Der Himmel so fern
Roman
Eine Frau steht alleine am Rande eines Abgrunds. Hinter ihr liegen Ehe und Karriere, Erfolg und Geld. Vor ihr glitzern die Lichter der Großstadt. Vieles ist schiefgelaufen in ihrem Leben, viele Chancen vertan. Das ist das Ende, doch für Rebecka beginnt alles neu.
- Kreditkarte, Paypal, Rechnungskauf
- 30 Tage Widerrufsrecht
Produktdetails
Produktinformationen zu „Der Himmel so fern “
Eine Frau steht alleine am Rande eines Abgrunds. Hinter ihr liegen Ehe und Karriere, Erfolg und Geld. Vor ihr glitzern die Lichter der Großstadt. Vieles ist schiefgelaufen in ihrem Leben, viele Chancen vertan. Das ist das Ende, doch für Rebecka beginnt alles neu.
Klappentext zu „Der Himmel so fern “
Bestsellerautorin Kajsa Ingemarsson - Schwedens erfolgreichste Autorin im modernen FrauenromanEine Frau steht allein am Rande eines Abgrunds. Hinter ihr liegen Ehe und Karriere, Erfolg und Geld. Vor ihr glitzern die Lichter der Grossstadt. Vieles ist schiefgelaufen in ihrem Leben, viele Chancen vertan. Das ist das Ende, doch für Rebecka beginnt alles neu.
Kajsa Ingemarsson hat einen überaus berührenden Roman über die Liebe geschrieben;er handelt von Reue und Vergebung, vom Lieben und Loslassen und von der Aussöhnung mit der eigenen Vergangenheit.
Lese-Probe zu „Der Himmel so fern “
Der Himmel so fern von Kajsa Ingemarsson... mehr
MIKAEL SASS VOR dem Fernseher. Eigentlich hatte er nach den Nachrichten ausschalten wollen, doch vor dem Fernseher einfach zu entspannen, war so verlockend, dass er es sich nicht verkneifen konnte. Im Anschluss war noch eine amerikanische Dokumentation über den Weltraum gekommen, die ihn erstaunlicherweise sowohl fasziniert als auch fast eine Stunde lang auf andere Gedanken gebracht hatte. Als das Telefon klingelte, erschrak er, weil er nicht mit einem Anruf gerechnet hatte. Ein Blick auf das Display, und er musste schlucken. Er wollte nicht, er konnte nicht mehr mit Sofia reden. Sein Leben war schon schwierig genug, so wie es war. Er legte das Telefon zur Seite auf den Couchtisch, saß unnatürlich gerade und starrte das Handy an, das mittlerweile den amerikanischen Sprecher übertönte, als er gerade von kollabierenden Sternen, weißen Zwergen und schwarzen Löchern sprach. Als das Klingeln verstummte, lehnte er sich langsam zurück und richtete seine Aufmerksamkeit erneut auf den Bildschirm. Nach ein paar Minuten gab er es auf. Die Konzentration war jetzt weg, und die Erklärungen des Sprechers konnten ihn leider nicht mehr fesseln. Er nahm die Fernbedienung und schaltete aus, so dass es auf einmal still im Zimmer wurde, nur das elektrische Knistern des Bildschirms hielt noch ein paar Sekunden an.
Er griff nach dem Handy und drückte ein paar Tasten.
Auf wundersame Weise hatte es den gestrigen schlimmen Aufprall an der Wand ohne Schaden überstanden, nur ein Kratzer an der Hülle erinnerte an das, was geschehen war. Die heftige Reaktion hatte ihn selbst überrascht. Er hatte impulsiv reagiert und seiner Wut und Verzweiflung unmittelbar freien Lauf gelassen.
Ein Signal erklang, und er nahm das Handy ans Ohr. Er hatte kaum gemerkt, dass er die Nummer des nicht angenommenen Gesprächs zur Wiederwahl gedrückt hatte. Sofia nahm schon beim zweiten Klingeln ab. Erst erkannte er ihre Stimme nicht, sie war aufgeregt und redete wie ein Wasserfall, so dass er sie bat, sich zu beruhigen, damit er verstehen konnte, was sie zu sagen hatte.
»Ich verstehe nicht, erzähl' noch mal von Anfang an - was ist passiert?«
Sofia setzte noch einmal neu an, doch bevor sie es ihm erklären konnte, brach sie in Tränen aus, und so wurde es noch schwieriger, ihren unzusammenhängenden Sätzen etwas zu entnehmen.
»Bist du zu Hause?«
Ein klägliches »Ja« war zwischen den Schluchzern zu hören.
»Brauchst du Hilfe, hast du dich verletzt? Ist etwas mit Melvin? «
»Nein, alles okay. Es ist ... es ist ... Rebecka.«
Erst als Sofia den Namen ihrer Schwester zum dritten Mal aussprach, konnte Mikael verstehen, was sie sagte. »Rebecka?«
»Ja ...«
Zehn Minuten später und nachdem er sie mehrfach beruhigt hatte, dass alles gut werde und er gleich bei ihr sei, saß er im Auto und bemühte sich, aus der Parklücke auszuparken. Sein Herz schlug heftig, während er versuchte, sich einzureden, dass er nur auf dem Weg zu einem Freund sei, der in einer Krise steckte, sonst nichts. Da half man einfach. Dass er sich Sorgen machte, war kein Wunder, Sofia hatte ja von Rebecka gesprochen. Wie würde er sie mit vernünftigen Argumenten beruhigen können, wenn er am Vortag noch selbst seine flackernde Lampe angebrüllt hatte?
Er zwang sich, seine Konzentration auf die Straße zu lenken, und bald lag die Innenstadt hinter ihm. Es waren nur noch wenige Autos auf der E4 unterwegs, und er musste an sich halten, um nicht zu schnell zu fahren. Die Abende im Frühling waren schon lang, und bald würde der Sommer kommen. Ein orangefarbenes Licht von der sinkenden Sonne nahm man noch auf der anderen Seite der Autobahn zwischen den Tannen wahr, und die Temperaturanzeige seines Fahrerinformationssystems bestätigte einen warmen Abend. Eine Viertelstunde später war er angekommen und parkte vor ihrem Haus. Mikael sah kurz an der Fassade hinauf, dann tippte er den Türcode ein und lief mit schnellen Schritten die vier Stockwerke hinauf. Er klopfte leise an der Tür, und Sofia öffnete sofort. Travolta begrüßte ihn ebenso freudig wie beim letzten Mal, aber Sofia schob ihn ärgerlich wieder beiseite, und im nächsten Augenblick lag der Hund im Flur, wo er missmutig über die verwehrte Aufmerksamkeit jaulte.
Sofia schien sich nach ihrem Telefonat wieder beruhigt zu haben, denn sie sah gefasst aus, als sie zur Seite trat, um ihn in die Wohnung zu lassen. Sie standen sich mit etwas Abstand im Flur gegenüber, abwartend. Sie trug einen hellblauen Jogginganzug, hatte die noch feuchten Haare offen, so dass sie ihr auf die Schultern fielen.
»Ich hätte dich nicht rufen sollen.« Sofia sah ihn an, wich aber seinem Blick schnell wieder aus. »Vermutlich ist alles nur Einbildung, mein Hirn, das spinnt ... «
»Darf man fragen, was eigentlich passiert ist?« Mikael sah sie an und lächelte sanft. Sie war so süß in dem Babyblau, vermutlich in diesem Zusammenhang ein völlig unangebrachter Gedanke.
»Ich habe geduscht ... Und dann ... « Sofia drehte sich um und ging die paar Schritte hinüber zur Badezimmertür. »Es ist besser, du schaust selbst nach«, sagte sie. Man konnte sehen, dass sie zweifelte, als sie die Hand auf die Klinke legte. »Ich habe die Tür einfach zugeschlagen«, sagte sie beschämt.
»Willst du, dass ich sie öf ne?« Mikael kam zu ihr.
»Nein, das ist kindisch. Natürlich kann ich die Tür zu meinem eigenen Badezimmer selbst öffnen.« Sie holte tief Luft und drückte die Klinke nach unten. Warme Luft schlug ihnen entgegen, und es brannte noch Licht. Auf dem Boden glänzten ein paar Wasserlachen, ansonsten schien alles normal zu sein. Sofia stand da und linste vorsichtig hinein. Dann machte sie einen Schritt über die Schwelle und sah zum Badezimmerspiegel. »Es ist weg«, sagte sie leise.
»Was denn?« Mikael stellte sich neben sie.
»Was sie geschrieben hat.«
»Wer?«
»Rebecka.«
»Sie hat etwas auf den Spiegel geschrieben?«
Sofia nickte. »Du musst denken, ich habe den Verstand verloren ... «
»Ich glaube nicht, dass du den Verstand verloren hast.«
»Sie hat auf die beschlagene Scheibe geschrieben. Ich habe geduscht, das ganze Bad war voller Wasserdampf, und der Spiegel war beschlagen.« Skeptisch betrachtete sie die glatte Fläche, die nichts anderes preisgab als Mikael und sie. » Es ist nicht mehr da. «
»Die Feuchtigkeit ist ja auch weg.« Mikael ging hinüber zur Badewanne und drehte den Warmwasserhahn auf. Das Wasser lief sprudelnd heraus und spritzte auf den Boden, so dass er sich hinunterbeugte und den Abfluss schloss. Dann machte er die Badezimmertür zu und stellte sich wieder zu Sofia vor den Spiegel. Da standen sie schweigend eine ganze Weile und hörten, wie sich das Geräusch in der Leitung mit der steigenden Temperatur veränderte. Es dauerte nicht lange, da spürten sie die Luftfeuchtigkeit, und Mikael merkte, dass sein Hemd am Rücken von der Nässe zu kleben begann. Noch war auf dem Spiegel nichts zu sehen, aber er bemerkte, unter welcher Anspannung Sofia stand. Er sah sie von der Seite an. Am Abend zuvor hatte er selbst in seiner Wohnung eine Lampe zerschlagen und die Stille angebrüllt. Was bildete er sich ein, überhaupt in Frage zu stellen, was sie beobachtet hatte? Bislang kannte er sie als äußerst bodenständige Person. Ein paarmal hatte er versucht, mit ihr über seine eigenen Erlebnisse zu sprechen, aber - vielleicht war es Einbildung, vielleicht lag es an den eigenen Zweifeln - er hatte das Gefühl, sie habe ihn nicht richtig ernst genommen. Nicht bevor die Sache mit Melvin passierte. Die Situation war jetzt anders, was hier im Badezimmer geschehen - oder nicht geschehen - war, hatte Sofia allein erlebt. Er kam als Zuschauer erst nachträglich hinzu, vielleicht nicht einmal das. Er konnte ihre Nervosität gut verstehen.
Mikael sah auf den Spiegel. Eine dünne Schicht milchfarbener Dampf schlug sich langsam auf der Oberfläche nieder, und er versuchte, ganz genau hinzusehen. Im oberen Bereich der glatten Spiegelfläche zeichnete sich vorsichtig ein Muster ab, und er spürte, wie Sofia neben ihm erstarrte. Instinktiv trat er noch einen Schritt vor und legte den Arm um Sofia. Sie schien davon kaum Notiz zu nehmen. Noch konnte man es nicht genau erkennen, doch es sah aus wie eine Schrift. Sofia schnappte nach Luft, als der Dampf die Konturen der Wörter lesbar machte. Am Ende bestand keinerlei Zweifel mehr daran, was dort geschrieben stand, und von wem die Wörter stammten. Die Handschrift war eindeutig, und Mikael streichelte wie von allein die Schulter, um die er seinen Arm gelegt hatte. Langsam las er die Wörter laut vor.
Verzeiht.
Ihr beiden.
...
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012
MIKAEL SASS VOR dem Fernseher. Eigentlich hatte er nach den Nachrichten ausschalten wollen, doch vor dem Fernseher einfach zu entspannen, war so verlockend, dass er es sich nicht verkneifen konnte. Im Anschluss war noch eine amerikanische Dokumentation über den Weltraum gekommen, die ihn erstaunlicherweise sowohl fasziniert als auch fast eine Stunde lang auf andere Gedanken gebracht hatte. Als das Telefon klingelte, erschrak er, weil er nicht mit einem Anruf gerechnet hatte. Ein Blick auf das Display, und er musste schlucken. Er wollte nicht, er konnte nicht mehr mit Sofia reden. Sein Leben war schon schwierig genug, so wie es war. Er legte das Telefon zur Seite auf den Couchtisch, saß unnatürlich gerade und starrte das Handy an, das mittlerweile den amerikanischen Sprecher übertönte, als er gerade von kollabierenden Sternen, weißen Zwergen und schwarzen Löchern sprach. Als das Klingeln verstummte, lehnte er sich langsam zurück und richtete seine Aufmerksamkeit erneut auf den Bildschirm. Nach ein paar Minuten gab er es auf. Die Konzentration war jetzt weg, und die Erklärungen des Sprechers konnten ihn leider nicht mehr fesseln. Er nahm die Fernbedienung und schaltete aus, so dass es auf einmal still im Zimmer wurde, nur das elektrische Knistern des Bildschirms hielt noch ein paar Sekunden an.
Er griff nach dem Handy und drückte ein paar Tasten.
Auf wundersame Weise hatte es den gestrigen schlimmen Aufprall an der Wand ohne Schaden überstanden, nur ein Kratzer an der Hülle erinnerte an das, was geschehen war. Die heftige Reaktion hatte ihn selbst überrascht. Er hatte impulsiv reagiert und seiner Wut und Verzweiflung unmittelbar freien Lauf gelassen.
Ein Signal erklang, und er nahm das Handy ans Ohr. Er hatte kaum gemerkt, dass er die Nummer des nicht angenommenen Gesprächs zur Wiederwahl gedrückt hatte. Sofia nahm schon beim zweiten Klingeln ab. Erst erkannte er ihre Stimme nicht, sie war aufgeregt und redete wie ein Wasserfall, so dass er sie bat, sich zu beruhigen, damit er verstehen konnte, was sie zu sagen hatte.
»Ich verstehe nicht, erzähl' noch mal von Anfang an - was ist passiert?«
Sofia setzte noch einmal neu an, doch bevor sie es ihm erklären konnte, brach sie in Tränen aus, und so wurde es noch schwieriger, ihren unzusammenhängenden Sätzen etwas zu entnehmen.
»Bist du zu Hause?«
Ein klägliches »Ja« war zwischen den Schluchzern zu hören.
»Brauchst du Hilfe, hast du dich verletzt? Ist etwas mit Melvin? «
»Nein, alles okay. Es ist ... es ist ... Rebecka.«
Erst als Sofia den Namen ihrer Schwester zum dritten Mal aussprach, konnte Mikael verstehen, was sie sagte. »Rebecka?«
»Ja ...«
Zehn Minuten später und nachdem er sie mehrfach beruhigt hatte, dass alles gut werde und er gleich bei ihr sei, saß er im Auto und bemühte sich, aus der Parklücke auszuparken. Sein Herz schlug heftig, während er versuchte, sich einzureden, dass er nur auf dem Weg zu einem Freund sei, der in einer Krise steckte, sonst nichts. Da half man einfach. Dass er sich Sorgen machte, war kein Wunder, Sofia hatte ja von Rebecka gesprochen. Wie würde er sie mit vernünftigen Argumenten beruhigen können, wenn er am Vortag noch selbst seine flackernde Lampe angebrüllt hatte?
Er zwang sich, seine Konzentration auf die Straße zu lenken, und bald lag die Innenstadt hinter ihm. Es waren nur noch wenige Autos auf der E4 unterwegs, und er musste an sich halten, um nicht zu schnell zu fahren. Die Abende im Frühling waren schon lang, und bald würde der Sommer kommen. Ein orangefarbenes Licht von der sinkenden Sonne nahm man noch auf der anderen Seite der Autobahn zwischen den Tannen wahr, und die Temperaturanzeige seines Fahrerinformationssystems bestätigte einen warmen Abend. Eine Viertelstunde später war er angekommen und parkte vor ihrem Haus. Mikael sah kurz an der Fassade hinauf, dann tippte er den Türcode ein und lief mit schnellen Schritten die vier Stockwerke hinauf. Er klopfte leise an der Tür, und Sofia öffnete sofort. Travolta begrüßte ihn ebenso freudig wie beim letzten Mal, aber Sofia schob ihn ärgerlich wieder beiseite, und im nächsten Augenblick lag der Hund im Flur, wo er missmutig über die verwehrte Aufmerksamkeit jaulte.
Sofia schien sich nach ihrem Telefonat wieder beruhigt zu haben, denn sie sah gefasst aus, als sie zur Seite trat, um ihn in die Wohnung zu lassen. Sie standen sich mit etwas Abstand im Flur gegenüber, abwartend. Sie trug einen hellblauen Jogginganzug, hatte die noch feuchten Haare offen, so dass sie ihr auf die Schultern fielen.
»Ich hätte dich nicht rufen sollen.« Sofia sah ihn an, wich aber seinem Blick schnell wieder aus. »Vermutlich ist alles nur Einbildung, mein Hirn, das spinnt ... «
»Darf man fragen, was eigentlich passiert ist?« Mikael sah sie an und lächelte sanft. Sie war so süß in dem Babyblau, vermutlich in diesem Zusammenhang ein völlig unangebrachter Gedanke.
»Ich habe geduscht ... Und dann ... « Sofia drehte sich um und ging die paar Schritte hinüber zur Badezimmertür. »Es ist besser, du schaust selbst nach«, sagte sie. Man konnte sehen, dass sie zweifelte, als sie die Hand auf die Klinke legte. »Ich habe die Tür einfach zugeschlagen«, sagte sie beschämt.
»Willst du, dass ich sie öf ne?« Mikael kam zu ihr.
»Nein, das ist kindisch. Natürlich kann ich die Tür zu meinem eigenen Badezimmer selbst öffnen.« Sie holte tief Luft und drückte die Klinke nach unten. Warme Luft schlug ihnen entgegen, und es brannte noch Licht. Auf dem Boden glänzten ein paar Wasserlachen, ansonsten schien alles normal zu sein. Sofia stand da und linste vorsichtig hinein. Dann machte sie einen Schritt über die Schwelle und sah zum Badezimmerspiegel. »Es ist weg«, sagte sie leise.
»Was denn?« Mikael stellte sich neben sie.
»Was sie geschrieben hat.«
»Wer?«
»Rebecka.«
»Sie hat etwas auf den Spiegel geschrieben?«
Sofia nickte. »Du musst denken, ich habe den Verstand verloren ... «
»Ich glaube nicht, dass du den Verstand verloren hast.«
»Sie hat auf die beschlagene Scheibe geschrieben. Ich habe geduscht, das ganze Bad war voller Wasserdampf, und der Spiegel war beschlagen.« Skeptisch betrachtete sie die glatte Fläche, die nichts anderes preisgab als Mikael und sie. » Es ist nicht mehr da. «
»Die Feuchtigkeit ist ja auch weg.« Mikael ging hinüber zur Badewanne und drehte den Warmwasserhahn auf. Das Wasser lief sprudelnd heraus und spritzte auf den Boden, so dass er sich hinunterbeugte und den Abfluss schloss. Dann machte er die Badezimmertür zu und stellte sich wieder zu Sofia vor den Spiegel. Da standen sie schweigend eine ganze Weile und hörten, wie sich das Geräusch in der Leitung mit der steigenden Temperatur veränderte. Es dauerte nicht lange, da spürten sie die Luftfeuchtigkeit, und Mikael merkte, dass sein Hemd am Rücken von der Nässe zu kleben begann. Noch war auf dem Spiegel nichts zu sehen, aber er bemerkte, unter welcher Anspannung Sofia stand. Er sah sie von der Seite an. Am Abend zuvor hatte er selbst in seiner Wohnung eine Lampe zerschlagen und die Stille angebrüllt. Was bildete er sich ein, überhaupt in Frage zu stellen, was sie beobachtet hatte? Bislang kannte er sie als äußerst bodenständige Person. Ein paarmal hatte er versucht, mit ihr über seine eigenen Erlebnisse zu sprechen, aber - vielleicht war es Einbildung, vielleicht lag es an den eigenen Zweifeln - er hatte das Gefühl, sie habe ihn nicht richtig ernst genommen. Nicht bevor die Sache mit Melvin passierte. Die Situation war jetzt anders, was hier im Badezimmer geschehen - oder nicht geschehen - war, hatte Sofia allein erlebt. Er kam als Zuschauer erst nachträglich hinzu, vielleicht nicht einmal das. Er konnte ihre Nervosität gut verstehen.
Mikael sah auf den Spiegel. Eine dünne Schicht milchfarbener Dampf schlug sich langsam auf der Oberfläche nieder, und er versuchte, ganz genau hinzusehen. Im oberen Bereich der glatten Spiegelfläche zeichnete sich vorsichtig ein Muster ab, und er spürte, wie Sofia neben ihm erstarrte. Instinktiv trat er noch einen Schritt vor und legte den Arm um Sofia. Sie schien davon kaum Notiz zu nehmen. Noch konnte man es nicht genau erkennen, doch es sah aus wie eine Schrift. Sofia schnappte nach Luft, als der Dampf die Konturen der Wörter lesbar machte. Am Ende bestand keinerlei Zweifel mehr daran, was dort geschrieben stand, und von wem die Wörter stammten. Die Handschrift war eindeutig, und Mikael streichelte wie von allein die Schulter, um die er seinen Arm gelegt hatte. Langsam las er die Wörter laut vor.
Verzeiht.
Ihr beiden.
...
© S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main 2012
... weniger
Autoren-Porträt von Kajsa Ingemarsson
Kajsa Ingemarsson war zunächst Übersetzerin und Radiomoderatorin, bevor sie sich dem Schreiben zuwandte. Ihre Bücher erscheinen regelmässig auf den Bestsellerlisten und werden von der Kritik hoch gelobt. Seit Jahren ist sie auch ein gefragter Gast im schwedischen Fernsehen. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in einem Vorort südlich von Stockholm.Im Fischer Taschenbuch Verlag sind lieferbar: >Es ist nie zu spät für allesDas grosse Glück kommt nie allein> (Bd. 18588).Werner, StefanieStefanie Werner studierte Skandinavische Philologie, Völkerkunde und Publizistik in Göttingen und auf Visingsö/Schweden. Seit mehr als 25 Jahren überträgt sie Belletristik aus dem Schwedischen, darunter die Werke von Fredrik Backman, Åsa Hellberg, Kajsa Ingemarsson und Gabriella Ullberg Westin. Zudem ist sie als freie PR-Beraterin und Texterin tätig und lebt voller Freude am Fusse der Schwäbischen Alb.
Bibliographische Angaben
- Autor: Kajsa Ingemarsson
- 2012, 2. Aufl., 448 Seiten, Masse: 13,5 x 21 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung:Werner, Stefanie
- Übersetzer: Stefanie Werner
- Verlag: FISCHER Taschenbuch
- ISBN-10: 3596194407
- ISBN-13: 9783596194407
- Erscheinungsdatum: 25.10.2012
Kommentare zu "Der Himmel so fern"
0 Gebrauchte Artikel zu „Der Himmel so fern“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
4 von 5 Sternen
5 Sterne 12Schreiben Sie einen Kommentar zu "Der Himmel so fern".
Kommentar verfassen