Sonderausgaben die Anderen Bibliothek / Ansichten der Kordilleren und Monumente der eingeborenen Völker Amerikas
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Ansichten der Kordilleren und Monumente der eingeborenenVölker Amerikas von Alexander von Humboldt
LESEPROBE
Quindío-Pass, in der Kordillere der Anden
Im Königreich Neu-Granada,von 2° 30_ bis 5° 15_ nördlicher Breite, ist die Kordillereder Anden in drei parallele Ketten geteilt, von denen nur die beiden seitlichenin sehr hohen Lagen mit Sandstein und anderen sekundären Formationen bedecktsind. Die östliche Kette trennt das Tal des Magdalenen-Flusses von denEbenen des Río Meta. Auf ihrem westlichen Abhang befinden sich die natürlichenBrücken von Icononzo. Ihre höchsten Gipfel sind der Páramo von Sumapaz undder von Chingasa. Von ihnen erhebt sich keiner bis in die Region desewigen Schnees. Die Zentralkette scheidet die Gewässer zwischen demBecken des Magdalenen- Flusses und dem des Río Cauca. Sie erreicht oft dieGrenze des ewigen Schnees; mit den kolossalen Gipfeln des Guanacas, des Barragánund des Quindió übersteigt sie diese bei weitem. Bei Sonnenaufgangund -untergang bietet die Zentralkette den Bewohnern von Santa Fe ein herrlichesSchauspiel; sie erinnert, in weit imposanteren Dimensionen, an den Anblick derSchweizer Alpen. Die westliche Kette der Anden trennt das Cauca-Tal vonder Provinz Chocó und den Küsten der Südsee. Ihre Höhe beträgt kaumfünfzehnhundert Meter; zwischen den Quellen des Río Atrato und denen des RíoSan Juan senkt sie sich so weit, dass es schwierig ist, ihre Verlängerung zurLandenge von Panama hin zu verfolgen. Diese drei Gebirgsketten verschmelzen imNorden bei 6° bis 7° nördlicher Breite. Südlich von Popayán, in der ProvinzPasto, bilden sie ein einziges Massiv. Im übrigen darf man sie nicht mit dervon Bouguer und La Condamine beobachteten Teilung der Kordilleren im KönigreichQuito verwechseln, vom Äquator bis zu 2° südlicher Breite.
Die Stadt Santa Fe de Bogotá liegt westlich desPáramo von Chingasa auf einem Plateau von zweitausendsechshundertfünfzigMetern absoluter Höhe, das sich auf dem Rücken der östlichen Kordillere erstreckt.Aufgrund der besonderen Gestalt der Anden muss man, um von Santa Fe nach Popayánund an die Ufer des Cauca zu gelangen, von der östlichen Kette hinabsteigen,sei es über die Mesa und Tocayma, sei es über die natürlichenBrücken von Icononzo, dann das Tal des Magdalenen-Flusses durchquerenund die Zentralkette passieren. Der am meisten benutzte Übergang ist derüber den Páramo de Guanacas, den Bouguer bei seiner Rückkehr von Quitonach Cartagena de Indias beschrieben hat. Auf diesem Weg überquert der Reisendeden Kamm der Zentralkordillere an einem einzigen Tag und mitten durch bewohntesLand. Dem Weg über den Guanacas haben wir denjenigen über das Quindío oderQuindiu-Gebirge vorgezogen, zwischen den Städten Ibagué und Cartago. Aufder Tafel V ist der Eingang zu diesem Pass dargestellt. All diese geographischenDetails anzugeben erschien mir unerlässlich, um die Lage eines Ortes bekannterzu machen, den man auf den besten Karten von Mittelamerika, zum Beispiel dervon La Cruz, vergeblich suchen würde.
Das Quindío-Gebirge (Breite 4° 36_, Länge 5° 12_)wird als der beschwerlichste Pass der gesamten Kordillere der Anden angesehen.Der Weg führt durch einen dichten, gänzlich unbewohnten Wald, den man auch inder schönsten Jahreszeit nicht schneller als in zehn oder zwölf Tagendurchquert. Man findet dort keinerlei Hütte, keinerlei Lebensmittel; zu jederJahreszeit nehmen die Reisenden Vorräte für einen ganzen Monat mit, denn esgeschieht oft, dass sie sich durch die Schneeschmelze und das plötzlicheAnschwellen der Gebirgsflüsse derart abgeschnitten finden, dass sie weder aufder Seite von Cartago noch auf der von Ibagué hinabsteigen können. Der höchstePunkt des Weges, die Garita del Páramo, liegt dreitausendfünfhundert Meter überdem Spiegel des Ozeans. Da der Fuss des Berges zu den Ufern des Cauca hin nurneunhundertsechzig Meter hoch ist, erfreut man sich dort im allgemeinen einesmilden, gemässigten Klimas. Der Pfad, auf dem man die Kordillere überquert, istso schmal, dass seine Breite meist nur vier bis fünf Dezimeter beträgt;grösstenteils gleicht er einem durch den Fels gehauenen Gang unter freiemHimmel. In diesem Teil der Anden, wie fast überall sonst, ist das Gestein miteiner dicken Tonschicht überzogen. Die Fluten, die von den Bergen herabstürzen,haben Schluchten von sechs oder sieben Metern Tiefe gegraben. Der Weg führtdurch diese Schluchten voller Schlamm, deren Dunkelheitdurch die dichte Vegetation, die ihre Öffnung überwuchert,noch gesteigert wird. Die Ochsen, in diesen Landstrichen die üblichenLasttiere, passen nur mit Mühe durch diese Gänge hindurch, die bis zuzweitausend Meter lang sind. Hat man das Unglück, entgegenkommenden Lasttierenzu begegnen, bleibt keine andere Möglichkeit, ihnen auszuweichen, alsumzukehren oder die Erdwand der Schlucht hochzuklettern und sich an den Wurzelnfestzuhalten, die von der Erdoberfläche dort hinabreichen.
Beim Überqueren des Quindío-Gebirges im Oktober1801, zu Fuss und mit zwölf Ochsen im Gefolge, die unsere Instrumente undSammlungen trugen, haben wir sehr unter den beständigen Regenfällen gelitten,denen wir in den letzten drei oder vier Tagen, als wir den Westhang derKordillere hinabstiegen, ausgesetzt waren. Der Weg führt durch ein sumpfiges,mit Bambus bewachsenes Land. Die Stacheln, mit denen die Wurzeln diesergigantischen Grasgewächse bewehrt sind, hatten unsere Schuhe zerrissen, so dasswir gezwungen waren, wie alle Reisenden, die sich nicht auf Menschenrücken tragenlassen wollen, barfuss zu gehen. Dieser Umstand, die beständige Feuchtigkeit,die Länge des Weges, die Muskelkraft, die man braucht, um durch dicken,schlammigen Lehm zu wandern, die Notwendigkeit, tiefe und sehr kalteGebirgsbäche zu durchwaten, machen diese Reise zweifellos äusserst ermüdend;doch so beschwerlich sie auch sei, sie bietet keine der Gefahren, mit der dasschlichte Volk die Reisenden erschreckt. Der Pfad ist eng, doch die Stellen, woer an Abgründen entlangführt, sind sehr selten. Da die Ochsen immer indieselben Fussstapfen zu treten pflegen, bilden sich quer über den Weg lauterkleine Gräben, nur durch schmale Erdwälle getrennt. In der Zeit der starkenRegenfälle bleiben diese Erdwälle unter dem Wasser verborgen, und das Gehenwird für den Reisenden doppelt unsicher, denn er weiss nie, ob er den Fuss aufden Damm oder in den Graben setzt.
Da nur wenige wohlhabende Personen in diesenKlimaten gewohnt sind, fünfzehn oder zwanzig Tage in Folge und auf sobeschwerlichen Wegen zu Fuss zu gehen, lässt man sich von Menschen tragen, dieeinen Stuhl auf den Rücken gebunden haben. Man hört in diesem Lande denAusdruck auf Menschenrücken reisen (andar en carguero), wie man sonstsagt zu Pferde reisen. Dem Gewerbe des carguero haftet nichtsErniedrigendes an. Die Männer, die ihn ausüben, sind keine Indianer, sondernMestizen, bisweilen sogar Weisse. Oft ist man überrascht, mitten im Wald nackteMänner, die einem in unseren Augen so entehrenden Beruf nachgehen, streiten zuhören, weil einer von ihnen einem anderen, der eineweissere Haut zu haben behauptet, die hochtrabenden Titel Don oder Su Mercedverweigert hat. Die cargueros tragen gewöhnlich sechs bis sieben arrobas(fünfundsiebzig bis achtundachtzig Kilogramm); die kräftigsten laden sichbis zu neun arrobas auf. Bedenkt man die ungeheure Anstrengung, welchediese Unglücklichen auf sich nehmen, wenn sie acht oder neun Stunden täglichüber bergiges Land marschieren; weiss man, dass ihr Rücken manchmal geschunden istwie der von Lasttieren, und dass die Reisenden oft so grausam sind, sie im Waldzurückzulassen, wenn sie krank werden; bedenkt man überdies, dass sie für eineReise von Ibagué nach Cartago, die fünfzehn, manchmal sogar fünfundzwanzig oderdreissig Tagen, braucht, nur 12 bis 14 Piaster (60 bis 70 Franc) verdienen, sovermag man kaum zu begreifen, wie dieser Beruf des carguero, einer dermühseligsten überhaupt, von all den kräftigen jungen Männern, die am Fuss dieserBerge leben, freiwillig ergriffen werden kann. Der Geschmack an einem unsteten,vagabundierenden Leben, die Vorstellung einer gewissen Unabhängigkeit inmittender Wälder lassen sie diese mühselige Arbeit dem sesshaften und eintönigenDasein in den Städten vorziehen.
© Eichborn Verlag
Interview mit Franz Greno, Mitbegründer der Anderen Bibliothek
Herr Greno,erst einmal herzlichen Glückwunsch zu 20 Jahren Anderer Bibliothek! Was verbindet eigentlich Diderot, W.G. Sebald,Irene Dische und Alexander von Humboldt? Nach welchenKriterien wählen Sie und H.M. Enzensberger Ihre Autoren aus?
Alle genannten sind mit ihrem schriftstellerischen Wirken innovativ. EnzensbergersVorbild Diderot, das faszinierende Feld der Aufklärung und die Absicht,Menschen mit Büchern nicht zu langweilen, kennzeichnen die Arbeit desHerausgebers der Anderen Bibliothek. Mit jetzt bald 75 ist Enzensbergergeistig frischer denn je.
Unsere gemeinsame Arbeit an der Anderen Bibliothek - die Arbeitmit den Inhalten, den Autoren und der spielerische Charakter der ganzen Operation-, ein unverändertes Festhalten an den immer noch gültigen Kriterien dafür, wieein anspruchsvolles Buch dem Leser gegenübertritt, und ab und zu ein grössererErfolg: Dies sind nur einige der Punkte, die zu unserem Programm führen - und vorallem auch immer wieder: Überraschungen und geistiger Vorrat.
2004 nun ist Humboldt-Jahr. Siestellen den Universalgelehrten aus Berlin mit gleich drei wunderschönenAusgaben vor: "Kosmos","Ansichten der Kordilleren" und "Ansichten der Natur".Taugt der "praktische Gelehrte" Humboldt, für den eineWeltanschauung zu haben voraussetzt, die Welt anzuschauen, als Vorbild fürunsere Zeit?
Das Leben und das Werk Alexander von Humboldts sind an Reichtum kaum zuüberbieten. Weltweit wird sein Name heute noch mit Anerkennung und Zuneigungausgesprochen. Der merkwürdige Umstand, dass uns eine grosse Zahl wichtigerPersönlichkeiten vor allem aus Wissenschaft und Kultur seinen bedeutenden Rangbestätigt haben, dann eine Verdrängungsgeschichte in Deutschland in den letztenHundert Jahren und nicht zuletzt die gegenwärtige gesellschaftliche Skepsishaben bei uns nach mehrfacher Lektüre den Entschluss reifen lassen, dass wiretwas für die wichtigsten Werke Alexander von Humboldts tun wollen. 20 Jahre AndereBibliothek, der 75. Geburtstag von Hans Magnus Enzensberger am 11.11. - dieChance, eine deutsche Erstausgabe von Humboldts bedeutendster Reise nachLateinamerika zu bringen, das unglaublich frische Lebenswerk "Kosmos", und dazu das Lieblingsbuch von Humboldt: "Ansichten der Natur". Weitergibt es ein Humboldt-Magazin und ein Humboldt-Portal (www.humboldt-portal.de), beides verbundenmit viel Arbeit und Begeisterung für unser Humboldt-Projekt. Unsere gemeinsameBitte, Humboldt auf die Tagesordnung 2004 zu setzen, wurde erhört. Humboldt istnun wieder in aller Munde und wird durch seine Inhalte ganz jungen MenschenVorbild sein. Für Ältere ist es eine ebenso faszinierende Welt, die nun jedermannund jede Frau entdecken kann.
Was hat Sie ganz persönlichfasziniert an Humboldt und seinem Schaffen?
Der übergrosse Mut, die unglaubliche Kraft, der Respekt vorsämtlichen frühen und anderen Kulturen - sein heute noch hell blitzender Geistverbunden mit einer Sprache, die wir leider vor allem im Bezug auf schwerverständliche populärwissenschaftliche Inhalte verloren haben. Und dann diegrosse Kunst, die richtigen Fragen zu stellen und seine Leser zu faszinieren.
Wie erklären Sie sich den medialenErfolg, den Sie mit den Humboldt-Ausgaben feiern konnten? Ansichten der Natur ist ja zum Beispiel "nur" dieNeuausgabe des Bandes 17 Ihrer Reihe.
Enzensberger und die Andere Bibliothek haben scheinbar Glückgehabt. Als Humboldt im Schein des Kometen Messier inBerlin geboren wurde -seine hugenottische Mutter hatte den schönenprogrammatischen Namen Colombe - waren die Prognosenfür die Vita das kleinen Alexander nicht so rosig. Er hat, wie nun auch wir,die Zweifler und Unentschlossenen, dieses "man sollte...", "vielleicht,aber...", "man müsste..." durch den grossartigen Erfolg des Humboldt-Projekteswiderlegt. Und vielleicht leuchtet der Komet, der Leitstern und das Symbol der AnderenBibliothek noch einige Jährchen.
Ist ein neuer Coup in Planung? Oderanders gefragt: Wen würden Sie gern noch aus der Vergangenheit in unsere Zeitholen?
Die Liebe zu Büchern und ihren Verfassern wird es nochlange geben - und Humboldts Lebensmotto "con amore"in Verbindung mit unserer Grundaussage "Wir drucken nur Bücher, die wir selbergerne lesen möchten" mögen hier ausreichen - die Schatzkammern der Bücherweltsind immer noch reich gefüllt, und Menschen, die lesen und empfinden können,werden dort noch lange gern gesehene Gäste sein.
Die Fragen stellte Mathias Voigt,literaturtest.de.
- Autor: Alexander von Humboldt
- 2004, 1. Auflage, 69 farbige Abbildungen, mit Abbildungen, Masse: 22,5 x 31,2 cm, Gebunden, Deutsch
- Herausgegeben: Oliver Lubrich, Ottmar Ette
- Übersetzer: Claudia Kalscheuer
- Verlag: AB - Die Andere Bibliothek
- ISBN-10: 3821845384
- ISBN-13: 9783821845388
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