Die Rückkehr des Drachen / Das Rad der Zeit. Das Original Bd.3
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Die Rückkehr des Drachen von Robert Jordan
LESEPROBE
PROLOG
Die Festungdes Lichts
Pedron Nialls Blick schweifte über sein privates Audienzgemach,doch seine alten, dunklen, nachdenklichen Augen nahmen nichts wahr.Zerschlissene Wandbehänge, einst die Banner der Feinde aus seiner Jugendzeit;dunkle Holztäfelung über dicken Steinmauern Selbst hier im Herzen der Festungdes Lichts waren die Mauern dick. Ein einziger Stuhl stand im Gemach, schwer,mit hoher Lehne, beinahe wie ein Thron wirkend, und dazu ein paar über den Raumverteilte Tische - das war bereits die gesamte Einrichtung. Er sah nichtsdavon. Er nahm im Augenblick nicht einmal den in einen weissen Umhang gehülltenMann wahr, der sichtlich angespannt auf dem im Boden eingelassenen Sonnenbannerkniete, obwohl nur wenige sonst diesen Mann zu missachtenwagten.
Man hatte Jaret Byar wenigstens Zeitgelassen, sich zu waschen, bevor man ihn zu Niallbrachte, aber Helm und Brustpanzer waren stumpf und zerbeult von den Reisen unddem vielen Gebrauch. Dunkle, tiefliegende Augenleuchteten mit fieberhafter Intensität aus einem hohlwangigen Gesicht. Er trugkein Schwert - in Nialls Gegenwart war das verboten-, aber er schien voll unterdrückter Leidenschaft, wie ein Jagdhund, der nur daraufwartet, dass man ihn von der Leine lässt.
Dieprasselnden Feuer in den grossen Kaminen an beiden Enden des Raums hielten dieWinterkälte ab. Es war ein einfacher Raum, das Zimmer eines Soldaten, allessolide gefertigt, aber ohne jeden Luxus, bis auf das im Boden eingelasseneSonnenbanner. Die Möbel wählte der kommandierende Lordhauptmann der Kinder desLichts bei seinem Amtsantritt aus, aber diese flammende Sonnenscheibe ausMünzgold war von Generationen von Menschen, die ihre Petitionen einreichten, abgenütztworden, erneuert und wieder abgenützt. Das Gold hätte gereicht, um damit jedesGut in Amadicia zu kaufen - und den dazugehörigenAdelstitel. Zehn Jahre lang war Niall über diesesGold gelaufen, ohne es weiter zu beachten. Es war so selbstverständlich wie diegleiche strahlende Sonnenscheibe auf der Brust seines weissen Gewandes. Pedron Niall interessierte sich nicht sehr für Gold.
Schliesslichging sein Blick zurück zu dem Tisch neben ihm, der mit Landkarten undverstreuten Briefen und Berichten bedeckt war. In dem Durcheinander lagen auchdrei zusammengerollte Zeichnungen. Er nahm eine davon zögernd in die Hand. Esspielte keine Rolle, welche der drei er nahm, denn alle zeigten die gleicheSzene, wenn auch von verschiedener Hand dargestellt.
NiallsHaut war dünn wie Pergament und spannte sich über einen gealterten Körper, dernur noch aus Knochen und Sehnen zu bestehen schien. Trotzdem wirkte er allesandere als gebrechlich. Sein Amt wurde keinem verliehen, dessen Haar nicht weisswar, und der Mann, der es übernahm, musste ebenso hartsein wie die Steine der Kuppel der Wahrheit. Nun aber wurde ihm bewusst, wie mager und sehnig seine Hand aussah, die eineder Zeichnungen hielt, und er war sich darüber klar, dassdie Zeit ablief. Seine Zeit lief langsam ab. Sie musstereichen. Er musste dafür sorgen, dassdie Zeit reichte.
Er zwangsich, eine der Zeichnungen zur Hälfte aufzurollen, so dasser gerade das Gesicht erkennen konnte, das ihn interessierte. Die Kreide warvom Transport in der Satteltasche etwas verwischt, aber das Gesicht war gut zuerkennen. Ein Jüngling mit grauen Augen und rötlichem Haar. Er wirkte hochgewachsen, doch das war nicht deutlich auszumachen. Vonden Augen und Haaren abgesehen, hätte er, ohne weiter aufzufallen, aus jederbeliebigen Stadt stammen können.
»Dieserdieser Junge hat sich zum Wiedergeborenen Drachen erklärt?«knurrte Niall.
Der Drache.Bei dem Namen überkam ihn die Kälte des Winters und des Alters. Der Name, denLews Therin Telamonangenommen hatte, als er jeden Mann, damals und für alle Zukunft, zu Wahnsinnund Tod verdammte, der sich der Einen Macht bedienen konnte. Auch er selbst warunter den Opfern. Es war mehr als dreitausend Jahre her, dassder Stolz der Aes Sedai undder Schattenkrieg das Zeitalter der Legenden beendet hatten. Dreitausend Jahre,doch Prophezeiung und Legende halfen den Menschen dabei, sich daran zuerinnern, oder wenigstens an die wesentlichen Dinge, auch wenn die Einzelheitenvergessen waren. Lews Therin Brudermörder. Der Mann,der die Zerstörung der Welt eingeleitet hatte, als Wahnsinnige mit Hilfe derMacht, die das Universum erhielt, Berge einebneten und uralte Länder im Meerversinken liessen, als das gesamte Antlitz der Erde verändert wurde und alleÜberlebenden wie die Tiere vor dem Buschfeuer flohen. Es war erst vorbeigewesen, als der letzte männliche Aes Sedai gestorben war. Eine verstreute und verängstigtemenschliche Rasse konnte dann beginnen, aus dem Schutt eine neue Welt zu bauen,sofern überhaupt Schutt übriggeblieben war. DieEreignisse brannten sich ins Gedächtnis der Menschen ein, und die Mütterhielten die Erinnerung in ihren Kindern wach. Und die Prophezeiung sagte, dass der Drache wiedergeboren werde.
Niallhatte es nur als rhetorische Frage ausgesprochen, doch Byarnahm sie ernst. »Ja, kommandierender Lordhauptmann, das hat er. Dieser Wahnsinnist schlimmer als der irgendeines falschen Drachen, von dem ich jemals gehörthätte. Tausende haben sich ihm bereits angeschlossen. In Tarabonund Arad Doman herrschtBürgerkrieg, und sie kämpfen dazu auch noch gegeneinander. Überall auf derEbene von Almoth und der Toman-Halbinselwird gekämpft: Taraboner gegen Domaniund die gegen Schattenfreunde, die nach dem Drachen rufen - oder jedenfallswurde gekämpft, bis die Winterkälte einbrach und die Kämpfe erstickte. Ich habenoch nie erlebt, dass sich ein Konflikt so schnellausbreitete, kommandierender Lordhauptmann. Es war, als werfe man einebrennende Fackel in einen Heuschober. Der Schnee hat vielleicht etwas Ruhegebracht, aber im Frühjahr werden die Kämpfe heisser aufflammen als zuvor.«
Niallunterbrach ihn mit erhobenem Zeigefinger. Schon zweimal hatte er ihm seineGeschichte entlockt. Seine Stimme zitterte vor Zorn und Hass.Teile kannte Niall auch aus anderen Quellen, und er wusste in mancher Hinsicht mehr als Byar,aber jedesmal, wenn er es hörte, erzürnte es ihnwieder. »Geofram Bornhaldund tausend der Kinder sind tot. Und das haben Aes Sedai getan. Daran hegt Ihr keinen Zweifel, Kind Byar?«
»Keinen,kommandierender Lordhauptmann! Nach einem Scharmützel auf dem Weg nach Falme beobachtete ich zwei der Hexen aus Tar Valon. Sie haben uns mehr alsfünfzig Leben gekostet, bis wir sie mit Pfeilen gespickt hatten.«
»Seid Ihrsicher - waren es wirklich Aes Sedai?«
»Der Bodenunter unseren Füssen explodierte.« ByarsStimme klang fest und voller Überzeugung. Er hatte allerdings nicht vielPhantasie, dieser Jaret Byar.Der Tod war ein Teil des Soldatenlebens, in welcher Form er auch kommen mochte.»Unsere Reihen wurden von Blitzen aus heiterem Himmel getroffen. Lordhauptmann,wer sonst könnte das getan haben?«
Niallnickte ernst. Es hatte seit der Zerstörung der Welt keine männlichen Aes Sedai mehr gegeben, aber dieFrauen, die diese Bezeichnung für sich in Anspruch nahmen, waren schlimm genug.Sie predigten etwas von ihren drei Eiden: kein unwahres Wort auszusprechen,keine Waffe herzustellen, mit der Menschen einander töten können, und die EineMacht nur dann als Waffe einzusetzen, wenn sie Schattenfreunde oder Wesen desSchattens bekämpften. Doch nun hatten sich diese Eide als Lügen erwiesen. Ihmwar immer schon klar gewesen, dass niemand eine solchgewaltige Macht zu einem anderen Zweck beherrschen konnte, als dem, denSchöpfer damit herauszufordern. Und das bedeutete, dasssie dem Dunklen König dienten.
»Und Ihr wisst nichts über diejenigen, die Falmeeroberten und die Hälfte einer meiner Legionen töteten?«
»LordhauptmannBornhald sagte, sie nannten sich Seanchan,kommandierender Lordhauptmann«, erwiderte Byargleichgültig. »Er meinte, sie seien Schattenfreunde. Und sein Angriff zwang siezum Rückzug, obwohl sie ihn selbst dabei töteten.«Seine Stimme wurde eindringlicher. »Es gab viele Flüchtlinge, die aus der Stadtkamen. Alle, mit denen ich sprechen konnte, waren sich darüber einig, dass die Eindringlinge zurückgewichen und geflohen waren.Das hat Lordhauptmann Bornhald erreicht.«
Niallseufzte leise. Byar hatte die ersten beiden Malebeinahe genau die gleichen Worte benutzt, um von dem Heer zu berichten, dasscheinbar aus dem Nichts erschienen war und Falmeeinnahm. Ein guter Soldat, dachte Niall, das sagteauch Geofram Bornhaldimmer, aber eben kein Mann, der selbständig denken kann.
»Lordhauptmann«,sagte Byar plötzlich, »Lordhauptmann Bornhald befahl mir, mich aus der Schlacht herauszuhalten.Ich sollte beobachten und Euch berichten. Und seinem Sohn, Lord Dain, von seinem Tod künden.«
»Ja, ja«,sagte Niall ungeduldig. Einen Augenblick langbetrachtete er Byars hageres Gesicht, und dann fügteer hinzu: »Niemand bezweifelt Eure Ehrlichkeit und Euren Mut. Das ist genau,was man von Geofram Bornhalderwarten konnte - sich in eine Schlacht zu stürzen, obwohl er fürchtete,zusammen mit all seinen Leuten darin ums Leben zu kommen.«Und keine Sache, die Ihr Euch ausgedacht habt, weil Euch dazu die Phantasiefehlt. Er konnte von dem Mann nichts weiter mehr erfahren. »Ihr habt EureAufgabe gut erfüllt, Kind Byar. Ihr habt meineErlaubnis, nun zu gehen und Geofram Bornhalds Sohn die Nachricht vom Tod seines Vaters zuüberbringen. Dain Bornhaldist bei Eamon Valda. Nachden letzten Berichten befinden sie sich vor Tar Valon. Ihr könnt Euch ihnen anschliessen.«
»Ich dankeEuch, kommandierender Lordhauptmann. Danke.« Byar erhob sich und verbeugte sich tief. Doch beimAufrichten zögerte er plötzlich. »Lordhauptmann, wir wurden tatsächlichverraten.« Hass triefte ausseiner Stimme.
»Von diesemeinen Schattenfreund, von dem Ihr erzähltet, Kind Byar?«Er konnte nicht ganz vermeiden, dass seine Stimmeebenfalls an Schärfe gewann. Die Planung eines ganzen Jahres lag zerstörtzwischen den Leichen von eintausend der Kinder, und dieser Byarwollte nur über einen Mann sprechen. »Dieser junge Schmied, den Ihr nur zweimalgesehen habt, dieser Perrin von den Zwei Flüssen?«
»Ja,Lordhauptmann. Ich weiss nicht, wie, aber ich weiss, dasser schuld ist. Ich weiss es ganz gewiss.«
»Ich werdesehen, was man diesbezüglich machen kann, Kind Byar.« Byar öffnete den Mund erneut,aber Niall hob eine dünne Hand, um ihm zuvorzukommen.»Ihr dürft mich nun verlassen.« Der Mann mit demhageren Gesicht hatte keine andere Wahl, als sich noch einmal zu verbeugen undzu gehen.
Als sichdie Tür hinter ihm schloss, liess sich Niall auf seinem Stuhl nieder und lehnte sich zurück. Washatte Byars Hass auf diesen Perrin verursacht? Es gab viel zu viele Schattenfreunde, umeinen bestimmten davon mit solcher Leidenschaft zu hassen. Zu vieleSchattenfreunde, hochgestellt oder von niederem Rang, die sich hinter wendigenZungen und offenem Lächeln verbargen und dem Dunklen König dienten. Nun ja, einweiterer Name auf der Liste würde nicht schaden.
Er rutschteauf dem harten Stuhl hin und her, um eine bequemere Haltung für seine altenKnochen zu finden. Nicht zum erstenmal kam ihm derGedanke, dass ein Kissen vielleicht doch kein zugrosser Luxus sei. Und nicht zum erstenmal verdrängteer den Gedanken wieder. Die Welt taumelte dem Chaos entgegen, und er hattekeine Zeit, dem Alter Tribut zu zollen.
Er liesssich alle Anzeichen, die auf eine bevorstehende Katastrophe hindeuteten, nocheinmal durch den Kopf gehen. Tarabon und Arad Doman befanden sich imKrieg. Cairhien wurde vom Bürgerkrieg zerrissen.Zwischen Tear und Illian,den alten Feinden, entflammte der Konflikt erneut. Vielleicht hatten dieseKriege an sich nichts zu bedeuten - die Menschen führten immerzu Kriege -, abernormalerweise kamen sie nicht in solcher Häufung vor. Und abgesehen von demfalschen Drachen irgendwo auf der Ebene von Almoth wütete ein weiterer in Saldaea undein dritter in Tear! Drei auf einmal. Das allesmüssen falsche Drachen sein. Es musste so sein!
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Übersetzung:Uwe Luserke
- Autor: Robert Jordan
- 2005, 4. Aufl., 764 Seiten, Masse: 13,4 x 21,6 cm, Gebunden, Deutsch
- Übersetzung: Luserke, Uwe
- Übersetzer: Uwe Luserke
- Verlag: Piper
- ISBN-10: 3492700837
- ISBN-13: 9783492700832
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