Das Janson-Kommando / Paul Janson Bd.2
Roman. Deutsche Erstausgabe
Paul Janson hat den Dienst für die Regierung quittiert. Der Ex-Agent hat sich zusammen mit Scharfschützin Jessica selbstständig gemacht und übernimmt nur noch Missionen, die dem Wohl der Menschheit dienen. Sein Auftrag: Er soll einen von Piraten entführten Mediziner befreien.
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Produktinformationen zu „Das Janson-Kommando / Paul Janson Bd.2 “
Paul Janson hat den Dienst für die Regierung quittiert. Der Ex-Agent hat sich zusammen mit Scharfschützin Jessica selbstständig gemacht und übernimmt nur noch Missionen, die dem Wohl der Menschheit dienen. Sein Auftrag: Er soll einen von Piraten entführten Mediziner befreien.
Klappentext zu „Das Janson-Kommando / Paul Janson Bd.2 “
Er gründete seine eigene Einheit - jetzt kommt ihr härtester EinsatzPaul Janson ist nicht länger für die Regierung als Geheimagent und Attentäter aktiv, sondern hat sich gemeinsam mit der hochbegabten Scharfschützin Jessica Kincaid selbstständig gemacht. Allerdings übernimmt er nur Missionen, von denen er glaubt, dass sie dem Wohl der Menschheit dienen. Sein neuester Auftrag: Er soll einen von afrikanischen Piraten entführten Mediziner befreien. Doch das Unternehmen misslingt und Janson begreift, dass er mitten in den grössten Schwierigkeiten steckt.
Lese-Probe zu „Das Janson-Kommando / Paul Janson Bd.2 “
Das Janson-Kommando von Robert Ludlum & Paul GarrisonProlog
DIE RETTUNG
Vor drei Jahren
41°13' N, 111°57' W
Ogden, Utah
... mehr
»Ogden ist eine tolle Stadt, wenn man Wandern, Mountainbiken und Skifahren mag.« Doug Case umfasste die ramponierten Armlehnen seines Secondhand-Rollstuhls und tat so, als wären es Skistöcke. »Und genau dafür bin ich hergekommen, wenn das deine Frage beantwortet. Wie hast du mich überhaupt gefunden? Ich hab meinen Namen aus dem Veteran-Affairs-System gelöscht.«
»Wenn alles den Bach runtergeht, zieht es einen für gewöhnlich nach Hause zurück«, sagte Paul Janson.
»In den warmen Schoß der Familie? Sicher nicht. Ich brauch niemanden.«
»Das seh ich.«
Cases Zuhause war die Mündung eines verlassenen Eisenbahntunnels, mit Blick auf einen von Abfall übersäten leeren Platz, ein abgebranntes Kentucky-Fried-Chicken-Restaurant und die schneebedeckten Wasatch Mountains. Er saß gebeugt in seinem Rollstuhl, einen zerschlissenen Rucksack auf dem Schoß, die strähnigen Haare schulterlang, Bartstoppeln im Gesicht. Sein stumpfer Blick sprang gelegentlich zu vier muskulösen Jugendlichen hinüber, die sie von ihrem vor dem Restaurant abgestellten Honda aus nicht aus den Augen ließen.
Paul Janson saß auf einem umgedrehten Einkaufswagen. Er trug leichte Einsatzstiefel, Wollhose, Pullover und eine weite schwarze Skijacke.
»Los, erschieß mich, dann haben wir's hinter uns«, sagte Case. »Ich mag keine Spielchen mehr.«
»Ich will dich nicht umbringen.«
»Tu's einfach! Keine Sorge, ich wehre mich nicht.« Er schob den Rucksack auf seinem Schoß zurecht.
»Du glaubst, ich arbeite noch für Consular Operations.«
»Niemand verlässt Cons Ops.«
»Wir haben eine Vereinbarung. Ich hab mich selbstständig gemacht, als Sicherheitsberater für Unternehmen. Cons Ops ruft mich hin und wieder an. Manchmal ruf ich zurück.«
»Du warst noch nie jemand, der einfach abhaut und alles hinter sich lässt.« Case klang skeptisch. »Arbeitest du allein?« »Ich hab jemanden, der mir hilft, wenn ich mal einen Scharfschützen brauche.«
»Gut?«
»Hab noch nie einen besseren gesehen.«
»Woher?« Case war nun doch neugierig, welches Ass Janson angeheuert hatte.
»Aus der hiesigen Talentschmiede«, war alles, was Janson preisgab.
»Warum bist du nicht bei Cons Ops geblieben?«
»Mir ist irgendwann klargeworden, dass ich zu oft aus den falschen Gründen getötet habe.«
Case lachte. »Herrgott, Paul! Das State Department kann's doch den verdeckten Einsatzkräften nicht selbst überlassen, wen sie töten. Wenn du jemanden umbringen musst, um einen Auftrag zu erledigen, dann tust du's. Darum nennt man's ja sanktioniertes Töten.«
»Sanktionierte Serienmorde würde es besser treffen. In meinen schlaflosen Nächten hab ich sie oft gezählt. Die berechtigten Fälle und die nicht berechtigten.«
»Wie viele insgesamt?«
»Sechsundvierzig.«
»Das ist ja ein Ding! Meine Bilanz ist höher.«
»Sechsundvierzig bestätigte Fälle«, versetzte Janson gereizt.
Case lächelte. »Ich seh schon, dein Testosteron hat sein Ablaufdatum noch nicht überschritten.« Er musterte Janson von oben bis unten. Der Hundesohn war kaum gealtert. Man hätte ihn für Mitte dreißig oder Anfang vierzig halten können mit seinem kurz geschnittenen eisengrauen Haar. Dabei wirkte er immer noch genauso unscheinbar wie früher. Nur ein anderer erstklassiger Profi hätte an seinen Schultern und seinen wachsamen Augen erkannt, wen er vor sich hatte, doch dann war es vielleicht schon zu spät.
»Wir kriegen Gesellschaft«, bemerkte Janson.
Die vier jungen Kerle aus dem Honda hatten sich in Bewegung gesetzt und kamen direkt auf sie zu.
»So ahnungslos, die Jungs«, seufzte Case. Er ließ die vier bis auf zehn Meter herankommen, dann sagte er: »Gentlemen, ich geb euch eine Gratislektion in Sachen Überleben: Lasst euch nie auf den falschen Kampf ein. Setzt euch ins Auto und verschwindet. «
Drei der vier bliesen sich mächtig auf. Doch der Anführer, der Kleinste von ihnen, betrachtete Case und Janson mit Respekt in den Augen. »Wir hauen ab.«
»Der Typ sitzt in einem verdammten Rollstuhl!«
Der Anführer schlug dem Aufmüpfigen hart aufs Ohr und scheuchte seine Kumpel zurück.
»Hey, Junge!«, rief ihm Case nach. »Du hättest das Zeug für die Army. Dort lernst du, was draus zu machen.« Er sah Janson lächelnd an. »Du hast doch was übrig für junge Talente, oder?«
»Stimmt.« Janson erhob seine befehlsgewohnte Stimme: »Komm her!« Der Junge machte kehrt und näherte sich leichtfüßig, aber argwöhnisch. Janson gab ihm eine Businesskarte. »Geh zur Army. Ruf mich an, wenn du Buck Sergeant bist.«
»Was ist das?«
»Ein großer Schritt auf dem Weg nach oben.«
Janson wartete, bis der Honda mit quietschenden Reifen davonbrauste. »Das erinnert mich an etwas. Die Ideale, an die ich mal geglaubt habe und mit denen ich heute nichts mehr anfangen kann.«
»Dir täte es wahrscheinlich gut, wenn dein Gedächtnis ein bisschen nachlassen würde.«
»Das kann man sich leider nicht aussuchen.«
Case lachte. »Erinnerst du dich an den Typ, der wirklich 'nen totalen Gedächtnisverlust hatte? In seinem Frust hat er Leute verprügelt, dabei wusste er nicht mal mehr, wo er zu kämpfen gelernt hatte. Wie hieß er doch gleich? ... Hab seinen Namen vergessen. Er übrigens auch. Bei dir ist es das genaue Gegenteil: Du erinnerst dich an jede Kleinigkeit. Okay, Paul, wenn du nicht hier bist, um mich umzulegen, was suchst du dann in diesem verdammten Kaff?«
»Es hat wenig Sinn, sich einzugestehen, was man getan hat, wenn man nicht versucht, es irgendwie besser zu machen.«
»Was meinst du damit? So was wie ein anonymer Alkoholiker, der sich bei allen entschuldigt, zu denen er fies war?«
»Ich kann nicht ungeschehen machen, was ich getan hab, aber ich kann's beim nächsten Mal anders machen.«
»Warum holst du dir nicht eine Absolution vom Papst?«
Der Sarkasmus prallte an Janson ab. »Wenn du dein scharfes Auge für die Umgebung, das wir trainiert haben, nach innen richtest, ist das kein erfreulicher Anblick.«
»Saulus wird auf dem Weg nach Damaskus bekehrt und wird zu Paulus. Aber du heißt ja schon Paul. Deinen Namen brauchst du nicht mehr zu ändern, also was dann? Die Welt?«
»Ich möchte jedem Agenten helfen, der sich mit seinen verdeckten Einsätzen das Leben ruiniert hat. Leuten wie dir und mir.«
»Lass mich aus dem Spiel.«
»Kann ich nicht.«
»Was soll das heißen?«
»Du bist mein erstes Projekt.«
»Eine Million Amerikaner haben Zugang zu streng geheimen Informationen. Wenn einer von hundert undercover arbeitet, dann ergibt das zehntausend Geheimagenten, die du retten kannst. Warum gerade mich?«
»Manche sagen, du warst der Schlimmste.«
»Früher haben sie gesagt, ich bin der Beste«, erwiderte Case mit einem bitteren Lächeln.
»Tatsache ist, wir waren die Schlimmsten.«
»Mich braucht keiner zu retten.«
»Du hast kein Dach überm Kopf. Der Winter kommt. Du bist abhängig von Percocet, doch die Ärzte geben dir nichts mehr. Du kriegst es noch diesen Monat, danach musst du's dir anderweitig beschaffen.«
»Auf Paul Jansons Nachforschungen ist wie immer Verlass.«
»Spätestens am Valentinstag bist du tot.«
»Deine analytischen Fähigkeiten sind genauso unbestritten.«
»Du brauchst Hilfe.«
»Ich will aber keine. Hau ab. Lass mich in Ruhe.«
»An meinem Van ist 'ne Rampe.«
Doug Cases blasse Wangen mit den grauen Bartstoppeln färbten sich rot vor Zorn. »An deinem Van ist 'ne Rampe? Hast du vielleicht auch ein paar Bewaffnete, die dir helfen, mich über deine verdammte Rampe in den Wagen zu bekommen?«
Ein unsicheres Lächeln trat auf Jansons Lippen. Zum ersten Mal, seit er Doug Case in der Mündung des Eisenbahntunnels aufgesucht hatte, wusste er nicht recht, was er sagen oder tun sollte. Der Mann, den sie »die Maschine« genannt hatten, wirkte plötzlich verwundbar, und Doug Case ließ nicht locker.
»Du hast deinen Coup wohl nicht gut genug vorbereitet, Kumpel. Keine Einsatztruppe im Van. Kein Notfallplan. Das sieht mir ziemlich notdürftig und spontan aus. Du hättest es so sorgfältig planen sollen wie deine Jobs für Cons Ops. Du hast doch selbst genug zu tun mit deinem Weg der Besserung. Warum willst du mich da auch noch geradebiegen?«
»Mehr als das. Wir sorgen dafür, dass du ganz von vorn anfängst. Ein neues Leben.«
»Ein neues Leben? Willst du mich zuerst vom Perc runterbringen, damit die Seelenklempner anschließend meinen Kopf reparieren können? Und wenn die Ärzte fertig sind, verschaffst du mir eine Karriere, in der meine tollen Talente zur Geltung kommen? Geh zum Teufel!«
»Du sollst einfach wieder du selbst sein.«
»Vielleicht findest du auch noch ein Mädchen für mich?«
»Wenn du's willst, wirst du selbst eins finden.«
»Herrgott, Paul, du bist genauso kaputt wie ich. Was stellst du dir denn vor, wer deine ganzen Fantasien bezahlen soll?«
»Bei meinem letzten Job hat jemand einen Haufen Geld auf eins meiner Auslandskonten überwiesen, damit es so aussieht, als wär ich zum Verräter geworden. Dieser Jemand lebt nicht mehr. Das Geld ist also kein Problem.«
»Falls du's jemals schaffst, irgendeinen armen Narren für deine Hirngespinste zu gewinnen, brauchst du mehr als nur Geld. Du bräuchtest Hilfe. Ein ganzes Team. Verdammt, eine ganze Firma, die sich um alles kümmert.«
Erneut wirkte Janson unsicher. »Ich weiß nicht recht. Von Firmen hab ich irgendwie genug. Von Institutionen überhaupt. Ich werd misstrauisch, sobald mehr als zwei Leute zusammenkommen. «
»Armer Paul. Willst die Welt verbessern, indem du den schlimmsten Kerl rettest, den du kennst, und das ganz allein. Wie nennst du dein Projekt? Das ›Paul Janson Institut zum Aus-der-Scheiße-Ziehen ehemaliger Feldagenten‹? Oder besser: die ›Phönix-Stiftung‹? «
Janson stand auf. »Gehen wir, mein Freund.«
»Ich geh nirgendwohin. Und dein Freund bin ich auch nicht.«
»Mag sein. Aber wir haben immerhin zusammengearbeitet, und ich könnte heute genauso hier sitzen, also sind wir Brüder.«
»Brüder? Sag mal, kneift dein Heiligenschein eigentlich sehr?« Doug Case schüttelte den Kopf, kratzte sich unter der Achsel und schlug seine schmutzigen Hände vors Gesicht. Nach einer Weile ließ er die linke Hand sinken und sprach durch die Finger der rechten. »Sie haben dich ›die Maschine‹ genannt. Weißt du noch? Manche von uns haben sie ›Tier‹ genannt, manche ›Maschine‹. Die Maschine ist normalerweise dem Tier überlegen. Aber nicht immer.«
In einer einzigen fießenden Bewegung - zehntausendmal trainiert - schnellte Cases linke Hand aus dem Rucksack hoch, den Lauf einer 9mmGlock zwischen Daumen und Zeigefinger haltend. Seine rechte Hand schloss sich um den Pistolengriff, der Zeigefinger legte sich um den Abzug, und die linke Hand zog blitzschnell den Schlitten zurück, um eine Kugel in die Kammer zu laden.
Janson kickte ihm die Pistole aus der Hand.
»Scheiße!«
Doug Case rieb sich das Handgelenk. Jansons Stiefel hatte ihn hart getroffen. Er hätte sich an den alten Spruch erinnern sollen, der innerhalb von Cons Ops kursierte: schnell, schneller, Janson.
Janson hob die Waffe auf. Er grinste von einem Ohr zum anderen, nunmehr überzeugt, dass der Mann kein hoffnungsloser Fall war. »Ich sehe, du bist noch nicht total im Arsch.«
»Wie kommst du darauf?«
Janson tippte auf die Glock. »Du hast auf dem Ding ein Ringvisier montiert.«
Er zog das Magazin heraus und steckte es ein, nahm die Patrone aus der Kammer, schnappte sich den Rucksack von Cases Schoß, zog zwei Ersatzmagazine aus einer Seitentasche und ein drittes aus Cases Hosenbund, ehe er ihm die leere Pistole zurückgab.
»Wann krieg ich den Rest?«
»Wenn du den Weg zurück geschafft hast.«
Übersetzung: Norbert Jakober
Copyright © 2013 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
»Ogden ist eine tolle Stadt, wenn man Wandern, Mountainbiken und Skifahren mag.« Doug Case umfasste die ramponierten Armlehnen seines Secondhand-Rollstuhls und tat so, als wären es Skistöcke. »Und genau dafür bin ich hergekommen, wenn das deine Frage beantwortet. Wie hast du mich überhaupt gefunden? Ich hab meinen Namen aus dem Veteran-Affairs-System gelöscht.«
»Wenn alles den Bach runtergeht, zieht es einen für gewöhnlich nach Hause zurück«, sagte Paul Janson.
»In den warmen Schoß der Familie? Sicher nicht. Ich brauch niemanden.«
»Das seh ich.«
Cases Zuhause war die Mündung eines verlassenen Eisenbahntunnels, mit Blick auf einen von Abfall übersäten leeren Platz, ein abgebranntes Kentucky-Fried-Chicken-Restaurant und die schneebedeckten Wasatch Mountains. Er saß gebeugt in seinem Rollstuhl, einen zerschlissenen Rucksack auf dem Schoß, die strähnigen Haare schulterlang, Bartstoppeln im Gesicht. Sein stumpfer Blick sprang gelegentlich zu vier muskulösen Jugendlichen hinüber, die sie von ihrem vor dem Restaurant abgestellten Honda aus nicht aus den Augen ließen.
Paul Janson saß auf einem umgedrehten Einkaufswagen. Er trug leichte Einsatzstiefel, Wollhose, Pullover und eine weite schwarze Skijacke.
»Los, erschieß mich, dann haben wir's hinter uns«, sagte Case. »Ich mag keine Spielchen mehr.«
»Ich will dich nicht umbringen.«
»Tu's einfach! Keine Sorge, ich wehre mich nicht.« Er schob den Rucksack auf seinem Schoß zurecht.
»Du glaubst, ich arbeite noch für Consular Operations.«
»Niemand verlässt Cons Ops.«
»Wir haben eine Vereinbarung. Ich hab mich selbstständig gemacht, als Sicherheitsberater für Unternehmen. Cons Ops ruft mich hin und wieder an. Manchmal ruf ich zurück.«
»Du warst noch nie jemand, der einfach abhaut und alles hinter sich lässt.« Case klang skeptisch. »Arbeitest du allein?« »Ich hab jemanden, der mir hilft, wenn ich mal einen Scharfschützen brauche.«
»Gut?«
»Hab noch nie einen besseren gesehen.«
»Woher?« Case war nun doch neugierig, welches Ass Janson angeheuert hatte.
»Aus der hiesigen Talentschmiede«, war alles, was Janson preisgab.
»Warum bist du nicht bei Cons Ops geblieben?«
»Mir ist irgendwann klargeworden, dass ich zu oft aus den falschen Gründen getötet habe.«
Case lachte. »Herrgott, Paul! Das State Department kann's doch den verdeckten Einsatzkräften nicht selbst überlassen, wen sie töten. Wenn du jemanden umbringen musst, um einen Auftrag zu erledigen, dann tust du's. Darum nennt man's ja sanktioniertes Töten.«
»Sanktionierte Serienmorde würde es besser treffen. In meinen schlaflosen Nächten hab ich sie oft gezählt. Die berechtigten Fälle und die nicht berechtigten.«
»Wie viele insgesamt?«
»Sechsundvierzig.«
»Das ist ja ein Ding! Meine Bilanz ist höher.«
»Sechsundvierzig bestätigte Fälle«, versetzte Janson gereizt.
Case lächelte. »Ich seh schon, dein Testosteron hat sein Ablaufdatum noch nicht überschritten.« Er musterte Janson von oben bis unten. Der Hundesohn war kaum gealtert. Man hätte ihn für Mitte dreißig oder Anfang vierzig halten können mit seinem kurz geschnittenen eisengrauen Haar. Dabei wirkte er immer noch genauso unscheinbar wie früher. Nur ein anderer erstklassiger Profi hätte an seinen Schultern und seinen wachsamen Augen erkannt, wen er vor sich hatte, doch dann war es vielleicht schon zu spät.
»Wir kriegen Gesellschaft«, bemerkte Janson.
Die vier jungen Kerle aus dem Honda hatten sich in Bewegung gesetzt und kamen direkt auf sie zu.
»So ahnungslos, die Jungs«, seufzte Case. Er ließ die vier bis auf zehn Meter herankommen, dann sagte er: »Gentlemen, ich geb euch eine Gratislektion in Sachen Überleben: Lasst euch nie auf den falschen Kampf ein. Setzt euch ins Auto und verschwindet. «
Drei der vier bliesen sich mächtig auf. Doch der Anführer, der Kleinste von ihnen, betrachtete Case und Janson mit Respekt in den Augen. »Wir hauen ab.«
»Der Typ sitzt in einem verdammten Rollstuhl!«
Der Anführer schlug dem Aufmüpfigen hart aufs Ohr und scheuchte seine Kumpel zurück.
»Hey, Junge!«, rief ihm Case nach. »Du hättest das Zeug für die Army. Dort lernst du, was draus zu machen.« Er sah Janson lächelnd an. »Du hast doch was übrig für junge Talente, oder?«
»Stimmt.« Janson erhob seine befehlsgewohnte Stimme: »Komm her!« Der Junge machte kehrt und näherte sich leichtfüßig, aber argwöhnisch. Janson gab ihm eine Businesskarte. »Geh zur Army. Ruf mich an, wenn du Buck Sergeant bist.«
»Was ist das?«
»Ein großer Schritt auf dem Weg nach oben.«
Janson wartete, bis der Honda mit quietschenden Reifen davonbrauste. »Das erinnert mich an etwas. Die Ideale, an die ich mal geglaubt habe und mit denen ich heute nichts mehr anfangen kann.«
»Dir täte es wahrscheinlich gut, wenn dein Gedächtnis ein bisschen nachlassen würde.«
»Das kann man sich leider nicht aussuchen.«
Case lachte. »Erinnerst du dich an den Typ, der wirklich 'nen totalen Gedächtnisverlust hatte? In seinem Frust hat er Leute verprügelt, dabei wusste er nicht mal mehr, wo er zu kämpfen gelernt hatte. Wie hieß er doch gleich? ... Hab seinen Namen vergessen. Er übrigens auch. Bei dir ist es das genaue Gegenteil: Du erinnerst dich an jede Kleinigkeit. Okay, Paul, wenn du nicht hier bist, um mich umzulegen, was suchst du dann in diesem verdammten Kaff?«
»Es hat wenig Sinn, sich einzugestehen, was man getan hat, wenn man nicht versucht, es irgendwie besser zu machen.«
»Was meinst du damit? So was wie ein anonymer Alkoholiker, der sich bei allen entschuldigt, zu denen er fies war?«
»Ich kann nicht ungeschehen machen, was ich getan hab, aber ich kann's beim nächsten Mal anders machen.«
»Warum holst du dir nicht eine Absolution vom Papst?«
Der Sarkasmus prallte an Janson ab. »Wenn du dein scharfes Auge für die Umgebung, das wir trainiert haben, nach innen richtest, ist das kein erfreulicher Anblick.«
»Saulus wird auf dem Weg nach Damaskus bekehrt und wird zu Paulus. Aber du heißt ja schon Paul. Deinen Namen brauchst du nicht mehr zu ändern, also was dann? Die Welt?«
»Ich möchte jedem Agenten helfen, der sich mit seinen verdeckten Einsätzen das Leben ruiniert hat. Leuten wie dir und mir.«
»Lass mich aus dem Spiel.«
»Kann ich nicht.«
»Was soll das heißen?«
»Du bist mein erstes Projekt.«
»Eine Million Amerikaner haben Zugang zu streng geheimen Informationen. Wenn einer von hundert undercover arbeitet, dann ergibt das zehntausend Geheimagenten, die du retten kannst. Warum gerade mich?«
»Manche sagen, du warst der Schlimmste.«
»Früher haben sie gesagt, ich bin der Beste«, erwiderte Case mit einem bitteren Lächeln.
»Tatsache ist, wir waren die Schlimmsten.«
»Mich braucht keiner zu retten.«
»Du hast kein Dach überm Kopf. Der Winter kommt. Du bist abhängig von Percocet, doch die Ärzte geben dir nichts mehr. Du kriegst es noch diesen Monat, danach musst du's dir anderweitig beschaffen.«
»Auf Paul Jansons Nachforschungen ist wie immer Verlass.«
»Spätestens am Valentinstag bist du tot.«
»Deine analytischen Fähigkeiten sind genauso unbestritten.«
»Du brauchst Hilfe.«
»Ich will aber keine. Hau ab. Lass mich in Ruhe.«
»An meinem Van ist 'ne Rampe.«
Doug Cases blasse Wangen mit den grauen Bartstoppeln färbten sich rot vor Zorn. »An deinem Van ist 'ne Rampe? Hast du vielleicht auch ein paar Bewaffnete, die dir helfen, mich über deine verdammte Rampe in den Wagen zu bekommen?«
Ein unsicheres Lächeln trat auf Jansons Lippen. Zum ersten Mal, seit er Doug Case in der Mündung des Eisenbahntunnels aufgesucht hatte, wusste er nicht recht, was er sagen oder tun sollte. Der Mann, den sie »die Maschine« genannt hatten, wirkte plötzlich verwundbar, und Doug Case ließ nicht locker.
»Du hast deinen Coup wohl nicht gut genug vorbereitet, Kumpel. Keine Einsatztruppe im Van. Kein Notfallplan. Das sieht mir ziemlich notdürftig und spontan aus. Du hättest es so sorgfältig planen sollen wie deine Jobs für Cons Ops. Du hast doch selbst genug zu tun mit deinem Weg der Besserung. Warum willst du mich da auch noch geradebiegen?«
»Mehr als das. Wir sorgen dafür, dass du ganz von vorn anfängst. Ein neues Leben.«
»Ein neues Leben? Willst du mich zuerst vom Perc runterbringen, damit die Seelenklempner anschließend meinen Kopf reparieren können? Und wenn die Ärzte fertig sind, verschaffst du mir eine Karriere, in der meine tollen Talente zur Geltung kommen? Geh zum Teufel!«
»Du sollst einfach wieder du selbst sein.«
»Vielleicht findest du auch noch ein Mädchen für mich?«
»Wenn du's willst, wirst du selbst eins finden.«
»Herrgott, Paul, du bist genauso kaputt wie ich. Was stellst du dir denn vor, wer deine ganzen Fantasien bezahlen soll?«
»Bei meinem letzten Job hat jemand einen Haufen Geld auf eins meiner Auslandskonten überwiesen, damit es so aussieht, als wär ich zum Verräter geworden. Dieser Jemand lebt nicht mehr. Das Geld ist also kein Problem.«
»Falls du's jemals schaffst, irgendeinen armen Narren für deine Hirngespinste zu gewinnen, brauchst du mehr als nur Geld. Du bräuchtest Hilfe. Ein ganzes Team. Verdammt, eine ganze Firma, die sich um alles kümmert.«
Erneut wirkte Janson unsicher. »Ich weiß nicht recht. Von Firmen hab ich irgendwie genug. Von Institutionen überhaupt. Ich werd misstrauisch, sobald mehr als zwei Leute zusammenkommen. «
»Armer Paul. Willst die Welt verbessern, indem du den schlimmsten Kerl rettest, den du kennst, und das ganz allein. Wie nennst du dein Projekt? Das ›Paul Janson Institut zum Aus-der-Scheiße-Ziehen ehemaliger Feldagenten‹? Oder besser: die ›Phönix-Stiftung‹? «
Janson stand auf. »Gehen wir, mein Freund.«
»Ich geh nirgendwohin. Und dein Freund bin ich auch nicht.«
»Mag sein. Aber wir haben immerhin zusammengearbeitet, und ich könnte heute genauso hier sitzen, also sind wir Brüder.«
»Brüder? Sag mal, kneift dein Heiligenschein eigentlich sehr?« Doug Case schüttelte den Kopf, kratzte sich unter der Achsel und schlug seine schmutzigen Hände vors Gesicht. Nach einer Weile ließ er die linke Hand sinken und sprach durch die Finger der rechten. »Sie haben dich ›die Maschine‹ genannt. Weißt du noch? Manche von uns haben sie ›Tier‹ genannt, manche ›Maschine‹. Die Maschine ist normalerweise dem Tier überlegen. Aber nicht immer.«
In einer einzigen fießenden Bewegung - zehntausendmal trainiert - schnellte Cases linke Hand aus dem Rucksack hoch, den Lauf einer 9mmGlock zwischen Daumen und Zeigefinger haltend. Seine rechte Hand schloss sich um den Pistolengriff, der Zeigefinger legte sich um den Abzug, und die linke Hand zog blitzschnell den Schlitten zurück, um eine Kugel in die Kammer zu laden.
Janson kickte ihm die Pistole aus der Hand.
»Scheiße!«
Doug Case rieb sich das Handgelenk. Jansons Stiefel hatte ihn hart getroffen. Er hätte sich an den alten Spruch erinnern sollen, der innerhalb von Cons Ops kursierte: schnell, schneller, Janson.
Janson hob die Waffe auf. Er grinste von einem Ohr zum anderen, nunmehr überzeugt, dass der Mann kein hoffnungsloser Fall war. »Ich sehe, du bist noch nicht total im Arsch.«
»Wie kommst du darauf?«
Janson tippte auf die Glock. »Du hast auf dem Ding ein Ringvisier montiert.«
Er zog das Magazin heraus und steckte es ein, nahm die Patrone aus der Kammer, schnappte sich den Rucksack von Cases Schoß, zog zwei Ersatzmagazine aus einer Seitentasche und ein drittes aus Cases Hosenbund, ehe er ihm die leere Pistole zurückgab.
»Wann krieg ich den Rest?«
»Wenn du den Weg zurück geschafft hast.«
Übersetzung: Norbert Jakober
Copyright © 2013 der deutschsprachigen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
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Autoren-Porträt von Robert Ludlum, Paul Garrison
Robert Ludlum erreichte mit seinen Romanen, die in mehr als dreissig Sprachen übersetzt wurden, weltweit eine Auflage von über 280 Millionen Exemplaren. Robert Ludlum verstarb im März 2001. Die Romane aus seinem Nachlass erscheinen bei Heyne.Paul Garrison wurde in New York geboren und lebt in Connecticut. Zum Schreiben inspirierten ihn die Seefahrergeschichten seines Grossvaters. Er ist der Autor zahlreicher erfolgreicher Thriller. Paul Garrison wurde in New York geboren und lebt in Connecticut. Zum Schreiben inspirierten ihn die Seefahrergeschichten seines Grossvaters. Er ist der Autor zahlreicher erfolgreicher Thriller.
Bibliographische Angaben
- Autoren: Robert Ludlum , Paul Garrison
- 2013, Deutsche Erstausgabe, 432 Seiten, Masse: 11,8 x 18,7 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Norbert Jakober
- Verlag: Heyne
- ISBN-10: 3453436296
- ISBN-13: 9783453436299
- Erscheinungsdatum: 06.03.2013
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