Das Herz des Mörders / Eve Dallas Bd.17
Roman
Ein neuer, nervenaufreibender Thriller der Bestsellerautorin J.D. Robb alias Nora Roberts!
Lieutenant Eve Dallas hat es mit einem Serienmörder der heftigsten Art zu tun. Der Killer kopiert die blutigsten und brutalsten...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Das Herz des Mörders / Eve Dallas Bd.17 “
Ein neuer, nervenaufreibender Thriller der Bestsellerautorin J.D. Robb alias Nora Roberts!
Lieutenant Eve Dallas hat es mit einem Serienmörder der heftigsten Art zu tun. Der Killer kopiert die blutigsten und brutalsten Serienmörder der Geschichte. Und Eve weiß schnell, dass es der Killer auch auf sie abgesehen hat. Damit beginnt für Eve eine gnadenlose Hetzjagd durch New York, die über Leben und Tod entscheiden wird.
Klappentext zu „Das Herz des Mörders / Eve Dallas Bd.17 “
Nichts ist so schwarz wie das Herz eines Mörders ...Eine persönliche Nachricht, eine tote Prostituierte und ein Tatort, der kaum blutiger sein könnte: Lieutenant Eve Dallas verfolgt einen Killer durch die Strassen von New York, der die Handschrift der brutalsten Serienmörder der Geschichte kopiert. Schnell wird klar, dass die Polizistin diesmal direkt im Fadenkreuz des Täters steht. Eine atemlose Hetzjagd beginnt, die Eve bis in die höchsten Kreise der Reichen und Mächtigen führt. Eve und der Mörder sind beide Jäger und Gejagte zugleich. Und Eve weiss, nur wer schneller zuschlägt, wird überleben ...
Lese-Probe zu „Das Herz des Mörders / Eve Dallas Bd.17 “
Das Herz des Mörders von J.D. RobbProlog
Der Sommer des Jahres 2059 war wie eine bösartige, mörderische Bestie, die New York auch weiter gnadenlos in ihren Krallen hielt, nachdem der schweißtreibende August endlich vergangen war. Jetzt hüllte ein heißer, schwüler, stinkender September New York wie in eine nasse Decke in sich ein. Der Sommer, dachte Jacie Wooton, war tödlich fürs Geschäft.
Es war kurz nach zwei, also eigentlich die beste Zeit. Die Bars spuckten die Gäste aus, und diese Gäste waren für gewöhnlich auf der Suche nach noch ein bisschen mehr Spaß. Im Herzen der Nacht, wie sie es gerne nannte, kamen diejenigen, die noch et was Gesellschaft wollten und dafür bezahlen konnten, am häufigsten zu jemandem wie ihr. Seit sie ein paar Mal wegen irgendwelcher Drogen hochgenommen worden war, war sie nur noch für die Arbeit auf der Straße lizenziert.
Aber inzwischen war sie sauber, und sie hatte die Absicht, die Leiter der Prostitution wieder so weit zu erklimmen, dass sie sich eine schicke Wohnung leisten konnte, in der sie einsame, reiche Gönner empfing. Erst einmal musste sie sich aber ihren gott verdammten Lebensunterhalt hier auf dem Straßenstrich verdienen, doch bei der Affenhitze hatte kaum jemand Interesse daran, für et was zu bezahlen, bei dem er noch mehr in Schweiß geriet. Dass sie in den letzten beiden Stunden kaum Kolleginnen getroffen hatte, sagte ihr, dass in dem momentanen Klima auch kaum jemand bereit war, Sex zu haben, wenn er Geld dafür bekam. Aber Jacie war ein Profi, und zwar schon seit der Nacht vor über zwanzig Jahren, in der sie in das Geschäft mit der bezahlten Liebe eingestiegen war.
Auch wenn sie in der Hitze vielleicht schwitzte, welkte sie doch nicht. Ebenso, wie sie unter der Straßenlizenz auf Bewährung vielleicht hin und wieder leise
... mehr
stöhnte, daran aber nicht zerbrach. Sie würde auf den Füßen bleiben oder, je nach Wunsch des Kunden, auf den Knien, auf dem Rücken oder auf dem Bauch und ihre Arbeit tun. Sie würde ihre Arbeit tun, die Kohle auf die Seite legen und in ein paar Monaten wieder in ein Penthouse in der Park Avenue umziehen, denn dort gehörte sie hin. Sie verdrängte den Gedanken, dass sie vielleicht etwas zu alt und weich für die Arbeit auf der Straße war, und konzentrierte sich ausschließlich darauf, noch einen Kunden aufzureißen. Einen letzten Kunden vor Ende dieser Schicht. Ohne einen letzten Kunden bliebe ihr nach Zahlung ihrer Miete nicht genügend Geld für den Schönheitssalon. Und sie brauchte dringend eine Überholung.
Nicht, dass sie nicht noch immer gut aussehen würde, sagte sie sich, während sie an einer Straßenlaterne in dem drei Blocks umfassenden Gebiet, das sie in dieser düsteren Gegend der City für sich beansprucht hatte, vorüberschlenderte. Sie achtete auf sich. Vielleicht hatte sie die Drogen gegen eine tägliche Flasche Wodka eingetauscht und, verdammt, sie könnte augenblicklich einen Schluck vertragen , aber sie sah immer noch fantastisch aus. Sie stellte das, was sie zu bieten hatte, in einem leuchtend roten, knappen Büstenhalter und einem kaum über die Pobacken reichenden Minirock in derselben Farbe vorteilhaft zur Schau. Bis sie in den Schönheitssalon käme, hielte der BH ihren Busen ersatzweise in Form. Das Beste an ihr waren aber immer noch die Beine.
Sie waren lang und wohlgeformt und wirkten in den silbernen High Heels, deren kreuzweise gebundene Riemchen bis zu den Knien reichten, erotischer denn je. Nur brachten sie sie beinahe um, als sie auf der Suche nach einem letzten Freier durch die Straßen streifte. Um ihren Füßen eine kurze Pause zu verschaffen, lehnte sie sich an den nächsten Laternenpfosten, streckte ihre Hüfte vor und sah sich aus müden braunen Augen suchend in der beinahe menschenleeren Straße um. Sie hätte die lange Silberperücke aufsetzen sollen, überlegte sie. Auf lange Haare fuhren beinahe alle Kerle ab. Aber den Gedanken an das Gewicht einer Perücke hatte sie heute Abend nicht ertragen und sich deshalb einfach ihre eigenen rabenschwarzen Haare hochgesteckt und mit et was silbernem Glitzerspray besprüht. Ein paar Autos fuhren an ihr vorbei, doch obwohl sie sich nach vorne beugte und einladend mit den Hüf ten wackelte, hielt einfach niemand an. Noch zehn Minuten, dann gäbe sie auf. Sie würde dem Vermieter einfach gratis einen blasen, wenn er wegen der Miete kam.
Sie stieß sich von dem Laternenpfosten ab und lief langsam mit schmerzenden Füßen in Richtung des winzig kleinen Zimmers, mit dem sie sich begnügen musste, seit sie aus der exklusiven Wohnung in der Upper West Side mit dem prall mit unzähligen wunderschönen Kleidern gefüllten Schrank, die sie sich dank ihres vollen Terminkalenders früher hatte leisten können, rausgeflogen war. Drogen, hatte die Bewährungshelferin erklärt, schickten einen in eine abwärts verlaufende Spirale, und häufig endete diese Spirale mit einem elendigen Tod. Sie hatte die Spirale überlebt, ging es Jacie durch den Kopf, nur dass eben jetzt ihr Leben elend war. Noch ein halbes Jahr, versprach sie sich.
Dann wäre sie wieder ganz oben. Dann entdeckte sie den Typen, der ihr entgegenkam. Reich, exzentrisch und eindeutig am falschen Ort in dieser Gegend lief kaum je ein Mann in einem teuren Smoking oder gar in einem eleganten, schwarzen Umhang, mit einem Zylinder auf dem Kopf und einer schwarzen Ledermappe in der Hand herum. Jacie setzte ihr Arbeitsgesicht auf und strich mit einer Hand über ihren knappen Rock.
»He, Baby. Du siehst so schick aus, warum feierst du nicht et was mit mir?« Als er sie mit einem schnellen, beifälligen Lächeln ansah, blitzten in seinem Mund zwei Reihen kerzengerader, strahlend weißer Zähne auf. »Was hast du dir denn vorgestellt?« Seine Sprechweise passte zu seinem Aufzug. Er gehörte eindeutig zur Oberschicht, dachte sie halb wehmütig und halb erfreut. Stilvoll, kultiviert. »Was du willst. Du bist der Boss.«
»Dann vielleicht eine kleine Privatparty, irgendwo hier ... in der Nähe.«
Er sah sich suchend um und winkte dann in Richtung einer schmalen Gasse.
»Ich habe leider nicht viel Zeit.« Die Gasse verhieß einen Quickie, und der kam ihr gerade recht. Sie brächten die Sache innerhalb von wenigen Minuten hinter sich, und wenn sie geschickt vorging, strich sie neben der Gebühr vielleicht noch ein ordentliches Trinkgeld ein. Dann reichte ihre Kohle für die Miete und die Busenstraffung, dachte sie vergnügt.
»Du bist nicht hier aus der Gegend, oder?«
»Weshalb fragst du das?«
»Du klingst nicht so und siehst auch nicht so aus.« Sie zuckte mit den Schultern. Im Grunde ging es sie nicht das Geringste an. »Sag mir, was du möchtest, Baby, dann bringen wir den finanziellen Teil dieses Geschäfts sofort hinter uns.«
»Oh, ich will alles.« Lachend legte sie die Hand in seinen Schritt. »Mmm. Das spüre ich. Dann sollst du auch alles kriegen.« Dann kann ich endlich diese Schuhe ausziehen und etwas trinken. Sie nannte einen hohen Preis, und als er einfach nickte, verfluchte sie sich stumm, weil sie nicht noch höher gegangen war.
»Ich will den Zaster vorher«, erklärte sie entschieden. »Erst das Geld, dann das Vergnügen.«
»Sicher. Als Erstes wird bezahlt.« Immer noch lächelnd drückte er sie plötzlich mit dem Gesicht gegen die Wand, riss ihren Kopf an den Haaren nach hinten, zückte gleichzeitig ein Messer und schlitzte ihr, bevor sie auch nur schreien konnte, mit einem schnellen Schnitt die Kehle auf. Sie starrte ihn aus großen Augen an, öffnete den Mund, machte ein gurgelndes Geräusch und glitt dann an der Mauer in den Dreck hinunter.
»Und jetzt kommt das Vergnügen«, stellte er zufrieden fest und machte sich ans Werk.
1
Es gab einfach immer wieder Neues zu sehen. Egal, wie oft man schon durch das Blut und durch die Eingeweide Toter gestapft war, egal, wie häufig man das grausige Szenarium gewaltsamer Tötungen schon erlebt hatte, es gab doch immer wieder Neues. Immer gab es et was, das noch schlimmer, noch gemeiner, noch verrückter, noch bösartiger, noch grausamer war.
Als Lieutenant Eve Dallas über der Gestalt stand, die einmal eine Frau gewesen war, fragte sie sich, ob dies nicht vielleicht doch der Gipfel allen Grauens war. Zwei der uniformierten Beamten, die zum Fundort gerufen worden waren, standen immer noch am Ausgang der schmalen, engen Gasse und kotzten sich die Seelen aus dem Leib. Sie selbst stand mit versiegelten Händen und Schuhen direkt neben der Toten und atmete, damit ihr eigener Magen sich beruhigte, ein paar Mal möglichst langsam aus und ein. Hatte sie schon einmal so viel Blut gesehen?
Sicher war es besser, wenn es ihr nicht mehr ein fiele. Sie ging in die Hocke, öffnete den Untersuchungsbeutel und zog den Identifizierungspad zur Überprüfung der Fingerabdrücke des Opfers daraus hervor. Da sich das überall verspritzte Blut nicht einfach abwischen ließ, dächte sie am besten nicht mehr darüber nach. Sie hob die schlaffe Hand der Toten und drückte ihren Daumen auf den Pad.
»Das Opfer ist eine weiße Frau. Die Leiche wurde gegen drei Uhr dreißig von zwei Beamten entdeckt, die auf einen anonymen Anruf hin hierhergekommen sind. Die Überprüfung der Fingerabdrücke hat ergeben, dass es sich bei der Toten um eine gewisse Jacie Wooton handelt, einundvierzig Jahre, lizenzierte Gesellschaf terin, wohnhaft in der Doyers Street 375.«
Sie atmete zweimal nacheinander so flach wie möglich aus und ein. »Dem Opfer wurde die Kehle durchgeschnitten. Das Spritzmuster des Blutes lässt vermuten, dass ihr die Wunde zugefügt wurde, während sie mit dem Gesicht zu der nach Norden gehenden Mauer stand, und dass sie dann entweder von selber auf den Rücken gefallen oder von dem oder den Angreifern auf den Rücken gedreht worden ist, bevor ...
«Gott. Oh Gott.» Bevor man ihr den Uterus herausgeschnitten hat. Die Verletzungen an Hals und Unterleib deuten auf präzise Schnitte mit einem scharfen Messer hin.« Trotz der Hitze strömte kalter, klammer Schweiß über ihren Rücken, als sie weiter Messungen durchführte und Informationen in den Rekorder sprach.
»Tut mir leid«, sagte ihre Assistentin Peabody in ihrem Rücken. Eve brauchte sich nicht umzusehen, um zu wissen, dass Peabodys Gesicht vom Schock und von der Übelkeit noch immer schweißglänzend und kreidig war.
Tut mir leid, Lieutenant; ich konnte mich einfach nicht zusammenreißen.«
»Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Sind Sie jetzt wieder okay?«
»Ich ... ja, Madam.« Eve nickte und fuhr mit ihrer Arbeit fort. Die robuste, ausgeglichene, zuverlässige Peabody hatte nur einen kurzen Blick auf das geworfen, was hier in der Gasse lag, war leichenblass geworden, und hatte auf Eves scharfe Bemerkung, dass sie gefälligst woanders kotzen sollte, auf der Stelle kehrtgemacht.
»Ich habe ihren Namen. Jacie Wooton. Gesellschafterin, wohnhaft in der Doyers. Überprüfen Sie sie bitte für mich.«
»So et was habe ich noch nie gesehen. Noch nie in meinem ...«
»Besorgen Sie mir Informationen über sie. Tun Sie es vorne an der Straße. Hier stehen Sie mir im Licht.«
Peabody wusste genau, dass das nicht stimmte. Ihr Lieutenant wollte ihr nur eine kurze Verschnaufpause verschaffen, da ihr schon wieder übel wurde, nahm sie das Angebot stumm an. Ihr Hemd war nass vom Schweiß, die dunklen Haare unter ihrer Kappe klebten feucht an ihrem Kopf, ihre Kehle brannte, ihre Stimme piepste, doch während sie den Handcomputer aus der Tasche zog, verfolgte sie, wie ihre Chefin weiter ihre Arbeit tat.
Sie war gründlich, effizient und, wie manche vielleicht sagen würden, kalt. Peabody jedoch hatte den Schock, das Grauen und das Mitleid in ihrem Blick gesehen, bevor ihre eigene Sicht verschwommen war. Kalt war eindeutig das falsche Wort, getrieben passte eher. Auch Eve war ziemlich blass, bemerkte Peabody, und es lag nicht nur an den grellen Lampen der Spurensicherung, dass jegliche Farbe aus ihrem schmalen Gesicht gewichen war. Ihre braunen Augen blickten völlig reglos und ihre Hände waren ruhig, als sie mit blutverschmierten Stiefeln neben der Toten hockte und gründlich untersuchte, welch grauenhaf ter Frevel an ihr begangen worden war.
Der Rücken ihres Hemdes wies eine dünne Schweißspur auf, doch sie war nicht davongestolpert, hatte nicht gewürgt. Nein, sie war geblieben und sie würde bleiben, bis ihr Job erledigt war. Eve richtete sich wieder auf, und Peabody sah eine große, schlanke Frau in abgewetzten Jeans und einer wunderbaren Leinenjacke, mit einem fein gemeißelten Gesicht mit einem vollen Mund, großen goldbraunen Augen und kurzem, wirrem, ebenfalls goldbraunem Haar. Vor allem aber sah sie eine Polizistin, die noch nie vor irgendwelchen Toten zurückgewichen war.
»Dallas «
»Peabody, solange Sie keine Spuren dadurch verwischen, kotzen Sie meinet wegen die ganze Straße voll. Und jetzt sagen Sie mir, was Sie rausgefunden haben.«
»Das Opfer hat seit zweiundzwanzig Jahren in New York gelebt. Erst am Central Park West und seit achtzehn Monaten hier.« »Ziemlich krasser Abstieg. Weshalb wurde sie hochgenommen?«
»Wegen Drogen. Insgesamt dreimal. Sie hat ihre Callgirl-Lizenz verloren, war dann aber sechs Monate in der Reha und in psychotherapeutischer Behandlung, wofür sie vor circa einem Jahr eine Straßenlizenz auf Bewährung ausgestellt bekommen hat.«
»Hat sie gegen ihren Dealer ausgesagt?«
»Nein, Madam.«
»Wir werden sehen, was die toxikologische Untersuchung bringt, aber ich glaube nicht, dass Jack ihr Dealer war.«
Eve griff nach dem Umschlag, der auf der Brust der toten Frau gelegen hatte, und der jetzt in einem Plastikbeutel steckte, damit er keine Flecken abbekam.
Übersetzung: Uta Hege
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2007 by Blanvalet Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH.
Nicht, dass sie nicht noch immer gut aussehen würde, sagte sie sich, während sie an einer Straßenlaterne in dem drei Blocks umfassenden Gebiet, das sie in dieser düsteren Gegend der City für sich beansprucht hatte, vorüberschlenderte. Sie achtete auf sich. Vielleicht hatte sie die Drogen gegen eine tägliche Flasche Wodka eingetauscht und, verdammt, sie könnte augenblicklich einen Schluck vertragen , aber sie sah immer noch fantastisch aus. Sie stellte das, was sie zu bieten hatte, in einem leuchtend roten, knappen Büstenhalter und einem kaum über die Pobacken reichenden Minirock in derselben Farbe vorteilhaft zur Schau. Bis sie in den Schönheitssalon käme, hielte der BH ihren Busen ersatzweise in Form. Das Beste an ihr waren aber immer noch die Beine.
Sie waren lang und wohlgeformt und wirkten in den silbernen High Heels, deren kreuzweise gebundene Riemchen bis zu den Knien reichten, erotischer denn je. Nur brachten sie sie beinahe um, als sie auf der Suche nach einem letzten Freier durch die Straßen streifte. Um ihren Füßen eine kurze Pause zu verschaffen, lehnte sie sich an den nächsten Laternenpfosten, streckte ihre Hüfte vor und sah sich aus müden braunen Augen suchend in der beinahe menschenleeren Straße um. Sie hätte die lange Silberperücke aufsetzen sollen, überlegte sie. Auf lange Haare fuhren beinahe alle Kerle ab. Aber den Gedanken an das Gewicht einer Perücke hatte sie heute Abend nicht ertragen und sich deshalb einfach ihre eigenen rabenschwarzen Haare hochgesteckt und mit et was silbernem Glitzerspray besprüht. Ein paar Autos fuhren an ihr vorbei, doch obwohl sie sich nach vorne beugte und einladend mit den Hüf ten wackelte, hielt einfach niemand an. Noch zehn Minuten, dann gäbe sie auf. Sie würde dem Vermieter einfach gratis einen blasen, wenn er wegen der Miete kam.
Sie stieß sich von dem Laternenpfosten ab und lief langsam mit schmerzenden Füßen in Richtung des winzig kleinen Zimmers, mit dem sie sich begnügen musste, seit sie aus der exklusiven Wohnung in der Upper West Side mit dem prall mit unzähligen wunderschönen Kleidern gefüllten Schrank, die sie sich dank ihres vollen Terminkalenders früher hatte leisten können, rausgeflogen war. Drogen, hatte die Bewährungshelferin erklärt, schickten einen in eine abwärts verlaufende Spirale, und häufig endete diese Spirale mit einem elendigen Tod. Sie hatte die Spirale überlebt, ging es Jacie durch den Kopf, nur dass eben jetzt ihr Leben elend war. Noch ein halbes Jahr, versprach sie sich.
Dann wäre sie wieder ganz oben. Dann entdeckte sie den Typen, der ihr entgegenkam. Reich, exzentrisch und eindeutig am falschen Ort in dieser Gegend lief kaum je ein Mann in einem teuren Smoking oder gar in einem eleganten, schwarzen Umhang, mit einem Zylinder auf dem Kopf und einer schwarzen Ledermappe in der Hand herum. Jacie setzte ihr Arbeitsgesicht auf und strich mit einer Hand über ihren knappen Rock.
»He, Baby. Du siehst so schick aus, warum feierst du nicht et was mit mir?« Als er sie mit einem schnellen, beifälligen Lächeln ansah, blitzten in seinem Mund zwei Reihen kerzengerader, strahlend weißer Zähne auf. »Was hast du dir denn vorgestellt?« Seine Sprechweise passte zu seinem Aufzug. Er gehörte eindeutig zur Oberschicht, dachte sie halb wehmütig und halb erfreut. Stilvoll, kultiviert. »Was du willst. Du bist der Boss.«
»Dann vielleicht eine kleine Privatparty, irgendwo hier ... in der Nähe.«
Er sah sich suchend um und winkte dann in Richtung einer schmalen Gasse.
»Ich habe leider nicht viel Zeit.« Die Gasse verhieß einen Quickie, und der kam ihr gerade recht. Sie brächten die Sache innerhalb von wenigen Minuten hinter sich, und wenn sie geschickt vorging, strich sie neben der Gebühr vielleicht noch ein ordentliches Trinkgeld ein. Dann reichte ihre Kohle für die Miete und die Busenstraffung, dachte sie vergnügt.
»Du bist nicht hier aus der Gegend, oder?«
»Weshalb fragst du das?«
»Du klingst nicht so und siehst auch nicht so aus.« Sie zuckte mit den Schultern. Im Grunde ging es sie nicht das Geringste an. »Sag mir, was du möchtest, Baby, dann bringen wir den finanziellen Teil dieses Geschäfts sofort hinter uns.«
»Oh, ich will alles.« Lachend legte sie die Hand in seinen Schritt. »Mmm. Das spüre ich. Dann sollst du auch alles kriegen.« Dann kann ich endlich diese Schuhe ausziehen und etwas trinken. Sie nannte einen hohen Preis, und als er einfach nickte, verfluchte sie sich stumm, weil sie nicht noch höher gegangen war.
»Ich will den Zaster vorher«, erklärte sie entschieden. »Erst das Geld, dann das Vergnügen.«
»Sicher. Als Erstes wird bezahlt.« Immer noch lächelnd drückte er sie plötzlich mit dem Gesicht gegen die Wand, riss ihren Kopf an den Haaren nach hinten, zückte gleichzeitig ein Messer und schlitzte ihr, bevor sie auch nur schreien konnte, mit einem schnellen Schnitt die Kehle auf. Sie starrte ihn aus großen Augen an, öffnete den Mund, machte ein gurgelndes Geräusch und glitt dann an der Mauer in den Dreck hinunter.
»Und jetzt kommt das Vergnügen«, stellte er zufrieden fest und machte sich ans Werk.
1
Es gab einfach immer wieder Neues zu sehen. Egal, wie oft man schon durch das Blut und durch die Eingeweide Toter gestapft war, egal, wie häufig man das grausige Szenarium gewaltsamer Tötungen schon erlebt hatte, es gab doch immer wieder Neues. Immer gab es et was, das noch schlimmer, noch gemeiner, noch verrückter, noch bösartiger, noch grausamer war.
Als Lieutenant Eve Dallas über der Gestalt stand, die einmal eine Frau gewesen war, fragte sie sich, ob dies nicht vielleicht doch der Gipfel allen Grauens war. Zwei der uniformierten Beamten, die zum Fundort gerufen worden waren, standen immer noch am Ausgang der schmalen, engen Gasse und kotzten sich die Seelen aus dem Leib. Sie selbst stand mit versiegelten Händen und Schuhen direkt neben der Toten und atmete, damit ihr eigener Magen sich beruhigte, ein paar Mal möglichst langsam aus und ein. Hatte sie schon einmal so viel Blut gesehen?
Sicher war es besser, wenn es ihr nicht mehr ein fiele. Sie ging in die Hocke, öffnete den Untersuchungsbeutel und zog den Identifizierungspad zur Überprüfung der Fingerabdrücke des Opfers daraus hervor. Da sich das überall verspritzte Blut nicht einfach abwischen ließ, dächte sie am besten nicht mehr darüber nach. Sie hob die schlaffe Hand der Toten und drückte ihren Daumen auf den Pad.
»Das Opfer ist eine weiße Frau. Die Leiche wurde gegen drei Uhr dreißig von zwei Beamten entdeckt, die auf einen anonymen Anruf hin hierhergekommen sind. Die Überprüfung der Fingerabdrücke hat ergeben, dass es sich bei der Toten um eine gewisse Jacie Wooton handelt, einundvierzig Jahre, lizenzierte Gesellschaf terin, wohnhaft in der Doyers Street 375.«
Sie atmete zweimal nacheinander so flach wie möglich aus und ein. »Dem Opfer wurde die Kehle durchgeschnitten. Das Spritzmuster des Blutes lässt vermuten, dass ihr die Wunde zugefügt wurde, während sie mit dem Gesicht zu der nach Norden gehenden Mauer stand, und dass sie dann entweder von selber auf den Rücken gefallen oder von dem oder den Angreifern auf den Rücken gedreht worden ist, bevor ...
«Gott. Oh Gott.» Bevor man ihr den Uterus herausgeschnitten hat. Die Verletzungen an Hals und Unterleib deuten auf präzise Schnitte mit einem scharfen Messer hin.« Trotz der Hitze strömte kalter, klammer Schweiß über ihren Rücken, als sie weiter Messungen durchführte und Informationen in den Rekorder sprach.
»Tut mir leid«, sagte ihre Assistentin Peabody in ihrem Rücken. Eve brauchte sich nicht umzusehen, um zu wissen, dass Peabodys Gesicht vom Schock und von der Übelkeit noch immer schweißglänzend und kreidig war.
Tut mir leid, Lieutenant; ich konnte mich einfach nicht zusammenreißen.«
»Machen Sie sich darüber keine Gedanken. Sind Sie jetzt wieder okay?«
»Ich ... ja, Madam.« Eve nickte und fuhr mit ihrer Arbeit fort. Die robuste, ausgeglichene, zuverlässige Peabody hatte nur einen kurzen Blick auf das geworfen, was hier in der Gasse lag, war leichenblass geworden, und hatte auf Eves scharfe Bemerkung, dass sie gefälligst woanders kotzen sollte, auf der Stelle kehrtgemacht.
»Ich habe ihren Namen. Jacie Wooton. Gesellschafterin, wohnhaft in der Doyers. Überprüfen Sie sie bitte für mich.«
»So et was habe ich noch nie gesehen. Noch nie in meinem ...«
»Besorgen Sie mir Informationen über sie. Tun Sie es vorne an der Straße. Hier stehen Sie mir im Licht.«
Peabody wusste genau, dass das nicht stimmte. Ihr Lieutenant wollte ihr nur eine kurze Verschnaufpause verschaffen, da ihr schon wieder übel wurde, nahm sie das Angebot stumm an. Ihr Hemd war nass vom Schweiß, die dunklen Haare unter ihrer Kappe klebten feucht an ihrem Kopf, ihre Kehle brannte, ihre Stimme piepste, doch während sie den Handcomputer aus der Tasche zog, verfolgte sie, wie ihre Chefin weiter ihre Arbeit tat.
Sie war gründlich, effizient und, wie manche vielleicht sagen würden, kalt. Peabody jedoch hatte den Schock, das Grauen und das Mitleid in ihrem Blick gesehen, bevor ihre eigene Sicht verschwommen war. Kalt war eindeutig das falsche Wort, getrieben passte eher. Auch Eve war ziemlich blass, bemerkte Peabody, und es lag nicht nur an den grellen Lampen der Spurensicherung, dass jegliche Farbe aus ihrem schmalen Gesicht gewichen war. Ihre braunen Augen blickten völlig reglos und ihre Hände waren ruhig, als sie mit blutverschmierten Stiefeln neben der Toten hockte und gründlich untersuchte, welch grauenhaf ter Frevel an ihr begangen worden war.
Der Rücken ihres Hemdes wies eine dünne Schweißspur auf, doch sie war nicht davongestolpert, hatte nicht gewürgt. Nein, sie war geblieben und sie würde bleiben, bis ihr Job erledigt war. Eve richtete sich wieder auf, und Peabody sah eine große, schlanke Frau in abgewetzten Jeans und einer wunderbaren Leinenjacke, mit einem fein gemeißelten Gesicht mit einem vollen Mund, großen goldbraunen Augen und kurzem, wirrem, ebenfalls goldbraunem Haar. Vor allem aber sah sie eine Polizistin, die noch nie vor irgendwelchen Toten zurückgewichen war.
»Dallas «
»Peabody, solange Sie keine Spuren dadurch verwischen, kotzen Sie meinet wegen die ganze Straße voll. Und jetzt sagen Sie mir, was Sie rausgefunden haben.«
»Das Opfer hat seit zweiundzwanzig Jahren in New York gelebt. Erst am Central Park West und seit achtzehn Monaten hier.« »Ziemlich krasser Abstieg. Weshalb wurde sie hochgenommen?«
»Wegen Drogen. Insgesamt dreimal. Sie hat ihre Callgirl-Lizenz verloren, war dann aber sechs Monate in der Reha und in psychotherapeutischer Behandlung, wofür sie vor circa einem Jahr eine Straßenlizenz auf Bewährung ausgestellt bekommen hat.«
»Hat sie gegen ihren Dealer ausgesagt?«
»Nein, Madam.«
»Wir werden sehen, was die toxikologische Untersuchung bringt, aber ich glaube nicht, dass Jack ihr Dealer war.«
Eve griff nach dem Umschlag, der auf der Brust der toten Frau gelegen hatte, und der jetzt in einem Plastikbeutel steckte, damit er keine Flecken abbekam.
Übersetzung: Uta Hege
Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2007 by Blanvalet Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH.
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Autoren-Porträt von J. D. Robb
J. D. Robb ist das Pseudonym der international höchst erfolgreichen Autorin Nora Roberts. Nora Roberts wurde 1950 in Maryland geboren und veröffentlichte 1981 ihren ersten Roman. Inzwischen zählt sie zu den meistgelesenen Autorinnen der Welt: Ihre Bücher haben eine weltweite Gesamtauflage von 500 Millionen Exemplaren überschritten. Auch in Deutschland erobern ihre Bücher und Hörbücher regelmässig die Bestsellerlisten. Nora Roberts hat zwei erwachsene Söhne und lebt mit ihrem Ehemann in Maryland.Bibliographische Angaben
- Autor: J. D. Robb
- 2010, Erstmals im TB, 574 Seiten, Masse: 11,4 x 18,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzer: Uta Hege
- Verlag: Blanvalet
- ISBN-10: 3442367158
- ISBN-13: 9783442367153
- Erscheinungsdatum: 13.01.2010
Rezension zu „Das Herz des Mörders / Eve Dallas Bd.17 “
"Ein grossartiger Romantik-Thriller!"
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"Ein grossartiger Romantik-Thriller!" Publishers Weekly
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