Candlelight Döner
Wie ist es, wenn der deutsche Freund einer Türkin die ultimative Schwiegersohnprüfung bei ihren Vater bestehen muss? Vor allem, wenn der Vater von allen nur "Ali, der Barbar" genannt wird. Mit herzerfrischendem Humor erzählt Asli Sevindim von...
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Wie ist es, wenn der deutsche Freund einer Türkin die ultimative Schwiegersohnprüfung bei ihren Vater bestehen muss? Vor allem, wenn der Vater von allen nur "Ali, der Barbar" genannt wird. Mit herzerfrischendem Humor erzählt Asli Sevindim von ihrer eigenen Familie, von deutsch-türkischen Befindlichkeiten, Ritualen und Komplikationen.
Asli Sevindim, geboren 1973 in Duisburg, ist die älteste Tochter einer türkischen Familie. Die WDR-Moderatorin plaudert hier aus dem deutsch-türkischen Nähkästchen.
Candlelight Döner von Asli Sevindim
LESEPROBE
Hereinspaziert
In meinem Leben gibt es zwei entscheidende Faktoren: Familieund Essen.
Von beidem reichlich.
Das könnte daran liegen, dass ich Türkin bin, mag aber auchnur ein Klischee sein.
Meine Mutter heisst Gül und ist eine warmherzige, sehrlebhafte und resolute Person. Sie ist die ordnende Kraft in unserer Familie undverliert tatsächlich nur selten die Kontrolle - und das dann meist über dievon ihr mühsam gezügelte deutsche Sprache.
Mein Vater All interessiert sich für Naturwissenschaftenund Ingenieurskunst, und er kann gut zeichnen. In einem anderen Leben wäre erLeonardo da Vinci gewesen. Na, zumindest Daniel Düsentrieb.
Meine Schwester Sila ist sechzehn Monate jünger als ich, hatunglaublich grosse dunkle Augen und macht mit ihrer Sturheit ihrem Sternzeichen Widderalle Ehre.
Unsere Jüngste Gözde, gerade mal zwanzig, hat die schönstenHaare von uns drei Schwestern, die schönste Nase, die schönste Haut - meineEltern hatten anscheinend genug geübt.
Ich habe eine Hakennase, viel zu blasse Haut und - alsTürkin! - griechische Füsse, das heisst, mein zweiter Zeh ist länger als dergrosse. Oder ist das vielleicht auch ein Klischee?
Egal, denn immerhin habe ich dem Klischee entsprechend mitunschuldigen einundzwanzig Jahren geheiratet. Doch mich hat niemand dazu gezwungen!Im Gegenteil, meine Mutter hätte sich zunächst lieber die Fussnägel ziehenlassen, als in meine Heirat einzuwilligen, denn ich hatte mir Stefanausgesucht. Eine Kartoffel.
So nennen wir Türken manchmal deutsche Erdenbewohner. Weilsie - ganz einfach - ziemlich viele Kartoffeln essen. Manche heissblütigen Türkenund Türkinnen wollen damit sicher auch zum Ausdruck bringen, dass Deutscheungefähr genauso aufregend und sexy sind wie Kartoffeln, nämlich gar nicht.
Aber meine Kartoffel ist ganz anders.
Knackig, knusprig, würzig.
Für den Geschmack meiner Familie war Stefan anfangs trotzdemzu deutsch. Schwächeanfälle diesseits und jenseits des Bosporus waren die Folgemeiner untürkischen Partnerwahl. Die ohnehin herabhängenden Mundwinkel meiner TanteFerya in der Türkei sanken ins Bodenlose, wie mein Cousin Semih mir treuergeben am Telefon berichtete. Unter ihrem penibel gebundenen Kopftuch sollsie wochenlang etwas von »ganz und gar untürkisch und unislamisch!« gezischelthaben.
Ihre berüchtigten Mundwinkel hätten sich dabei kaum bewegt,gerade so, als spräche sie zu sich selbst. Aber ihre Botschaft ist definitiv andie unzüchtige und ungläubige Welt da draussen gerichtet. Tante Ferya hatteauch handfeste Gründe für ihre Abscheu: Deutsche Männer eigneten sich nicht alsEhemänner, denn sie kennten keine Eifersucht, erklärte sie Semih. Nicht, dasssie das am eigenen Leib schon einmal erlebt hätte, um Allahs willen, nein. Dochlaut meiner unfehlbaren Tante gibt es einen wissenschaftlich nach-
weisbaren Grund für dieses unduldbare Verhalten desdeutschen Mannes: Er isst Schweinefleisch und wer Schweinefleisch isst, derkennt keine Eifersucht, schliesslich kennt das Schwein auch keine Eifersucht.
So einfach ist das.
Dass Tante Ferya gerne und oft dumm dreinschauendeRindviecher isst, hat zwar auch Folgen für ihr Verhalten, aber der bei unsTürken obligatorische Respekt vor älteren Menschen verbietet es mir, ungehörigeBemerkungen dazu zu machen.
Von der zunächst breiten Ablehnung in meiner Familiemotiviert, habe ich Stefan behalten und ihn geheiratet ... Die Einzelheitenerzähle ich Ihnen dann später.
Zwei Dinge kann ich aber jetzt schon verraten: Erstens habeich bei der Eheschliessung meinen türkischen Nachnamen behalten. Und zwar aus gutemGrund. Mein Mann heisst hinten »Müller« und das ist ja wohl mehr einSammelbegriff als ein Name.
Und zweitens sind wir inzwischen seit über acht Jahrenverheiratet und haben damit die prophezeite Halbwertzeit unserer deutsch-türkischenVerbindung laaaaaaaaaaange hinter uns gelassen. Das verwundert viele.
Genauso merkwürdig finden einige aber auch, dass wir nochimmer keine Kinder haben. Wir sind überhaupt nicht abgeneigt, warten allerdingsnoch etwas planlos auf den richtigen Moment. Wir sind überzeugt, er wird inabsehbarer Zeit kommen. So entspannt sehen andere das nicht: Achtjahre Ehe,ohne Nachwuchs gezeugt zu haben - das finden sie nun wirklich nicht normal. Nochdazu, wenn einer der beiden Beteiligten türkischer Herkunft ist.
Der Türke an und für sich liebt nämlich Kinder und kann garnicht genug davon um sich haben. Daher die latente Neigung zu Kingsize-Familien.Doch für meine Generation gilt das nicht mehr uneingeschränkt, deshalb zählt esauch zur Lieblingsbeschäftigung unserer Eltern, sich über uns junge Leute zubeschweren. Ah, vah, vah - angeblich verkommen wir völlig, will heissen, wirverdeutschen immer mehr, entfernen uns von unserer Kultur und wissen die wahrenWerte im Leben, wie zum Beispiel das Gründen einer Familie, nicht mehr zuschätzen.
Es ist aber auch wirklich keine Kleinigkeit, im Berufgenauso erfolgreich zu sein wie »die Deutschen« (das erwarten unsere Elterndurchaus) und nebenbei treutürkisch eine Grossfamilie zu gründen - und dieseauch noch durchzubringen!
(...)
© Ullstein Buchverlage
- Autor: Asli Sevindim
- 2005, 8. Aufl., 240 Seiten, Masse: 11,5 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548263674
- ISBN-13: 9783548263670
- Erscheinungsdatum: 11.10.2005
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