Antonias Wille
Von einer entfernten Verwandten erhält Julie ein ungewöhnliches Geschenk: einen alten Berghof im Schwarzwald. Eine Bedingung ist daran geknüpft: Sie soll herausfinden, warum das Haus - einst ein beliebtes Hotel - seinen Zauber verlor und in einen...
- Kreditkarte, Paypal, Rechnungskauf
- 30 Tage Widerrufsrecht
Von einer entfernten Verwandten erhält Julie ein ungewöhnliches Geschenk: einen alten Berghof im Schwarzwald. Eine Bedingung ist daran geknüpft: Sie soll herausfinden, warum das Haus - einst ein beliebtes Hotel - seinen Zauber verlor und in einen Dornröschenschlaf fiel.
Julie beginnt, in alten Tagebüchern zu stöbern, und taucht in eine Welt aus Leidenschaft und Eifersucht.
''Ein wahrer Schmöker!''
B.Z.
AntoniasWille von Petra Durst-Benning
LESEPROBE
DiesenNachmittag werde ich nie vergessen! Karl und ich hockten zwischen all denausgebreiteten Stoffen, dem Nähkorb seiner Frau und der Nähmaschine. Als ichihm sagte, dass ich solch eine Maschine nicht kenne und demzufolge auch nichtbedienen könne, hat er sich vor Erstaunen mächtig verschluckt und musste wiedereinmalfurchtbar husten. Das Ende vom Lied war, dass Karl an der Nähmaschine sassund die von mir zugeschnittenen Teile zusammennähte. Dabei grummelte er immerwieder: »Wenn mich einer sehen würde ... « Diese Vorstellung brachte mich zumLachen. Er war mit solchem Feuereifer bei der Sache! Schon damals merkte ich,dass Karl alles, was er anpackte, mit Leib und Seele tat. Nun ahnte ich, woherFranziska ihren Fleiss hatte. Nur - bei Karl war es nicht Fleiss allein. Es gingihm nicht darum, anfallende Arbeit möglichst rasch hinter sich zu bringen. Erarbeitete vielmehr leidenschaftlich gern, ganz gleich, ob er einen seinerGrenzsteine beschlug, einen Anbau für die Scheune plante oder eine Pfeife schnitzte.Wenn man etwas tut, dann muss man es entweder richtig machen oder es bleibenlassen! Das habe ich an diesem Tag verstanden. Jedenfalls besass ich am Endeeinen neuen, dunkelblauen Rock und eine blau gestreifte Bluse mitsilberfarbenen Knöpfen. Karl wollte unbedingt, dass ich auch noch eine neue Schürzebekam, da meine alte doch nur noch aus geflickten Löchern bestand. Aus demVorrat an Stoffen hätte man das halbe Dorf neu einkleiden können, und dieVerlockung war schon sehr gross. Aber es war bereits nach sieben Uhr, und ichhatte ein schlechtes Gewissen, weil ich ausser der Küche nichts geputzt und auchkein Essen gekocht hatte. So packten wir auf mein Drängen die Stoffe wieder inden Schrank und die Nähmaschine in die Kammer.
An jenemAbend kehrte ich später als sonst ins Dorf zurück und war auf Schelteeingestellt, aber nicht darauf, dass Franziska vor lauter Wut fast platzenwürde! Als sie mich in meinem neuen Aufzug sah, fielen ihr fast die Augen ausdem Kopf Dann ging die Fragerei los: Wie ich es wagen konnte, den Tag mit Nähenstatt mit der Arbeit im Haushalt ihres Vaters zu verbringen? Was mir einfiele,mich einfach an den Stoffen ihrer Mutter zu bedienen? Ob der alte Mann nichtmehr bei Sinnen wäre? Und so weiter. Später, es waren bereits die ersten Gästeda, gab sie noch immer keine Ruhe. Ob ich mir nun zu fein wäre, das schmutzigeGeschirr von Tisch vier abzuräumen, fauchte sie, als ich gerade andere Gästemit Suppe versorgte. Hätte ich die Suppe kalt werden lassen, um zuerst die leerenTeller abzutragen, hätte Franziska auch gemeckert.
Ausgerechnetan dem Abend musste mir ein Bierkrug aus der Hand rutschen! Er blieb zwar zumGlück heil, aber dennoch brachte dies das Fass zum Überlaufen. Wie eine Furieschoss Franziska aus der Küche und gab mir vor allen Gästen eine Ohrfeige. Ichsei zu dumm für die einfachsten Arbeiten und nur eine Lastfür die Familie. Allehaben es mitbekommen - die Gäste, Zacharias ... Ich habe dagestanden wie derdümmste Tölpel. Nur mit grösster Mühe gelang es mir, meine Tränenzurückzuhalten. Doch obwohl ich am ganzen Leib vor Wut und Scham zitterte, gingich hoch erhobenen Hauptes an Franziska vorbei und fuhr mit meiner Arbeit fort,als wäre nichts gewesen. Das hatte sie nicht erwartet! Aus dem Augenwinkel sahich ihre verwirrte Miene. Am Ende trollte sie sich wieder in die Küche. Und imnächsten Moment konnte man hören, wie sie dort Simone und Anton anfuhr.
Ich habes mir zwar nicht anmerken lassen, aber den Spass an meinem neuen Kleid hattesie mir gründlich verdorben ...
»Gräm dichnicht!« Unbeholfen strich Simone Rosanna über die Wange. Dann begann sieRosannas Haare zu bürsten. Wie jeden Abend hatte sie dafür ihre eigene Bürstegeholt. Gesponnenes Gold, nannte sie Rosannas Haar im Stillen. Und Engelshaar.Normalerweise erzählte Rosanna Geschichten aus der Wirtsstube oder von ihrenBesuchen beim Grossvater, während sich Simone mit andächtigem Glanz in den Augenhingebungsvoll Rosannas Haaren widmete. Doch heute sass Rosanna stummund zusammengesunken auf der harten Kante ihres Bettes in Kathis ehemaligerKammer. Simone gab sich Mühe, die Bürstenstriche so sanft wie möglich zu führen- sie wusste, worunter ihre Freundin litt!
Rosanna hätte Simone am liebsten weggeschickt. Dass Franziskasie vor allen Gästen und vor Zacharias dermassen abgekanzelt hatte, frass an ihrwie eine gierige Ratte. Warum nur? Was hatte sie denn getan? Ihr Blick fiel aufdie beiden neuen Kleidungsstücke, die sie achtlos zu Boden geworfen hatte. Sie drehtesich zu Simone um.
»Gönnt sie mir die Sachen nicht? Ist es das? Die Stoffelagern doch schon mindestens seit zehn Jahren da oben im Schrank! Wenn ihr Herzdaran hängt, warum hat sie ihren Vater dann nicht längst darum gebeten? Erhätte sie ihr bestimmt gegeben.« Rosanna spürte Tränen aufsteigen. Verflixt,sie wollte doch nicht weinen!
Simone zuckte mit den Schultern. »Manchmal kann sich Mutterselbst nicht leiden, glaube ich.« Sie hielt in ihrer Bewegung inne. »Und siemacht sich Sorgen um den Vater ...«
Heute hatte ihr Vater so laut in seiner Kammer geschrien, dassman ihn bis in die Küche hören konnte. Es ging um einen Sturm, einherabfallendes Dach und um Zwerge, die Wäsche klauten ... lauter wirres,unzusammenhängendes Zeug. Alle hatten so getan, als würden sie es nichtmitbekommen. Aber es war ihnen inzwischen klar, dass das gebrochene Bein nichtder schlimmste Schaden war, den der Unfall beim »Fuchsen«-Wirt verursachthatte. Der Doktor konnte sich nach wie vor keinen Reim auf die sonderbarenAnfälle machen. Sollten sie sich nicht bald verflüchtigen, sei es ratsam,Gustav einmal bei einem Spezialisten in Freiburg untersuchen zu lassen, hatteer bei seinem letzten Besuch gemurmelt.
Rosanna runzelte die Stirn. Vielleicht war Franziskawirklich ausser sich vor Sorge um ihren Mann. Aber warum musste dann ausgerechnetsie als Sündenbock herhalten?
»Deinem Vater ging es heute auch nicht schlechter als in denletzten Tagen«, erwiderte sie hart. »Nein, nein, es ist etwas anderes ... Mankönnte fast meinen, deine Mutter ist eifersüchtig darauf, dass ich mich mitdem Grossvater so gut verstehe!« Bei den letzten Worten war sie laut geworden.Dann erinnerte sie sich daran, dass die Schlafkammer der Wirtsleute nur drei Türenentfernt lag, und fuhr leiser fort:
»Ob es ihr lieber wäre, der Alte würde sich jede Woche mit miranlegen, so wie er es mit Kathi getan hat? Ich kann doch auch nichts dafür,dass er mich mag! Vielleicht liegt es daran, dass ich ihn gar nicht soschrecklich finde wie ihr. Er ist eigensinnig, aber ansonsten ein wirklichnetter Mann.«
»Die Sache mit dem Kleid finde ich auch sehr freundlich von ihm.Trotzdem ... mir ist der Grossvater unheimlich. Ich bin froh, dass er von mirnichts wissen will!« Ihre letzten Worte kamen recht spröde aus ihrem Mund.
Rosanna seufzte. Sie wusste an diesem Tag nichts Aufmunterndeszu sagen. Sie nahm Simone die Bürste aus der Hand und schob das Mädchen mitsanftem Druck in Richtung Tür. »Heute lassen wir das Zopfflechten einmalausfallen. Sei mir nicht böse, aber ich möchte jetzt schlafen.«
© 2003 by Ullstein Heyne ListGmbH & Co. KG, München
Interview mitPetra Durst-Benning
In "Antonias Wille" bekommt diejunge Julie einen Berghof im Schwarzwald geschenkt. Doch als Bedingung derSchenkung soll sie Licht ins Dunkel der dramatischen Ereignisse bringen, diesich dort einmal abgespielt haben. Wirken Julies Nachforschungen dabei als eineArt "Reinigung" für diesen Ort?
Wenn sie auf eine Art spirituelle Reinigung ansprechen, sohat Julie damit nichts am Hut. Sie spürt, dass in dem alten Haus einstmals dieLiebe geherrscht hat durch Rosanna, die schöne Hotelwirtin. Diese Liebe möchtesie wieder ins Leben rufen. Am Ende des Buches, als sie in dem alten Gebäudeihr Künstlerhotel eröffnet, enthüllt sie ein Gemälde von Rosanna, unter demfolgende Inschrift zu finden ist "Tempus fugit, amor manet" - Die Zeit vergeht,die Liebe bleibt.
Julie erhält den Berghof ganzunerwartet, von einer entfernten Verwandten. Von solch einem Ereignis träumendie meisten von uns vergeblich. Was würden Sie sich wünschen, dürfte einähnlicher Traum für Sie in Erfüllung gehen?
Ich habe keine Träume in dieser Richtung, da ich meinenTraum schon lebe: Das Schreiben und die Kreativität, die damit verbunden ist,erfüllen mir all meine Träume. So kann ich mir lediglich wünschen, gesund zubleiben, um noch viele Jahre meinen Lebenstraum weiterhin ausleben zu dürfen.
Ihr neuer Roman "Die Samenhändlerin"spielt im 19. Jahrhundert in Gönningen, einem auf Samenhandel spezialisiertenOrt am Fusse der Schwäbischen Alb. Was an diesem Ort hat Sie besondersfasziniert?
Für meine Geschichten suche ich mir nie die grossenSchauplätze dieser Welt aus. Vielmehr habe ich eine Liebe entwickelt zu kleinenOrten, die auf den ersten Blick unscheinbar wirken, die aber, wenn man genauerhinschaut, Besonderheiten haben, eine eigene Geschichte erzählen und damit oftsogar "die grosse, weite Welt" beeinflusst haben. Gönningen war 300 Jahre langdas Dorf der Samenhändler, mit ihren Sämereien bereisten sie die ganze Welt.Sie kamen bis nach Russland und Amerika, auf ihr Saatgut waren die Menschen infrüheren Zeiten angewiesen, und ihr Besuch wurde von ihren Kunden alljährlichherbeigesehnt.
Hannah und Seraphine, dieProtagonistinnen des Buches, sind sehr verschieden in ihrer Art. Würden Siesagen, Seraphine trägt die Hauptschuld am Konflikt zwischen den beiden? Gibt esda eine "Gute" und eine "Böse"?
Ich versuche stets, meine Figuren nie als eindimensionalePappkameraden nach dem Schema "Gut" und "Böse" ins Leben zu rufen. Vielmehrmöchte ich Hauptpersonen mit Ecken und Kanten, an denen der Leser sich reibenkann, mit denen er fühlt, über die er sich aber auch einmal ärgern muss.
Sie schreiben, dass einZeitungsartikel, ein antiquarisches Stück Sie auf ein Thema bringen können. Wieentwickeln Sie daraus eine Geschichte? Wie entstehen Ihre Bücher?
Die Ideen laufen mir tatsächlich im Alltag über den Weg.Wenn mich ein Thema dann fesselt, kommt die Recherche. Und meist entdecke ichdabei so spannende kleine Geschichten, Anekdoten und historische Figuren, dasssich daraus die Geschichte fast wie von selbst entwickelt. Aber erst, wenn ichdiese von A bis Z im Kopf habe, beginne ich mit der tatsächlichenSchreibarbeit.
Ihre Romane handeln meist von Frauen und erzählen vonderen Leben in vergangenen Zeiten. Gibt es eine Zeit ausser der Gegenwart, inder Sie selber gern gelebt hätten?
Hier mussich auf die gleiche Art und Weise antworten wie bei der Frage nach den Träumen:Ich geniesse es, im Hier und Jetzt zu leben und kann mir keine schönere Zeitvorstellen!
Die Fragen stellte Ulrike Künnecke,Literaturtest.
- Autor: Petra Durst-Benning
- 2005, 6. Aufl., 478 Seiten, Masse: 11,5 x 18 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Ullstein TB
- ISBN-10: 3548259898
- ISBN-13: 9783548259895
- Erscheinungsdatum: 15.02.2005
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
5 von 5 Sternen
5 Sterne 2Schreiben Sie einen Kommentar zu "Antonias Wille".
Kommentar verfassen