LASS DAS GEHEN
Eine jüdische Familiengeschichte im Spiegel des 19. und 20. Jahrhunderts
"Lass das gehen, das ist vorbei!", pflegten Wilhelm und Sabine Merl zu erwidern, wenn man sie auf die Jahre des Nationalsozialismus und Holocausts in Wien ansprach. Jene Jahre, in denen sie als Juden von Verfolgung und Deportation bedroht waren. Durch ihr...
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Produktinformationen zu „LASS DAS GEHEN “
Klappentext zu „LASS DAS GEHEN “
"Lass das gehen, das ist vorbei!", pflegten Wilhelm und Sabine Merl zu erwidern, wenn man sie auf die Jahre des Nationalsozialismus und Holocausts in Wien ansprach. Jene Jahre, in denen sie als Juden von Verfolgung und Deportation bedroht waren. Durch ihr Schweigen geriet viel Wissen über die eigene Herkunft und Geschichte in Vergessenheit. Ihr Urenkel Pascal Merl hat in jahrelangen Recherchen die Geschichte der Familien seiner Urgrosseltern zusammengetragen: von den Anfängen in den 1870er-Jahren im Armenhaus der österreichisch-ungarischen Monarchie über den Ersten Weltkrieg und die Zwischenkriegszeit in der Ersten Republik bis zum Holocaust und dem Neuanfang ihrer Nachkommen.
Mit Lesebändchen
Lese-Probe zu „LASS DAS GEHEN “
Vorwort Es gibt ein einziges Foto von meinen jüdischen Urgrosseltern Wilhelm und Sabine Merl und mir. Es muss im Frühling 1991 aufgenommen worden sein, da wir uns in ihrem Gartenhaus, das Teil eines Kleingartenvereins im 18. Wiener Gemeindebezirk ist, aufhalten, in dem sie oft die warmen Frühlings- und Sommertage verbrachten. Auf dem Foto sitze ich auf dem Schoss meines schon sehr gebrechlich wirkenden Urgrossvaters Willi, wie er meist genannt wurde. Meine Urgrossmutter, die seit ihrer Jugend gerne mit Sonja angesprochen werden wollte, sitzt im leicht dunklen Hintergrund. Mit zunehmendem Alter lehnte sie es ab, fotografiert zu werden, was sich in ihrem ernsten Gesichtsausdruck äussert. Meine Mutter Gerlinde täuschte vor, nur meinen Urgrossvater und mich abzulichten, rückte aber beim Fotografieren auch meine Urgrossmutter mit ins Bild. So entstand dieses einzige Foto meiner Urgrosseltern mit mir, ihrem damals knapp einem Jahr alten Urenkel, dem letzten, den sie noch vor ihrem Tod im Winter 1992 kennenlernten.22 Jahre nach der Aufnahme studierte ich Lehramt und schrieb in meiner Bachelorarbeit über die Kindheit meines Grossvaters Harry Merl während des Zweiten Weltkriegs. Als ich einmal dieses Foto im Familienalbum betrachtete, wurde ich nachdenklich. Mir wurde bewusst, dass ich innerhalb dieser 22 Jahre wenig über die Familiengeschichte erfahren hatte. Was war mir bekannt? Ich wusste, dass die Vorfahren meines Grossvaters aus einem Gebiet, das heute zur Ukraine gehört, stammten, obwohl sie Polnisch sprachen. Auch wusste ich, dass es einen Grossvater gab, der während des Krieges anstatt auf feindliche russische Soldaten in die Luft gefeuert hatte. Und natürlich kannte ich einige Erzählungen meines Grossvaters aus seiner Kindheit während der NS-Zeit in Wien. Einmal erzählte er sie meinen Geschwistern und mir, als ich ungefähr zehn Jahre alt war. Schlagwörter wie ausgeräumte Wohnungen, gelieferte Kohlen und Versteck im Keller blieben mir von seiner Erzählung in Erinnerung. Im Zuge
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seiner aktiven Auseinandersetzung mit seiner Vergangenheit führte er im April 2001 unsere Familie zu den Schauplätzen seiner Kindheit im Wien der 30er- und 40er-Jahre. Obwohl mich seine Erzählungen interessierten, wusste ich damals noch zu wenig über die jüdische Geschichte Österreichs und den Zweiten Weltkrieg, um seinen Erzählungen folgen zu können. In den späten 90er-Jahren, als meine Grosseltern mit meinem Bruder, zwei meiner Cousins und mir oft eine Sommerferienwoche in Kärnten verbrachten, las uns mein Grossvater am Abend vor dem Einschlafen gerne die Geschichten von Doktor Dolittle vor. Doktor John Dolittle ist die Hauptfigur der Kinderbücher des englischen Schriftstellers Hugh Lofting, der während des Ersten Weltkriegs in den Schützengräben der Westfront die Geschichten schrieb, als er als Leutnant in der britischen Armee diente. Dolittle ist ein freundlicher Arzt, der in der fiktiven englischen Ortschaft Puddleby-on-the-Marsh lebt und die Sprache der Tiere spricht. Einige Jahre später schenkte mir mein Grossvater eine Ausgabe von Doktor Dolittle und seine Tiere. Ich besuchte damals bereits die dritte Klasse Gymnasium und war mir beim Lesen nicht ganz sicher, ob die Geschichten des Doktors und seiner Abenteuer mit dem Papagei Polynesia, der Ente Dab-Dab und dem Schwein Göb-Göb für mein Alter nicht doch etwas zu kindlich waren. Letztendlich las ich das Buch fertig, vielleicht auch ein wenig aus Loyalität zu meinem Grossvater, dem es ein Anliegen war, dass der Enkel das Buch besitzen und lesen sollte. Ich hatte keine Ahnung, welche Bedeutung Doktor Dolittle für ihn in seiner Kindheit gehabt hatte. Ohne mir bewusst zu sein, hatte sich mit dem Buch eine prägende Geschichte meines Grossvaters in meinem Bücherregal eingefunden, in dem es noch immer steht. Auch als ich als Schüler etwas über den Nationalsozialismus und den Holocaust lernte, war mir nicht klar, dass diese Zeit viel mit meiner Familiengeschichte zu tun hatte. Als Zeitzeuge wurde einmal der Grossvate
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Inhaltsverzeichnis zu „LASS DAS GEHEN “
InhaltVorwort Ein uneheliches KindWien, 1895 Wie es zum Namen Merl kam Auf der Mazzesinsel Rückkehr nach Galizien Die Urkatastrophe Armut Familie Oster Erwachsenwerden und Familiengründung Lemberg, 1912 Flucht nach Wien Lwiw, 2021 Mamme und die fleissige Sonja Unter Verrückten und Narren In der Brigittenau "Anschluss" und Flucht Beim Women's Army Corps Die Ritchie Boys Flucht nach Lemberg NiskoIm Arbeitslager Abgeholt Möbelpacken für die Vugesta Eva DeportationTheresienstadt Auschwitz Gedenken Bleibe immer mein Fritz, ich bin ewig deine Pauline Der Schutz der "Mischehe" Gestorben. Im ehemaligen Ghetto Runter, nur runter Doktor Dolittle Das Kriegsende Besatzung Die gescheiterte Auswanderung in die USA Ein Diktator auf Droge Das Schicksal der Familie Oster Wiener Schnitzel in New Jersey Hier wird eine menschliche Tragödie offenbar gemacht Kalifornien Lass das gehen, das ist vorbei! Wien, 2022
Autoren-Porträt von Pascal Merl
Pascal Merl wurde 1990 in Freistadt geboren. Nach dem Abschluss des Gymnasiums studierte er Lehramt Englisch und Geschichte in Linz und schloss das Studium mit einer Arbeit über die Kindheit seines jüdischen Grossvaters im Wien der Zeit des Nationalsozialismus und Holocausts ab. Neben seiner Arbeit als Mittelschullehrer begleitete Pascal Merl in den vergangenen Jahren seinen Grossvater zu Vorträgen und Zeitzeugengesprächen an Schulen und setzt nun dessen Tätigkeit als Vertreter der dritten Generation fort.
Bibliographische Angaben
- Autor: Pascal Merl
- 2023, Neuausgabe, 460 Seiten, 88 Abbildungen, Masse: 15,3 x 21,6 cm, Gebunden, Deutsch
- Verlag: Verlag am Rande e.U.
- ISBN-10: 3903190586
- ISBN-13: 9783903190580
- Erscheinungsdatum: 10.07.2023
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