertes Ohr hätt er gebraucht, ein Halsband mit seinem Namen drauf, eine Nummer, einen Chip, ich hab's dir schon ein paar Mal gesagt, aber du hörst mir ja nie zu.«
»Wenn er wieder da ist, kriegt er einen Kinderausweis«, versprach ich. »Mit unveränderlichen Kennzeichen: Kater, klein, grau, stumm, auf den Namen Schnuff hörend - oder auch nicht.«
»Und ein Glöckchen um den Hals«, forderte Konrad. »Am Sonntag komm ich. Wenn er bis dann nicht da ist, weiß ich nicht, was ich tu. Mein Blutdruck -«
Seine Stimme klang gebrochen. Dann war Konrad weg.
»Aber Konrad weinet sehr, hat ja nun kein Schnuff nicht mehr ...«
Das alte Kinderlied zog mir, leicht abgewandelt, wieder durch den Sinn, und mir wurde ganz flau.
»Was machen wir jetzt?«, fragte ich meine Katze.
Schlumpel schlug Müffchen vor, wie jedes Mal, wenn ein Problem zu lösen war. »Du weißt genau, dass ich das nicht hin-krieg«, sagte ich.
Und also machte nur Schlumpel Müffchen, was ihr gut stand und, wie jede Katze und jeder Katzenmensch weiß, das Nachdenken fördert.
© 2011 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
Am Anfang war der Teufel. Mephistopheles. Stoffele. Der schwarze Kater mit der weißen Schwanzspitze, dem ich - wie er zu sagen pflegte - zugelaufen war, der ein Jahr lang
mein Leben bereichert hat und vom Dach gefallen ist, als er mir einen Stern vom Himmel
herunterholen wollte.
Ein Taugenichts, Faulpelz und Macho, wie er längst im Buche steht (nachzulesen in ›Alles für den Kater‹, dtv 25 18 7) und den ich geliebt habe. Und weil keiner, der mal von einer Katze als Lebensgefährte erwählt wurde, mehr ohne Katze sein kann, denn eine Katze sticht für ihn jedes andere Haustier aus, ob Elefant, Boa Constrictor oder Stallhase, folgte ihm, nach Einhaltung der Trauerzeit, Schlumpel, sein rotbepelztes, grünäugiges Enkelkind, eine wahre Schmuddelkatz, verschmust, raffiniert und blitzgescheit, die seither mein Leben teilt, das ich wiederum mit Konrad teile. Aber nicht immer, nur an den Wochenenden und wenn Konrad bei uns auf dem Land urlaubt.
Konrad und Schlumpel haben nach anfänglichen Machtkämpfen, die Konrad natürlich verloren hat, eine Art Burgfrieden geschlossen und kommen inzwischen ganz manierlich miteinander aus. Aber da Schlumpel nun mal meine Schlumpel ist, wuchs in Konrad die Sehnsucht nach, wie er sagte, »was Eigenem«; dieses Eigene brachte er eines Tages aus dem Tierheim mit, und wir nannten es Schnuffel.
Schnuffel ist also hauptsächlich Konrads Kater und männliche Verstärkung, mit ihm fühlt er sich meiner Katze und mir eher gewachsen. Schnuffel heißt so, weil er, als er im Alter von zehn Wochen bei uns einzog, seine Umgebung hauptsächlich mit der Nase erkundete. Das verbindet ihn mit Marseus van Schrieck, einem bemerkenswerten holländischen Maler des siebzehnten Jahrhunderts, dem seine Künstlerkollegen den Spitznamen »Snuffelaer« gaben, weil er durch Wald und Flur zog, überall nach Schlangen, Lurchen, Kröten, Eidechsen, Fröschen, Insekten und Pilzen herumschnüffelte und, was er gefunden hatte, auf seinen Bildern ins rechte Licht setzte. Wer's nicht glaubt, der kann ja im Lexikon nachschauen.
Schnuffel malt jedoch nicht, Schnuffel schnuffelt nur, das aber ebenfalls mit Inbrunst. Und zwar bei Schlumpel und mir auf dem Land in Oberweschnegg. Denn Konrads Stadtwohnung ist nicht katertauglich. Auch hätte Konrad dort keine Zeit für ihn und außerdem Angst um seine wertvollen Bücher, in denen Schnuffel, nachdem Konrad ihm das Lesen beigebracht hätte, herumschmökern würde, womöglich mit dreckigen Pfoten.
Aber Konrad zahlt reichlich Alimente in Form von Dosenfutter und Leckerli, da lässt er sich nicht lumpen.
Schnuffels Erziehung übernahm zunächst einmal Schlumpel, wobei sie recht autoritär vorging, was sein musste, wie sie mir immer wieder erklärte, wenn sie ihn verdroschen hatte. Schnuffel gedieh dabei ausgezeichnet. Nur -
Konrads Stirn legte sich in Sorgenfalten. »Er sagt immer noch nichts. Ob er stumm ist?«
»Ist er nicht«, beruhigte ich ihn. »Ich hab auch lange nichts gesagt. Nur gebrüllt. Und ich konnte erst mit fünf ein anständiges S herausbringen.«
Abgesehen von seiner mangelnden Redelust war Schnuffel wirklich eine Freude und Augenweide. Was Katzenkinder immer sind, wenn man nicht allzu sehr an einwandfreien Polstermöbeln, unbefleckten Teppichen, unzerschlissenen Kissen und unzerkauten Vorhangfransen hängt, an den Schätzen also, die, so steht's geschrieben, sowieso Rost und Motten fressen werden.
Schnuffel ist ein kleiner Kartäuser mit gelben Bernsteinaugen und einem kurzen mausgrauen Wuschelpelz. Ein richtiger Handschmeichler.
Schnuff
Ich stand vor der Haustür. »Schlumpel!«, rief ich, »komm schnell, Fleischbällchen!«
Schlumpel ließ mich erst ein
bisschen warten, obwohl ich genau
sah, dass sie hinterm Johannisbeerbusch lag und hackfleischbällchenlüstern die Ohren spitzte. Aber eine Katze, die auf sich hält, rennt nicht gleich los, wenn man sie ruft. Sie wartet eine kleine Weile, dann schlendert sie daher, schnuppert an einer Rose, begrüßt einen Schneck, betrachtet sinnend den Schubkarren und lauscht dem melodischen Klang des nachbarlichen Rasenmähers. Es soll aussehen, als komme sie freiwillig und ganz zufällig mal eben vorbei. Doch einer kam gerannt: Schnuffel. Ein kleiner Kater kennt die Rituale halt noch nicht so gut.
»Dich mein ich nicht, Schnuffel, ich meine Schlumpel. Du warst schon dran, bist pump-satt und hast den Ranzen voll.«
Aber Schnuffel guckte, als fühle er sich gemeint. Und da ging mir auf, warum. »Konrad«, sagte ich abends, »wir sind vielleicht bescheuert!«
Konrad fühlte sich nicht gemeint. »Wieso bist du bescheuert?«
»Wie heißt meine Katze?«
»Wie soll sie schon heißen? So, wie sie aussieht und guckt: Schlumpel.«
»Und wie heißt dein Kater?«
»Wie soll er schon heißen? So, wie er sich benimmt: Schnuffel.«
»Und fällt dir dabei was auf?«
Konrad fiel nichts auf.
»Sag mal die beiden Namen hintereinander.«
»Schnuffel«, sagte Konrad. »Schnuffel und Schlumpel und Schlumpel und Schnuffel.« Und dann fiel der Groschen: »In beiden steckt ein u. Und sie klingen gleich lang.«
»Deshalb fühlen sich beide gemeint, wenn ich rufe. Weil ihre Namen so ähnlich klingen.«
Konrad dachte nach. Und weil er klug und weise ist, fand er eine Lösung für das Problem: »Schlumpel können wir nicht umtaufen, die ist an den Namen gewöhnt. Aber Schnuffel ist noch lernfähig. Wir nennen ihn einfach Schnuff. Das ist kurz und knapp und nicht mit Schlumpel zu verwechseln.« Er probierte den Namen aus. »Schnuff!«, rief er in allen Tonarten und Stimmlagen, »Schnuff! Schnuff! Schnuff!«
Schnuff kam, was Konrad beeindruckte, kriegte ein Leckerli, was Schnuff beeindruckte; und so übten die beiden eine Stunde lang. Schnuffs Bäuchlein wurde immer runder vor lauter Leckerli, und dann spuckte er auf den Wohnzimmerteppich, was Konrad so mitnahm, dass er sich außerstande fühlte, den Teppich wieder sauber zu machen, weshalb ich - na ja.
So wurde aus Schnuffel Schnuff.
Weg
Neugier kennt keine Grenzen. Und Schnuff war die verkörperte Neugier. Eines Morgens zog er wieder aus, wie Hänschen klein in die weite Welt hinein - sprich Ober-
weschnegg -, nur ohne Stock und Hut, und
abends kam er nicht mehr heim.
Konrad, der mich immer zur Mäßigung anhält, wenn Schlumpel mal weg ist, und den es geniert, wenn ich »Schlumpel, Schlumpel!« rufend durch Wies und Feld renne, Konrad drehte am Telefon fast durch.
»Ich hab's geahnt. Hab ich's nicht geahnt? Ihr habt nicht aufgepasst, ihr beiden. Ein Fall von sträflicher Vernachlässigung der Aufsichtspflicht. So ein kleines Geschöpf. Hilflos, angewiesen auf Liebe, menschliche Fürsorge und -«
»Reg dich nicht auf! So hilflos ist Schnuff gar nicht. Der kann sich schon seiner Haut wehren.«
»Verirrt hat er sich«, sagte die Konradstimme dumpf. »Und er kann nicht mal sagen, wo er hingehört, wenn ihn einer findet, halb verhungert oder schwer verletzt. Mit gebrochenem Schwanz und zerfetztem Ohr. Weil er ja den Mund nicht aufkriegt.«
»Ach was, hier kennt ihn doch jeder.«
»Ein tätowiertes Ohr hätt er gebraucht, ein Halsband mit seinem Namen drauf, eine Nummer, einen Chip, ich hab's dir schon ein paar Mal gesagt, aber du hörst mir ja nie zu.«
»Wenn er wieder da ist, kriegt er einen Kinderausweis«, versprach ich. »Mit unveränderlichen Kennzeichen: Kater, klein, grau, stumm, auf den Namen Schnuff hörend - oder auch nicht.«
»Und ein Glöckchen um den Hals«, forderte Konrad. »Am Sonntag komm ich. Wenn er bis dann nicht da ist, weiß ich nicht, was ich tu. Mein Blutdruck -«
Seine Stimme klang gebrochen. Dann war Konrad weg.
»Aber Konrad weinet sehr, hat ja nun kein Schnuff nicht mehr ...«
Das alte Kinderlied zog mir, leicht abgewandelt, wieder durch den Sinn, und mir wurde ganz flau.
»Was machen wir jetzt?«, fragte ich meine Katze.
Schlumpel schlug Müffchen vor, wie jedes Mal, wenn ein Problem zu lösen war. »Du weißt genau, dass ich das nicht hin-krieg«, sagte ich.
Und also machte nur Schlumpel Müffchen, was ihr gut stand und, wie jede Katze und jeder Katzenmensch weiß, das Nachdenken fördert.
© 2011 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
... weniger
Autoren-Porträt von Eva Berberich
Berberich, Eva Eva Berberich, geboren in Karlsruhe, lebt mit Katze und Ehemann, dem Schriftsteller Armin Ayren, im Schwarzwald. Mit ihren Büchern schrieb sie sich in die Herzen unzähliger Katzenfreunde.
Bibliographische Angaben
- Autor: Eva Berberich
- 2011, 254 Seiten, Masse: 12,2 x 19,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: DTV
- ISBN-10: 3423253169
- ISBN-13: 9783423253161
- Erscheinungsdatum: 21.06.2011
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