Brennende Kälte / Georg Dengler Bd.4
Denglers vierter Fall. Ausgezeichnet mit der Herzogenrather Handschelle 2009
Die Spur führt nach Afghanistan - Georg Denglers vierter und gefährlichster Auftrag
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Produktinformationen zu „Brennende Kälte / Georg Dengler Bd.4 “
Klappentext zu „Brennende Kälte / Georg Dengler Bd.4 “
Die Spur führt nach Afghanistan - Georg Denglers vierter und gefährlichster Auftrag»Suchen Sie meinen Mann«, sagt Sarah Singer und zieht verzweifelt an ihrer Zigarette, als wäre diese Kippe die letzte auf der Welt. »Mein Mann ist krank - und gefährlich.« Viel mehr hat sie zunächst nicht zu bieten. Georg Dengler, privater Ermittler aus Stuttgart und ehemaliger Zielfahnder des Bundeskriminalamtes, nimmt ihren Auftrag an. Er ist fasziniert von der blonden Frau. Und er glaubt, ihren vermissten Mann zu kennen. Sein Bild erinnert ihn an das grosse Drama seiner Kindheit, das ihn selbst beinahe getötet und seine Familie für immer ruiniert hätte.
Sarah Singers Mann ist Berufssoldat. Nach geheimen Einsätzen ist er aus Afghanistan nach Deutschland zurückgekehrt, traumatisiert und zutiefst erschüttert. Nach kurzer Zeit verschwindet er spurlos. Und einige Morde geschehen. Als Georg Dengler sich an die Arbeit macht, erfährt er, dass Hans-Jörg Singer noch von ganz anderen Instanzen gesucht wird. Und plötzlich steht er mächtigen Interessen im Weg.
»Einer der intelligentesten und authentischsten deutschen Politthriller« dpa über »Fremde Wasser«
Lese-Probe zu „Brennende Kälte / Georg Dengler Bd.4 “
Brennende Kälte von Wolfgang Schorlau LESEPROBE Prolog Welche Farbe hat das Paradies? In seiner Erinnerung war es erdbraun und gelb und moosgrün. Es roch nach warmem Waldboden, nach Fichtennadeln und Tannenzapfen.
Nur wenige Meter oberhalb des alten Forstwegs lag ihr Versteck. In der Mitte eine riesige, über hundert Jahre alte Blautanne, umringt von einer Gruppe Fichten, die in einem respektvollen Radius von vier Metern wuchsen, gerade so, als wollten sie den ehrwürdigen Stamm vor fremden Blicken schützen. Und so umgab den großen Baum eine halbdunkle Höhle, die, so glaubten die beiden Jungs damals, ihr alleiniges Geheimnis sei.
Oft versteckte er sich allein in der Höhle. Die spätsommerliche Sonne wärmte seinen Rücken und ließ die am Boden liegenden Äste knacken. Manchmal saß er stundenlang in diesem Versteck und tat nichts. Saß einfach da und fühlte sich geborgen. Geborgen und sorglos. So ist es also, das Glück, dachte er damals. So ist es, keine Angst zu haben. Nicht vor den Geräuschen des Waldes und nicht vor den Menschen. Er schloss die Augen, fest, ganz fest, kniff die Lider zusammen und nahm sich vor, dieses Gefühl nie wieder zu vergessen. Es hing mit dem Geruch der Erde zusammen, der Wärme und wohl auch damit, dass er allein in diesem winzigen Paradies saß und sich ganz auf sich konzentrieren konnte. Nie, nie, nie, sagte er leise voll kindlicher Inbrunst, nie werde ich diesen Moment vergessen.
... mehr
Und nun, mehr als drei Jahrzehnte später, hockte er in seinem blauen Toyota und starrte hinüber zum Eingang des Supermarktes. Um halb zehn Uhr abends. Draußen war es endlich finster. Der Sommerregen hatte ausgedehnte Pfützen auf dem Parkplatz hinterlassen, in denen sich das Licht der Reklame und des riesigen Schaufensters spiegelte. Seit einer Stunde saß er im Wagen und zählte die Kunden, die so spät noch schattengleich durch die Eingangstür huschten. Achtzehn zählte er. Achtzehn Kunden. An der Kasse würde keine lange Schlange stehen. Wenig Personal, dachte er, so spät am Abend. Er konnte es wagen. Verdammt noch mal, er konnte es wirklich wagen.
Und ich werde es schaffen.
Trotzdem blieb er sitzen. Vom Bauch her kroch eine unbestimmte Angst nach oben, nistete sich in seinem Solarplexus ein, seiner Angststelle, wie er sie nannte. Er spürte den Druck deutlich, wie er wuchs, nicht so stark wie damals, natürlich nicht, aber doch so, dass ihm das Atmen schwerer fiel.
Und, merkwürdig, genau in diesem Augenblick dachte er an das Versteck am alten Forstweg. Er fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht, aber das Bild blieb. Er kniff die Augen zusammen, wie er es damals getan hatte, und er erinnerte sich genau an den Forstweg, der bergauf ging, an der Hütte vorbei, die die Verbindungsstudenten im Winter als Quartier für ihre Skiausflüge nutzten, dann kam das Haus mit dem kleinen Turm, das früher einmal eine Pelztierzucht gewesen war, und dahinter schließlich bog der alte Forstweg in den Wald ein. Nach fünfzig Metern schlug man sich rechts durch die jungen Fichten und war dann gleich an dem Versteck. Er erinnerte sich an den kleinen Jungen, der er einmal gewesen war, daran, wie er sich fest vorgenommen hatte, diesen Augenblick nie wieder zu vergessen. Nur das Gefühl, das ihn damals überwältigt hatte, das konnte er nicht mehr in sich wachrufen. Er hatte es verloren.
Aber all das durfte jetzt keine Rolle spielen.
Action Jackson, sagte eine innere Stimme. So hatte es der kleine verrückte Texaner vor jedem Einsatz gesagt. Action Jackson. Und dann war es losgegangen. Jetzt war Jackson tot.
Mit einem Griff löste er den Sicherheitsgurt, öffnete die Autotür, stieg aus. Er schloss nicht ab. Es widerstrebte ihm, den Wagen offen zu lassen, fast machte es ihn wütend, aber es musste sein. Dann ging er langsam und steif auf die Tür des Supermarktes zu. Der Druck in seinem Bauch wuchs.
Drinnen nahm er sich einen dieser metallenen Einkaufswagen, für den er ein Eurostück in eine Box stecken musste, die am Haltegriff angeschweißt war. Erst dann löste sich der Wagen von den anderen. Er zog ihn am Haltegriff aus der Reihe und schob ihn langsam durch die Abteilung mit dem Frischgemüse, dann in die erste Regalreihe.
Kein Mensch zu sehen.
In dem Regal lagen Salzstangen, Nüsse, Käsegebäck und Kekse.
Vorsichtig nahm er eine Tüte mit Kartoffelchips aus dem untersten Regal. Der Plastikbeutel knisterte so laut, als er ihn in den Wagen warf, dass er sich umsah. Niemand schien etwas gehört zu haben.
Jetzt war er ganz wach.
Adrenalin schoss durch seinen Körper. Er kannte das. Das Gefühl, hellwach zu sein, genau zu sehen, alles zu hören.
Nichts blieb einem verborgen.
Entschlossen schob er den Wagen durch den Gang mit den Konserven. Mein Gott, hatte er die Konserven gehasst. Jeden Tag. Ravioli, Leberwurst, Pumpernickel, Erbsensuppe.
Konservenfraß hatten sie bekommen. Jeden Tag Konservenfraß.
Er schob den Wagen schneller. Italienische Nudeln. Barilla, Spaghetti, Makkaroni, Tagliatelle, Fusilli. Dann ein Regal mit Gewürzen, Pfeffer schwarz, Pfeffer weiß, Curry, Rosmarin, Thymian. Schließlich die erste Kühltheke: Milch, Südmilch, Bergbauernmilch, Sahne, Crème fraîche.
Er schnappte einen Karton Vollmilch aus dem Regal und warf ihn in den Wagen. Der Karton platzte am Kopfende. Ein Tropfen Milch platschte auf den Boden. Dann noch einer.
Er wendete den Wagen.Platsch.
Jetzt schnell zur Kasse.Platsch.
Noch ein Tropfen Milch.
Vorbei an Mehl, Gebäckmischungen, Fleischtheke, Käsetheke.
Ein Mann stand vor den Spirituosen, eine Flasche Fernet in der Hand. Studierte das Etikett.
Er rempelte ihn mit dem Wagen an.
Der Mann fluchte.
Er fuhr weiter. Rechts der Eingang zum Getränkemarkt.
Da waren die Kassen.Endlich.
Eine war besetzt.
Nur zwei Kunden standen davor.Erleichterung.
Das schaffte er.
Da war er sich sicher.
Das schaffte er.
Plötzlich blieb er stehen.
Das Geräusch. Was war das für ein Geräusch? Rotierend. Schleifend. Mahlend. Er kannte das. An was erinnerte ihn das Geräusch?
Es kam aus dem Getränkemarkt.
Er riss heftig am Wagen. Der Karton mit der Milch machte einen Sprung.Tropfte.
Im Getränkemarkt sah er den Mann. Er saß auf einer kleinen Maschine, die wie ein umgebauter Rasenmäher aussah. Zwischen den Rädern drehte sich eine große Scheibe.
Sie bohnern hier nur den Boden, sagte die Vernunft, es ist bloß die Polierscheibe. Es ist nur ein Reinigungsgerät.
Sie bohnern nur.
Gleich ist nämlich Feierabend, hörst du, sagte die Vernunft, und sie bohnern. Mehr nicht.
Die Scheibe drehte sich.
Sie rotierte.Rotierte.
Wie die großen Tandemrotoren eines MH-47-Chinook-Helikopters.
Er konnte den Hubschrauber hören.
Er sah die Rotoren.Wie damals.
Es war tatsächlich ein Chinook. Sie rannten geduckt auf die geöffnete Eingangstür zu, sprangen hinein, alle Mann hintereinander, Gerald verrammelte die Tür, die Kiste legte sich zur Seite und hob ab. Gewann Höhe. Über ihm die Rotoren. Er sah die Polierscheibe. Über sich die Rotoren. Der kleine Texaner kotzte zuerst. Action Jackson. Immer kotzten die Amis vor dem Einsatz. Platsch, die Milch tropfte. Platsch, noch einmal. Der Texaner kotzte. Der Helikopter stieg. Action Jackson. Auch ihm selbst war schlecht.
Die Vernunft sagte, dass er noch eine Chance hatte: Wenn du sofort gehst.
Lass den Einkaufswagen stehen, sagte die Vernunft, geh einfach raus. An der Kasse vorbei und auf die Straße. Steig in den Toyota und fahr nach Hause. Das war’s dann, sagte die Vernunft.
Aber erst mussten sie raus. Sie flogen wieder ins verfickte Shah-e-Kot-Tal. Ewig lang war das Tal. Operation Anaconda. Gestern hatte man ihnen Schulbücher gezeigt. In dieser beschissenen Sprache. Mit diesen beschissenen arabischen Zeichen. Es verschwamm vor seinen Augen. Dieser Abschnitt lehrt arabische Grammatik, hatte man ihnen gesagt. Und dieser andere lehrt: Wie man eine Rohrbombe baut. Und der nächste: Wie man einen Militärkonvoi überfällt. Wie man Amerikaner killt. Und Europäer. Das lernen hier die Kinder. Elfjährige sind genauso gefährlich wie ihre Väter. Deshalb die Tageslosung: Tötet jeden, den ihr seht. Der Helikopter ging tiefer. Fertig machen zum Absitzen. Action Jackson. Er hatte jetzt Angst. Sie knetete seinen Mageneingang mit knöchernen Fingern. Seine Hände verkrampften sich um den Griff des Einkaufswagens. Dann mussten sie raus. Er sprang. Er wendete den Einkaufswagen. Gelände sichern. Er sprang nach links. Die Waffe im Anschlag. Ein Hindernis. Er trat dagegen. Er rammte den Einkaufswagen dagegen. Stand in einem Regen von Rasierschaum, Haargel, Shampoo. Es regnete auf ihn herunter. Geschosse schlugen rechts und links ein. Vor ihm ein Gesicht. Ein erstauntes Gesicht. Ein Gesicht mit Brille. Ein schreiendes Gesicht. Er hob die Waffe. Feuerstoß. Action Jackson. Noch jemand tauchte neben ihm auf. Er schlug zu. Auf die Nase. Ah, das knirscht. Dem ist das Nasenbein ins Gehirn gefahren. Wird er nicht überleben. Gelernt ist gelernt. Ein Regal fiel um. Dosen trafen seinen Kopf. Erbsen, dachte er verwundert. Dann traf ihn noch etwas am Kopf. Er hatte so schreckliche Angst. Inmitten einer verheerenden Verwüstung ging er zu Boden.
© Kiepenheuer & Witsch Verlag
Und ich werde es schaffen.
Trotzdem blieb er sitzen. Vom Bauch her kroch eine unbestimmte Angst nach oben, nistete sich in seinem Solarplexus ein, seiner Angststelle, wie er sie nannte. Er spürte den Druck deutlich, wie er wuchs, nicht so stark wie damals, natürlich nicht, aber doch so, dass ihm das Atmen schwerer fiel.
Und, merkwürdig, genau in diesem Augenblick dachte er an das Versteck am alten Forstweg. Er fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht, aber das Bild blieb. Er kniff die Augen zusammen, wie er es damals getan hatte, und er erinnerte sich genau an den Forstweg, der bergauf ging, an der Hütte vorbei, die die Verbindungsstudenten im Winter als Quartier für ihre Skiausflüge nutzten, dann kam das Haus mit dem kleinen Turm, das früher einmal eine Pelztierzucht gewesen war, und dahinter schließlich bog der alte Forstweg in den Wald ein. Nach fünfzig Metern schlug man sich rechts durch die jungen Fichten und war dann gleich an dem Versteck. Er erinnerte sich an den kleinen Jungen, der er einmal gewesen war, daran, wie er sich fest vorgenommen hatte, diesen Augenblick nie wieder zu vergessen. Nur das Gefühl, das ihn damals überwältigt hatte, das konnte er nicht mehr in sich wachrufen. Er hatte es verloren.
Aber all das durfte jetzt keine Rolle spielen.
Action Jackson, sagte eine innere Stimme. So hatte es der kleine verrückte Texaner vor jedem Einsatz gesagt. Action Jackson. Und dann war es losgegangen. Jetzt war Jackson tot.
Mit einem Griff löste er den Sicherheitsgurt, öffnete die Autotür, stieg aus. Er schloss nicht ab. Es widerstrebte ihm, den Wagen offen zu lassen, fast machte es ihn wütend, aber es musste sein. Dann ging er langsam und steif auf die Tür des Supermarktes zu. Der Druck in seinem Bauch wuchs.
Drinnen nahm er sich einen dieser metallenen Einkaufswagen, für den er ein Eurostück in eine Box stecken musste, die am Haltegriff angeschweißt war. Erst dann löste sich der Wagen von den anderen. Er zog ihn am Haltegriff aus der Reihe und schob ihn langsam durch die Abteilung mit dem Frischgemüse, dann in die erste Regalreihe.
Kein Mensch zu sehen.
In dem Regal lagen Salzstangen, Nüsse, Käsegebäck und Kekse.
Vorsichtig nahm er eine Tüte mit Kartoffelchips aus dem untersten Regal. Der Plastikbeutel knisterte so laut, als er ihn in den Wagen warf, dass er sich umsah. Niemand schien etwas gehört zu haben.
Jetzt war er ganz wach.
Adrenalin schoss durch seinen Körper. Er kannte das. Das Gefühl, hellwach zu sein, genau zu sehen, alles zu hören.
Nichts blieb einem verborgen.
Entschlossen schob er den Wagen durch den Gang mit den Konserven. Mein Gott, hatte er die Konserven gehasst. Jeden Tag. Ravioli, Leberwurst, Pumpernickel, Erbsensuppe.
Konservenfraß hatten sie bekommen. Jeden Tag Konservenfraß.
Er schob den Wagen schneller. Italienische Nudeln. Barilla, Spaghetti, Makkaroni, Tagliatelle, Fusilli. Dann ein Regal mit Gewürzen, Pfeffer schwarz, Pfeffer weiß, Curry, Rosmarin, Thymian. Schließlich die erste Kühltheke: Milch, Südmilch, Bergbauernmilch, Sahne, Crème fraîche.
Er schnappte einen Karton Vollmilch aus dem Regal und warf ihn in den Wagen. Der Karton platzte am Kopfende. Ein Tropfen Milch platschte auf den Boden. Dann noch einer.
Er wendete den Wagen.Platsch.
Jetzt schnell zur Kasse.Platsch.
Noch ein Tropfen Milch.
Vorbei an Mehl, Gebäckmischungen, Fleischtheke, Käsetheke.
Ein Mann stand vor den Spirituosen, eine Flasche Fernet in der Hand. Studierte das Etikett.
Er rempelte ihn mit dem Wagen an.
Der Mann fluchte.
Er fuhr weiter. Rechts der Eingang zum Getränkemarkt.
Da waren die Kassen.Endlich.
Eine war besetzt.
Nur zwei Kunden standen davor.Erleichterung.
Das schaffte er.
Da war er sich sicher.
Das schaffte er.
Plötzlich blieb er stehen.
Das Geräusch. Was war das für ein Geräusch? Rotierend. Schleifend. Mahlend. Er kannte das. An was erinnerte ihn das Geräusch?
Es kam aus dem Getränkemarkt.
Er riss heftig am Wagen. Der Karton mit der Milch machte einen Sprung.Tropfte.
Im Getränkemarkt sah er den Mann. Er saß auf einer kleinen Maschine, die wie ein umgebauter Rasenmäher aussah. Zwischen den Rädern drehte sich eine große Scheibe.
Sie bohnern hier nur den Boden, sagte die Vernunft, es ist bloß die Polierscheibe. Es ist nur ein Reinigungsgerät.
Sie bohnern nur.
Gleich ist nämlich Feierabend, hörst du, sagte die Vernunft, und sie bohnern. Mehr nicht.
Die Scheibe drehte sich.
Sie rotierte.Rotierte.
Wie die großen Tandemrotoren eines MH-47-Chinook-Helikopters.
Er konnte den Hubschrauber hören.
Er sah die Rotoren.Wie damals.
Es war tatsächlich ein Chinook. Sie rannten geduckt auf die geöffnete Eingangstür zu, sprangen hinein, alle Mann hintereinander, Gerald verrammelte die Tür, die Kiste legte sich zur Seite und hob ab. Gewann Höhe. Über ihm die Rotoren. Er sah die Polierscheibe. Über sich die Rotoren. Der kleine Texaner kotzte zuerst. Action Jackson. Immer kotzten die Amis vor dem Einsatz. Platsch, die Milch tropfte. Platsch, noch einmal. Der Texaner kotzte. Der Helikopter stieg. Action Jackson. Auch ihm selbst war schlecht.
Die Vernunft sagte, dass er noch eine Chance hatte: Wenn du sofort gehst.
Lass den Einkaufswagen stehen, sagte die Vernunft, geh einfach raus. An der Kasse vorbei und auf die Straße. Steig in den Toyota und fahr nach Hause. Das war’s dann, sagte die Vernunft.
Aber erst mussten sie raus. Sie flogen wieder ins verfickte Shah-e-Kot-Tal. Ewig lang war das Tal. Operation Anaconda. Gestern hatte man ihnen Schulbücher gezeigt. In dieser beschissenen Sprache. Mit diesen beschissenen arabischen Zeichen. Es verschwamm vor seinen Augen. Dieser Abschnitt lehrt arabische Grammatik, hatte man ihnen gesagt. Und dieser andere lehrt: Wie man eine Rohrbombe baut. Und der nächste: Wie man einen Militärkonvoi überfällt. Wie man Amerikaner killt. Und Europäer. Das lernen hier die Kinder. Elfjährige sind genauso gefährlich wie ihre Väter. Deshalb die Tageslosung: Tötet jeden, den ihr seht. Der Helikopter ging tiefer. Fertig machen zum Absitzen. Action Jackson. Er hatte jetzt Angst. Sie knetete seinen Mageneingang mit knöchernen Fingern. Seine Hände verkrampften sich um den Griff des Einkaufswagens. Dann mussten sie raus. Er sprang. Er wendete den Einkaufswagen. Gelände sichern. Er sprang nach links. Die Waffe im Anschlag. Ein Hindernis. Er trat dagegen. Er rammte den Einkaufswagen dagegen. Stand in einem Regen von Rasierschaum, Haargel, Shampoo. Es regnete auf ihn herunter. Geschosse schlugen rechts und links ein. Vor ihm ein Gesicht. Ein erstauntes Gesicht. Ein Gesicht mit Brille. Ein schreiendes Gesicht. Er hob die Waffe. Feuerstoß. Action Jackson. Noch jemand tauchte neben ihm auf. Er schlug zu. Auf die Nase. Ah, das knirscht. Dem ist das Nasenbein ins Gehirn gefahren. Wird er nicht überleben. Gelernt ist gelernt. Ein Regal fiel um. Dosen trafen seinen Kopf. Erbsen, dachte er verwundert. Dann traf ihn noch etwas am Kopf. Er hatte so schreckliche Angst. Inmitten einer verheerenden Verwüstung ging er zu Boden.
© Kiepenheuer & Witsch Verlag
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Autoren-Porträt von Wolfgang Schorlau
Wolfgang Schorlau lebt und arbeitet als freier Autor in Stuttgart. Neben den zehn Dengler-Krimis »Die blaue Liste«, »Das dunkle Schweigen«, »Fremde Wasser«, »Brennende Kälte«, »Das München-Komplott«, »Die letzte Flucht«, »Am zwölften Tag«, »Die schützende Hand«, »Der grosse Plan« und »Kreuzberg Blues« hat er die Romane »Sommer am Bosporus« und »Rebellen« veröffentlicht - und zusammen mit Claudio Caiolo die Venedig-Krimis um Commissario Morello. 2006 wurde er mit dem Deutschen Krimipreis, 2012 und 2014 mit dem Stuttgarter Krimipreis sowie 2019 mit dem Stuttgarter Ebner-Stolz-Wirtschaftskrimipreis ausgezeichnet.
Bibliographische Angaben
- Autor: Wolfgang Schorlau
- 2008, 23. Aufl., 256 Seiten, Masse: 12,7 x 19,2 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Kiepenheuer & Witsch
- ISBN-10: 3462039822
- ISBN-13: 9783462039825
- Erscheinungsdatum: 17.04.2008
Rezension zu „Brennende Kälte / Georg Dengler Bd.4 “
»Im Verlauf des atemberaubend spannenden Politthrillers mit Stuttgarter Lokalkolorit verknüpfen sich die verschiedenen Handlungsstränge zur tödlichen Bedrohung für Georg Dengler.« Thomas Wagner Junge Welt
Pressezitat
»Im Verlauf des atemberaubend spannenden Politthrillers mit Stuttgarter Lokalkolorit verknüpfen sich die verschiedenen Handlungsstränge zur tödlichen Bedrohung für Georg Dengler.« Thomas Wagner Junge Welt
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