Bürgertum und Nationalismus. Betrachtungen zur deutschen Kultur
Durch den technischen Fortschritt bedingt, versprach das 19. Jahrhundert durchgreifende Rationalität der Lebens- und Gemeinschaftsformen und endlich Abschied von allen mystifizierenden und irrationalen Hysterien, die das Leben unter dem Primat...
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Produktinformationen zu „Bürgertum und Nationalismus. Betrachtungen zur deutschen Kultur “
Klappentext zu „Bürgertum und Nationalismus. Betrachtungen zur deutschen Kultur “
Durch den technischen Fortschritt bedingt, versprach das 19. Jahrhundert durchgreifende Rationalität der Lebens- und Gemeinschaftsformen und endlich Abschied von allen mystifizierenden und irrationalen Hysterien, die das Leben unter dem Primat schicksalhafter Gewalten stellten. Dennoch war das 19. Jahrhundert durchzogen von scheinbar unvereinbaren Widersprüchlichkeiten. Nietzsche bezeichnete diese Epoche als die "Ungleichzeitigkeit des Gleichzeitigen".Dennoch feierten im 19. Jahrhundert und in den frühen Jahren des 20. Jahrhunderts von jeglicher Humanität entleerte Phantasmagorien literarische Triumphe. Ernst Jüngers "In Stahlgewittern" verherrlichende Kriegsprosa befeuerte ganze Generationen junger Männer, die im steten Kampf um Leben und Tod den Sinn ihres Daseins fanden. Richard Wagners kühne Musik bezeichnete der Wiener Musikkritiker Hanslick 1860 nach der Premiere der "Meistersinger" als eine Art Krankheit, eine Musik, welche die Realität aufzulösen vermöchte und einen narkotischen Zustand der Suggestibilität herbeiführe.
Dieses Buch ist ein Streifzug durch die deutsche Kulturgeschichte des 19. und frühen 20. Jahrhunderts mit all ihren Widersprüchlichkeiten, Hoffnungen, Enttäuschungen und Irrwegen. Anhand verschiedener kultureller, musikalischer und literarischer Werke sowie politischen Strömungen sollen nicht nur deren Vielfalt, sondern ebenso auch die Irrwege, wahnhaften Prospekte und irrationalen Ideenwelten dargestellt werden, die den Weg in die Katastrophen des 20. Jahrhunderts vorgezeichnet haben, wenngleich die Absichten oftmals gänzlich anderer Natur waren.
Lese-Probe zu „Bürgertum und Nationalismus. Betrachtungen zur deutschen Kultur “
Textprobe:Kapitel Zwischenbetrachtung: Völkischer Nationalismus und beginnende Götterdämmerung:
"Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er angehört, stolz zu sein [...].Übrigens überwiegt die Individualität bei weitem die Nationalität, und in einem gegebenen Menschen verdient jene tausendmal mehr Berücksichtigung als diese. Dem Nationalcharakter wird, da er von der Menge redet, nie viel Gutes ehrlicherweise nachzurühmen sein. Vielmehr erscheint nur die menschliche Beschränktheit und Verkehrtheit in jedem Lande in einer anderen Form und diese nennt man den Nationalcharakter." (Arthur Schopenhauer: Parerga und Paralipomena, 1851)
Über die Deutschen schrieb Goethe einmal, dass es ihr Charakter sei, der sie über alles schwer werden liesse, "und dass alles über sie schwer werde". Die Angst vor der Bürde der Zukunft, die Leere der Gegenwart und die Schwere des Lebens überhaupt, verhinderte stets bei den Deutschen die Leichtigkeit des Seins. Immerzu musste alles grundsätzlich und das Kollektiv betreffend existentiell durchdrungen werden, um jenes trügerische Selbstbewusstsein zu erreichen, welches das Leben als Deutscher erst lebenswert macht. Immer geht es um Alles oder Nichts und die Deutschen haben erst sehr spät gelernt, im politischen Alltag Kompromisse zu schliessen. Ohne dieses Grundsätzliche ist alles nach "welscher Art" flach, zersetzend und des Nachdenkens nicht wert, wie es bei Hans Sachs in den 'Meistersingern' anklingt. Dem deutschen Geist geziemt es nicht, leicht und
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unbeschwert über die Dinge des Lebens hinwegzuschreiten, wie dies den romanischen Menschen eigentümlich ist. Über die deutsche Politik, die Ausdruck dieser kollektiven Unruhe und Schwermütigkeit war, schrieb im Jahre 1860 die Londoner 'Times': "Die Launen der deutschen Politik sind solcher Art, dass wie ihnen nicht mehr zu folgen vermögen. Es ist nutzlos, nach Profundität Ausschau zu halten, wo aller Wahrscheinlichkeit nach nur Pedanterie herrscht, oder nach einer greifbaren Absicht, wo vielleicht nur der Wunsch besteht, irgendeine traumhafte historische Idee zu verwirklichen. Wäre die Art der Deutschen wie unserer Art - würden sie von praktisch denkenden Staatsmännern regiert anstatt von Zuchtmeistern und Sophisten - könnten wir uns vorstellen, sie hätten irgendein ferneres Ziel in Sicht. Aber da wir wissen, was sie sind, sehen wir in ihrem Verhalten nur ein weiteres Beispiel jener Schwäche und Perversität, die ihnen so viele Missgeschicke gebracht hat". Es war jedoch nicht nur der Umstand, dass die Deutschen von Zuchtmeistern regiert wurden und sie damit nie zu politischer Mündigkeit finden konnten, sondern ihr vergebliches Bemühen eine Nation zu sein, und die Konzentration darauf, nationale Identität zu erlangen um jeden Preis, verhinderte über lange Zeiten an den Errungenschaften von Aufklärung und Liberalität teilzuhaben. Denn für nationales Selbstwertgefühl gilt ironischerweise das gleiche wie für erhabenen Stil und ästhetisches Empfinden, wer sich darum bemüht, hat sie erst gar nicht. Schiller und Goethe, die ein geringes Vertrauen in die politischen Fähigkeiten ihrer Landsleute hatten, verfassten in ihren Xenien aus dem Winter 1795/96 die eindringliche Warnung an das deutsche Volk, angesichts des durch die Französische Revolution ausgelösten Nationalismus: "Zur Nation euch zu bilden, ihr hoffet es, / Deutsche, vergebens; / Bildet, ihr könnt es, dafür freier zu Menschen euch aus" Schiller als Hist
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Autoren-Porträt von Manfred J. Foerster
Dr. phil. Manfred J. Foerster studierte Soziologie, Psychologie, Philosophie und Erziehungswissenschaften in Aachen und an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz und promovierte bei Micha Brumlik in Heidelberg über die Analytische Psychologie und Archetypenlehre C.G. Jungs. Ausserdem machte er eine Gesangsausbildung als Operntenor in Aachen, Wiesbaden und Mainz.Er leitete über 20 Jahre die Beratungs- und Fortbildungsstelle für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiter/innen des Hessischen Strafvollzuges und war als Lehrbeauftragter an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz im Fachbereich Erziehungswissenschaft, an der Hessischen Justizvollzugsakademie Wiesbaden sowie an der Thüringischen Justizvollzugsschule Suhl-Goldlauter tätig, mit den Schwerpunkten: Frühkindliche Bindungserfahrungen und Sozialisation, Ursachen und Auswirkungen von Persönlichkeitsstörungen sowie Persönlichkeitsprofile serieller Sexual- und Gewaltdelikter.
Bibliographische Angaben
- Autor: Manfred J. Foerster
- 2018, 316 Seiten, Masse: 15,5 x 22 cm, Kartoniert (TB), Deutsch
- Verlag: disserta
- ISBN-10: 3959354851
- ISBN-13: 9783959354851
- Erscheinungsdatum: 04.12.2018
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