Das Schicksal ist ein mieser Verräter
Ausgezeichnet mit dem Buxtehuder Bullen 2012 und dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2013, Kategorie Preis der Jugendliche
John Greens mehrfach ausgezeichneter Bestseller „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ ab Juni 2014 im Kino – jetzt als preiswertes Taschenbuch!
Hazel ist 16 und hat Krebs. Mitleid will sie deswegen auf keinen...
Hazel ist 16 und hat Krebs. Mitleid will sie deswegen auf keinen...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Das Schicksal ist ein mieser Verräter “
John Greens mehrfach ausgezeichneter Bestseller „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ ab Juni 2014 im Kino – jetzt als preiswertes Taschenbuch!
Hazel ist 16 und hat Krebs. Mitleid will sie deswegen auf keinen Fall und mit Selbsthilfegruppen kann sie auch nicht viel anfangen. Bis sie in einer Gruppe auf Gus trifft. Gus ist anders, intelligent, gut aussehend und schlagfertig und er geht offensiv mit seiner Krankheit um. Hazel und Gus diskutieren Bücher, hören Musik, sehen Filme und verlieben sich ineinander - trotz ihrer Handicaps und Unerfahrenheit. Und Gus macht Hazels großen Traum wahr: Gemeinsam fliegen sie nach Amsterdam, um dort Peter Van Houten zu treffen, den Autor von Hazels absolutem Lieblingsbuch. Doch die Reise wird ganz anders als erwartet…
„Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ ist der 4. Roman von John Green, wurde schon vor Erscheinen in den USA ein Bestseller und schoss gleich in der ersten Verkaufswoche auf Platz 1 der New-York-Times-Bestenliste für Kinder- und Jugendliteratur. Grund dafür kann sein, dass „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ ein Roman ist, der so ganz anders daherkommt: tiefgründig und emotional, skurril, traurig und lustig, aber auch neuartig frech – ein Jugendbuch, das sich in nie dagewesener Art mit Krankheit, Liebe und Tod beschäftigt. „John Green ist kein Jugendbuchautor. Er ist ein kultisch verehrter Literaturstar. Ein Phänomen. Er versteht Jugendliche und sie lieben ihn dafür. John Green hat uns eines der bewegendsten Liebespaare der Literatur geschenkt.“ NDR Kulturjournal, 18.09.12
Im Juni 2014 kommt die Verfilmung von „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ von Josh Boone in die deutschen Kinos. Shailene Woodley übernimmt die Rolle der Hazel, Ansel Elgort spielt Gus und Willem Dafoe ist als Peter Van Houten zu sehen.
Jetzt neu: "Das Schicksal ist ein mieser Verräter als Taschenbuch" – bestellen Sie den Bestseller von John Green jetzt online bei uns und Sie erhalten ihn portofrei ins Haus geliefert.
Hazel ist 16 und hat Krebs. Mitleid will sie deswegen auf keinen Fall und mit Selbsthilfegruppen kann sie auch nicht viel anfangen. Bis sie in einer Gruppe auf Gus trifft. Gus ist anders, intelligent, gut aussehend und schlagfertig und er geht offensiv mit seiner Krankheit um. Hazel und Gus diskutieren Bücher, hören Musik, sehen Filme und verlieben sich ineinander - trotz ihrer Handicaps und Unerfahrenheit. Und Gus macht Hazels großen Traum wahr: Gemeinsam fliegen sie nach Amsterdam, um dort Peter Van Houten zu treffen, den Autor von Hazels absolutem Lieblingsbuch. Doch die Reise wird ganz anders als erwartet…
„Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ ist der 4. Roman von John Green, wurde schon vor Erscheinen in den USA ein Bestseller und schoss gleich in der ersten Verkaufswoche auf Platz 1 der New-York-Times-Bestenliste für Kinder- und Jugendliteratur. Grund dafür kann sein, dass „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ ein Roman ist, der so ganz anders daherkommt: tiefgründig und emotional, skurril, traurig und lustig, aber auch neuartig frech – ein Jugendbuch, das sich in nie dagewesener Art mit Krankheit, Liebe und Tod beschäftigt. „John Green ist kein Jugendbuchautor. Er ist ein kultisch verehrter Literaturstar. Ein Phänomen. Er versteht Jugendliche und sie lieben ihn dafür. John Green hat uns eines der bewegendsten Liebespaare der Literatur geschenkt.“ NDR Kulturjournal, 18.09.12
Im Juni 2014 kommt die Verfilmung von „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“ von Josh Boone in die deutschen Kinos. Shailene Woodley übernimmt die Rolle der Hazel, Ansel Elgort spielt Gus und Willem Dafoe ist als Peter Van Houten zu sehen.
Jetzt neu: "Das Schicksal ist ein mieser Verräter als Taschenbuch" – bestellen Sie den Bestseller von John Green jetzt online bei uns und Sie erhalten ihn portofrei ins Haus geliefert.
Klappentext zu „Das Schicksal ist ein mieser Verräter “
Hazel Grace und Augustus lernen sich in einer Selbsthilfegruppe für Krebspatienten kennen. Was hier beginnt, ist eine der ergreifendsten und schönsten Liebesgeschichten der Literatur.
Lese-Probe zu „Das Schicksal ist ein mieser Verräter “
Das Schicksal ist ein mieser Verräter von John Green Aus dem Englischen von Sophie Zeitz
»Ich hab dich lieb«, sagte Mom, als ich endlich ausstieg.
»Ich dich auch, Mom. Bis sechs.«
»Lern Leute kennen!«, rief sie durchs runtergelassene Fenster hinter mir her.
... mehr
Ich wollte nicht mit dem Fahrstuhl fahren, weil der Fahrstuhl in der Selbsthilfegruppe so was Letztes- Stündlein-Mäßiges an sich hatte, also ging ich zu Fuß die Treppe runter. Dann nahm ich mir einen Keks, schenkte mir Limonade in einen Plastikbecher und drehte mich um.
Ein Junge starrte mich an.
Ich war mir ziemlich sicher, dass ich ihn noch nie gesehen hatte. Er war groß und schlaksig, sodass der kleine weiße Plastikstuhl der Sonntagsschule wie ein Zwergenstühlchen unter ihm wirkte. Sein Haar war kastanienbraun, glatt und kurz. Er war vielleicht so alt wie ich oder ein Jahr älter und saß mit provozierend schlechter Haltung da, Hintern an der Stuhlkante, eine Hand in der Tasche seiner dunklen Jeans.
Ich wandte den Blick ab, während mir mit einem Mal all meine tausend Schwächen bewusst wurden. Die alten Jeans, die ich trug, waren mal eng gewesen, aber jetzt flatterten sie an den falschen Stellen, und die Band auf meinem gelben T-Shirt fand ich schon lange nicht mehr gut. Und meine Haare: Ich hatte diesen Bubikopf, den man trägt, wenn man vorher eine Glatze hatte, und hatte mir nicht mal die Mühe gemacht, mich zu bürsten. Dazu kamen die grotesk aufgeblasenen Hamsterbacken, noch so eine Nebenwirkung der Behandlung. Ich sah aus wie ein normal gebauter Mensch mit einem Luftballon als Kopf. Von meinen geschwollenen Fesseln ganz zu schweigen. Trotzdem - als ich mich wieder umsah, klebte sein Blick immer noch an mir.
Zum ersten Mal verstand ich, warum es Augenkontakt hieß.
Ich ging in den Kreis und setzte mich neben Isaac, zwei Plätze von dem neuen Jungen entfernt.
Ich sah wieder in seine Richtung. Er beobachtete mich immer noch.
Also, ich sage es ganz offen: Der Typ war echt süß. Wenn man von einem nicht-süßen Jungen angestarrt wird, ist es im besten Fall peinlich und im schlimmsten Fall eine Form von Belästigung. Aber bei einem süßen Typen ... na ja.
Ich kramte mein Telefon heraus und sah auf die Uhr.
16:59. Der Kreis füllte sich mit den unglücklichen Zwölf- bis Achtzehnjährigen, und dann stimmte uns Patrick mit dem Gelassenheitsgebet ein: Gott, gib mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Der Junge beobachtete mich immer noch. Ich war kurz davor, rot zu werden.
Irgendwann beschloss ich, die richtige Strategie wäre zurückzustarren. Immerhin haben Jungs kein Monopol aufs Starren. Also sah ich ihn von oben bis unten an, während Patrick zum tausendsten Mal von seinen verlorenen Eiern redete, und bald starrten der Junge und ich um die Wette. Nach einer Weile musste er grinsen, und dann endlich sah er mit seinen blauen Augen weg. Als er mich wieder ansah, zog ich die Brauen hoch, um ihm zu zeigen, dass ich gewonnen hatte.
Er zuckte die Schultern. Patrick redete weiter, und irgendwann ging es mit dem Vorstellen los.
»Isaac, vielleicht möchtest du heute anfangen. Ich weiß, dass dir in der kommenden Woche eine große Herausforderung bevorsteht.«
»Okay«, sagte Isaac. »Ich heiße Isaac. Ich bin siebzehn. Am Montag werde ich operiert, und danach bin ich blind. Ich will mich nicht beschweren oder so, weil ich weiß, dass es viele von uns hier schlechter erwischt haben, aber, na ja, blind werden ist irgendwie scheiße. Aber meine Freundin ist eine große Hilfe. Und Freunde wie Augustus. « Er nickte dem Jungen zu, der jetzt einen Namen hatte. »Tja ... also«, fuhr Isaac fort. Er sah seine Hände an, die er zu einem Tipi gefaltet hatte. »Kann man nichts machen.«
»Wir sind für dich da, Isaac«, sagte Patrick. »Sagen wir es ihm, Leute.« Und dann sprachen wir alle im Chor: »Wir sind für dich da, Isaac.«
Der Nächste war Michael. Er war zwölf. Er hatte Leukämie. Er hatte immer schon Leukämie gehabt. Es ging ihm ganz gut. (Sagte er zumindest. Er hatte den Fahrstuhl genommen.)
Lida war sechzehn und hübsch genug, um die Blicke süßer Jungen auf sich zu ziehen. Sie war Stammgast - in der ewigen Remission einer Form von Blinddarmkrebs, von der ich vorher noch nie was gehört hatte. Wie jedes einzelne Mal, wenn ich hier war, erklärte sie, dass sie sich stark fühlte, was mir, der die Sauerstoffschläuche in der Nase kitzelten, ziemlich angeberisch vorkam.
Es stellten sich noch fünf andere vor, bevor er an die Reihe kam. Als er dran war, lächelte er ein bisschen. Seine Stimme war tief und rau und zum Umfallen sexy. »Ich heiße Augustus Waters«, sagte er. »Ich bin siebzehn. Vor anderthalb Jahren hatte ich den leichten Anflug eines Osteosarkoms, aber eigentlich bin ich heute nur hier, weil Isaac mich darum gebeten hat.«
»Und wie geht es dir heute?«, fragte Patrick.
»Oh, mir geht es toll.« Augustus Waters lächelte mit einem Mundwinkel. »Ich sitze in einer Achterbahn, auf der es immer nur aufwärts geht, mein Freund.«
Als ich dran war, sagte ich: »Ich heiße Hazel. Ich bin sechzehn. Schilddrüse mit Metastasen in der Lunge. Es geht mir ganz gut.«
Die Stunde verging schnell: Es wurde von Kämpfen berichtet, von gewonnenen Schlachten in Kriegen, die so gut wie verloren waren; es wurde von Hoffnung geredet; Familien wurden gepriesen und beschimpft; man war sich einig, dass Freunde es einfach nicht verstanden; Tränen wurden vergossen; tröstende Worte wurden gesprochen. Weder Augustus Waters noch ich sagten ein Wort, bis Patrick fragte: »Augustus, vielleicht möchtest du der Gruppe von deinen Ängsten erzählen?«
»Meine Ängste?«
»Ja.«
»Ich habe Angst vor dem Vergessen«, antwortete er, ohne zu zögern. »Ich fürchte das Vergessen wie der sprichwörtliche Blinde, der die Dunkelheit fürchtet.«
»Zu früh«, sagte Isaac und grinste.
»War das unsensibel?«, fragte Augustus. »Manchmal bin ich ziemlich blind für die Gefühle von anderen.«
Isaac lachte, doch Patrick hob mahnend den Finger. »Bitte, Augustus. Bleiben wir bei dir und deinen Kämpfen. Du hast gesagt, du fürchtest das Vergessen?«
»Ja«, sagte Augustus.
Patrick fiel nichts dazu ein. »Hm, möchte vielleicht jemand etwas sagen?«
Seit drei Jahren ging ich nicht mehr zur Schule. Meine besten Freunde waren meine Eltern. Mein drittbester Freund war ein Schriftsteller, der nicht einmal ahnte, dass ich existierte. Ich bin nicht der Typ, der sich dauernd meldet. Wenn irgendwo Freiwillige gesucht werden, ist meine bewährte Strategie, mich höflich im Hintergrund zu halten.
Doch dieses eine Mal beschloss ich, etwas zu sagen. Ich hob die Hand halb, und Patrick rief mich sofort auf, mit offenkundiger Freude: »Hazel!« Wahrscheinlich dachte er, dass ich mich endlich öffnete. Teil der Gruppe wurde.
Ich sah Augustus Waters an, der meinen Blick erwiderte. Seine Augen waren so blau, dass man fast durch sie hindurchsehen konnte.
»Es kommt die Zeit«, sagte ich, »da wir alle tot sind. Wir alle. Es kommt die Zeit, da es keine Menschen mehr gibt, die sich erinnern können, dass je irgendwer von uns existiert hat oder dass unsere Spezies je irgendwas geleistet hat. Dann ist keiner mehr da, der sich an Aristoteles oder Kleopatra erinnert und erst recht nicht an dich. Alles, was wir getan oder gebaut, geschrieben, gedacht oder entdeckt haben, alles wird vergessen sein, und all das hier« - ich machte eine allumfassende Geste - »hat keine Bedeutung mehr. Vielleicht kommt diese Zeit bald, vielleicht erst in Millionen von Jahren, aber selbst wenn wir den Kollaps unserer Sonne überleben sollten, überleben wir nicht für immer. Es gab eine Zeit, bevor die Organismen zu Bewusstsein kamen, und es wird eine Zeit danach geben. Und wenn es die Unausweichlichkeit des menschlichen Vergessens ist, die dir Angst macht, dann rate ich dir eins: Ignorier sie einfach. Das ist weiß Gott, was alle anderen machen.«
Das hatte ich von meinem oben erwähnten drittbesten Freund Peter Van Houten gelernt, dem öffentlichkeitsscheuen Autor des Romans Ein herrschaftliches Leiden, welches für mich einer Bibel am nächsten kam. Peter Van Houten war der einzige Mensch, der mir je begegnet war, der a) verstand, wie es sich anfühlt zu sterben, und b) nicht gestorben war.
Als ich fertig war, entstand eine lange Pause, und ich sah, wie sich ein Lächeln auf Augustus' Gesicht ausbreitete - nicht das kleine schiefe Lächeln des Jungen, der versuchte, sexy zu sein, während er mich anstarrte, sondern sein echtes Lächeln, zu groß für sein Gesicht. »Donnerwetter«, sagte Augustus leise. »Was für eine Frau.«
Den Rest der Stunde sprach keiner von uns. Am Ende mussten wir uns alle an den Händen nehmen, und Patrick sprach ein Gebet. »Herr Jesus Christus, als Krebspatienten haben wir uns hier in deinem Herzen versammelt, in deinem buchstäblichen Herzen. Du, und du allein, kennst uns, wie wir uns selbst kennen. Führe uns durch die Zeiten der Prüfungen zum Leben und zum Licht. Wir beten für Isaacs Augen, für Michaels und Jamies Blut, für Augustus' Knochen, für Hazels Lunge und für James' Luftröhre. Wir beten, dass du uns heilen mögest und dass wir deine Liebe spüren und deinen Frieden, der höher ist als alle Vernunft. Und wir erinnern uns im Herzen an die, die wir kannten und lieb hatten und die heim zu dir gegangen sind: Maria und Kade und Joseph und Haley und Abigail und Angelina und Taylor und Gabriel und ...«
Es war eine lange Liste. Auf der Welt gibt es eine Menge Tote. Und während Patrick die Liste von einem Hilfszettel ablas, weil sie zu lang war, um sie auswendig zu können, hatte ich die Augen geschlossen und versuchte, gebetsmäßige Gedanken zu haben, aber hauptsächlich dachte ich an den Tag, an dem mein Name auf der Liste landen würde, ganz am Ende der Liste, wenn keiner mehr zuhörte.
Als Patrick fertig war, sagten wir alle dieses dämliche Mantra im Chor - UNSER BESTES LEBEN HEUTE LEBEN -, und dann war die Stunde um. Augustus Waters stemmte sich aus seinem Stuhl und kam zu mir herüber. Sein Gang war so schief wie sein Lächeln. Er war viel größer als ich, doch er blieb ein paar Schritte vor mir stehen, damit ich mir nicht den Hals verrenken musste, um ihm in die Augen zu sehen. »Wie heißt du?«, fragte er.
»Hazel.«
»Nein, dein ganzer Name.«
»Hm. Hazel Grace Lancaster.«
Er wollte gerade etwas sagen, als Isaac dazukam. »Einen Moment«, sagte Augustus und hob den Finger, dann wandte er sich Isaac zu. »Es war noch schlimmer, als du gesagt hast.«
»Ich habe dich gewarnt, dass es deprimierend ist.«
»Warum gehst du überhaupt hin?«
»Keine Ahnung. Weil es irgendwie hilft?«
Augustus beugte sich vor, weil er dachte, ich könnte ihn nicht hören. »Ist sie auch immer dabei?« Isaacs Antwort hörte ich nicht, aber Augustus sagte darauf: »Aber hallo.« Dann legte er Isaac die Hände auf die Schultern und trat einen halben Schritt zurück. »Erzähl Hazel von der Klinik.«
Isaac hielt sich am Tisch mit den Keksen fest und richtete sein riesiges Auge auf mich. »Na ja, ich war heute Morgen in der Klinik und habe zu dem Chirurgen, der mich operiert, gesagt, ich wäre lieber taub als blind. Worauf er antwortete: ›Du kannst es dir nicht aussuchen‹, und ich habe gesagt: ›Ja, das ist mir klar. Ich wollte nur sagen, wenn ich die Wahl hätte, wäre ich lieber taub als blind, wobei mir klar ist, dass ich nicht die Wahl habe‹, und da hat er gesagt: ›Na, die gute Nachricht ist, du wirst nicht taub‹, und ich habe gesagt: ›Toll zu hören, dass man von Augenkrebs nicht taub wird. Es ist wirklich ein Segen, dass eine Koryphäe wie Sie sich dazu herablässt, mich zu operieren.‹«
»Klingt wie ein Spitzentyp«, sagte ich. »Ich werde versuchen, mir auch Augenkrebs zuzulegen, nur damit ich ihn kennenlernen kann.«
»Viel Glück. Na gut, ich muss los. Monica wartet auf mich. Ich muss sie viel ansehen die nächsten Tage.«
»Spielen wir morgen Modern Warfare?«, fragte Augustus.
»Auf jeden Fall.« Isaac drehte sich um und rannte die Treppe hoch, zwei Stufen auf einmal.
Jetzt wandte sich Augustus Waters wieder an mich. »Buchstäblich«, sagte er.
»Buchstäblich?«, fragte ich.
»Wir sind buchstäblich in Jesus' Herz«, sagte er. »Ich dachte, wir wären in einem Kirchenkeller, dabei sind wir buchstäblich in Jesus' Herz.«
»Jemand sollte Jesus Bescheid sagen«, gab ich zurück. »Ich meine, das muss doch gefährlich sein, lauter krebskranke Kinder im Herzen zu haben.«
»Ich würde es ihm selber sagen«, sagte Augustus, »nur stehe ich hier blöderweise mitten in seinem buchstäblichen Herzen, und wahrscheinlich würde er mich gar nicht hören.« Ich lachte. Er schüttelte den Kopf und sah mich nur an.
»Was ist?«, fragte ich.
»Nichts«, sagte er.
»Warum siehst du mich so an?«
Augustus lächelte halb. »Weil du schön bist. Ich sehe gerne schöne Menschen an, und vor einer Weile habe ich beschlossen, dass ich mir die einfachen Freuden des Lebens nicht mehr verkneifen werde.« Es folgte ein kurzes, peinliches Schweigen. Doch Augustus brach es tapfer. »Ich meine, erst recht in Anbetracht der Tatsache, die du so wunderbar ausgeführt hast, dass alles in Vergessen endet und so weiter.«
Ich räusperte mich oder seufzte oder atmete auf eine Art, die irgendwie gehüstelt klang, und sagte: »Ich bin nicht sch...«
»Du siehst aus wie die Millenniums-Natalie-Portman. Wie Natalie Portman in V wie Vendetta.«
»Nie gesehen«, sagte ich.
»Wirklich? Bildschönes Mädchen mit Kurzhaarschnitt und Abneigung gegen Obrigkeiten verliebt sich rettungslos in einen Jungen, der in Schwierigkeiten steckt. Deine Autobiografie, soweit ich es sehe.«
Er flirtete mit jeder Silbe. Und ehrlich gesagt fuhr ich voll darauf ab. Bis dahin hatte ich nicht gewusst, dass ich in der Lage war, auf Jungs abzufahren - jedenfalls nicht im richtigen Leben.
Ein jüngeres Mädchen kam an uns vorbei. »Na, wie geht's, Alisa?«, fragte er. Sie lächelte und murmelte: »Hallo, Augustus.« »Memorial-Kunden«, erklärte er mir. Das Memorial-Hospital war das große Forschungsklinikum. »Wo bist du?«
»Kinderkrankenhaus«, sagte ich mit unerwartet schwacher Stimme. Er nickte. Unser Gespräch schien beendet. »Na dann«, sagte ich und nickte vage in Richtung der Treppe, die aus Jesus' Buchstäblichem Herzen hinausführte. Ich kippte meinen Sauerstoffwagen auf die Räder und begann den Aufstieg. Er hinkte neben mir her. »Sehen wir uns beim nächsten Mal?«, fragte ich.
»Du solltest dir den Film ansehen«, sagte er. »V wie Vendetta.«
»Okay«, sagte ich. »Ich leihe ihn mir aus.«
»Nein. Mit mir. Bei uns zu Hause«, sagte er. »Jetzt.«
Ich blieb stehen. »Ich kenne dich kaum, Augustus Waters. Vielleicht bist du ein Axtmörder oder so was.«
Er nickte. »Das stimmt, Hazel Grace.« Er ging an mir vorbei. Die sehnigen Schultern füllten das grüne Polohemd aus, sein Rücken war gerade, und seine Schritte eierten nur leicht nach rechts, wenn er aufrecht und selbstbewusst mit dem Bein auftrat, das ich für eine Prothese hielt. Das Osteosarkom alias Knochenkrebs biss manchmal ein Stück von dir ab, um dich zu kosten. Dann, wenn du ihm schmeckst, holt es sich den Rest.
Ich ging hinterher, doch der Abstand wurde größer, weil ich so langsam war, denn Treppensteigen gehörte nicht zu den Lieblingsfächern meiner Lunge.
Und dann waren wir raus aus Jesus' Herzen und standen auf dem Parkplatz, die Frühlingsluft kühl, aber perfekt und das strahlende Licht des Spätnachmittags himmlisch in seiner Schmerzhaftigkeit.
Mom war noch nicht da, was ungewöhnlich war, weil Mom fast immer auf mich wartete. Als ich mich umsah, fiel mein Blick auf ein großes, gut gebautes braunhaariges Mädchen, das Isaac an die Kirchenmauer drückte und ziemlich aggressiv küsste. Sie standen so nah, dass ich das komische Schmatzen ihrer Münder hörte, und ich hörte, wie er murmelte: »Für immer« und sie »Für immer« antwortete.
Plötzlich stand Augustus neben mir und flüsterte: »Die beiden sind große Verfechter des öffentlichen Austauschs von Zärtlichkeiten.«
»Was soll das mit dem ›für immer‹?« Die Schlürfgeräusche wurden lauter.
»›Für immer‹ ist ihr großes Ding. Sie lieben sich für immer oder so was. Nach meiner konservativen Schätzung haben sie sich im letzten Jahr die Worte für immer circa eine Million Mal per SMS geschickt.«
Noch ein paar Wagen fuhren vor und holten Michael und Alisa ab. Dann waren nur noch Augustus und ich übrig, und wir beobachteten Isaac und Monica, die zur Sache gingen, als würden sie nicht an der Mauer eines Gotteshauses stehen. Er griff ihr durch die Bluse an die Brust und knetete sie mit regloser Handfläche und hektischen Fingern. Ich fragte mich, ob sich das gut anfühlte. Sah nicht so aus, aber ich beschloss, Isaac zu vergeben, weil er bald blind sein würde. Mögen sich die Sinne laben, solange noch Hunger ist oder so.
»Stell dir die letzte Fahrt zum Krankenhaus vor«, sagte ich leise. »Das letzte Mal, dass du je am Steuer sitzt.«
Ohne mich anzusehen, sagte Augustus: »Du machst mir die Vibes kaputt, Hazel Grace. Ich versuche hier den Anblick junger Liebe in ihrer wunderbaren Ungelenkigkeit zu genießen.«
»Ich glaube, er tut ihrem Busen weh«, sagte ich.
»Ja, schwer zu sagen, ob er sie erregen oder eine Brustuntersuchung durchführen will.« Dann griff sich Augustus Waters in die Tasche und zog ausgerechnet ein Päckchen Zigaretten heraus. Er klappte es auf und steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen.
»Ist das dein Ernst?«, fragte ich. »Findest du das cool? O Gott, du hast gerade alles kaputt gemacht.«
»Was alles?«, fragte er und sah mich an. Die Zigarette hing unangezündet im nicht lächelnden Winkel seines Mundes.
»Das alles, wo ein Typ, der weder unattraktiv noch unintelligent noch sonst irgendwie unakzeptabel ist, mich anstarrt und sich über den falschen Gebrauch von buchstäblich lustig macht und mich mit Schauspielerinnen vergleicht und fragt, ob ich einen Film mit ihm sehen will. Aber natürlich hat jeder Held eine Verfehlung, und deine ist, dass du, obwohl du schon mal KREBS gehabt hast, VERDAMMT NOCH MAL, einer Firma Geld dafür bezahlst, dass du NOCH MEHR KREBS KRIEGST. O Mann. Darf ich dir versichern, dass Nicht-atmen-Können RICHTIG SCHEISSE ist? Große Enttäuschung. Echt wahr.«
»Verfehlung?«, fragte er, die Zigarette immer noch zwischen den Lippen. Sein Kiefer war gespannt. Leider hatte er eine verdammt schöne Kieferpartie.
»Merkmal tragischer Helden«, murmelte ich und wandte mich ab. Ich ging zum Bordstein und ließ Augustus Waters stehen, und im gleichen Moment hörte ich, wie ein Motor angelassen wurde. Es war Mom. Sie hatte die ganze Zeit dagestanden und abgewartet, damit ich Freundschaften schließen konnte oder so was. Eine hässliche Mischung aus Wut und Enttäuschung stieg in mir hoch. Ich wusste nicht mal, was es für ein Gefühl war, nur, dass es eine Menge davon war, und am liebsten hätte ich Augustus Waters eine geknallt und außerdem statt meiner Lunge eine Lunge gehabt, die nicht so scheiße war. Ich stand mit den Spitzen meiner Converse- Turnschuhe direkt am Bordstein, die Sauerstoffflasche auf ihrem Karren wie eine Eisenkugel am Bein, und dann, genau in dem Moment, als Mom vorfuhr, spürte ich, wie eine Hand nach meiner Hand griff.
Ich riss mich los, doch ich drehte mich um.
»Sie bringen einen nur um, wenn man sie anzündet «, erklärte er, als Mom vor uns hielt. »Aber ich habe mir noch nie eine angezündet. Es ist eine Metapher, verstehst du: Du steckst dir das tödliche Ding zwischen die Zähne, aber du gibst ihm nicht die Kraft zu töten.«
»Eine Metapher«, sagte ich argwöhnisch. Mom saß geduldig im Wagen.
»Eine Metapher«, wiederholte er.
»Du suchst dir deine schlechten Angewohnheiten wegen ihrer metaphorischen Tiefe aus ...«, sagte ich.
»O ja.« Er lächelte. Das große, alberne, echte Lächeln. »Ich bin ein großer Verfechter von Metaphern, Hazel Grace.«
Ich wandte mich zum Auto. Klopfte an die Scheibe. Mom ließ das Fenster herunter. »Ich sehe mir mit Augustus Waters einen Film an«, sagte ich. »Bitte nimm die nächsten paar Folgen von ANTM für mich auf.«
Copyright © 2014 Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co. KG, München
Ich wollte nicht mit dem Fahrstuhl fahren, weil der Fahrstuhl in der Selbsthilfegruppe so was Letztes- Stündlein-Mäßiges an sich hatte, also ging ich zu Fuß die Treppe runter. Dann nahm ich mir einen Keks, schenkte mir Limonade in einen Plastikbecher und drehte mich um.
Ein Junge starrte mich an.
Ich war mir ziemlich sicher, dass ich ihn noch nie gesehen hatte. Er war groß und schlaksig, sodass der kleine weiße Plastikstuhl der Sonntagsschule wie ein Zwergenstühlchen unter ihm wirkte. Sein Haar war kastanienbraun, glatt und kurz. Er war vielleicht so alt wie ich oder ein Jahr älter und saß mit provozierend schlechter Haltung da, Hintern an der Stuhlkante, eine Hand in der Tasche seiner dunklen Jeans.
Ich wandte den Blick ab, während mir mit einem Mal all meine tausend Schwächen bewusst wurden. Die alten Jeans, die ich trug, waren mal eng gewesen, aber jetzt flatterten sie an den falschen Stellen, und die Band auf meinem gelben T-Shirt fand ich schon lange nicht mehr gut. Und meine Haare: Ich hatte diesen Bubikopf, den man trägt, wenn man vorher eine Glatze hatte, und hatte mir nicht mal die Mühe gemacht, mich zu bürsten. Dazu kamen die grotesk aufgeblasenen Hamsterbacken, noch so eine Nebenwirkung der Behandlung. Ich sah aus wie ein normal gebauter Mensch mit einem Luftballon als Kopf. Von meinen geschwollenen Fesseln ganz zu schweigen. Trotzdem - als ich mich wieder umsah, klebte sein Blick immer noch an mir.
Zum ersten Mal verstand ich, warum es Augenkontakt hieß.
Ich ging in den Kreis und setzte mich neben Isaac, zwei Plätze von dem neuen Jungen entfernt.
Ich sah wieder in seine Richtung. Er beobachtete mich immer noch.
Also, ich sage es ganz offen: Der Typ war echt süß. Wenn man von einem nicht-süßen Jungen angestarrt wird, ist es im besten Fall peinlich und im schlimmsten Fall eine Form von Belästigung. Aber bei einem süßen Typen ... na ja.
Ich kramte mein Telefon heraus und sah auf die Uhr.
16:59. Der Kreis füllte sich mit den unglücklichen Zwölf- bis Achtzehnjährigen, und dann stimmte uns Patrick mit dem Gelassenheitsgebet ein: Gott, gib mir die Gelassenheit, die Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, die Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden. Der Junge beobachtete mich immer noch. Ich war kurz davor, rot zu werden.
Irgendwann beschloss ich, die richtige Strategie wäre zurückzustarren. Immerhin haben Jungs kein Monopol aufs Starren. Also sah ich ihn von oben bis unten an, während Patrick zum tausendsten Mal von seinen verlorenen Eiern redete, und bald starrten der Junge und ich um die Wette. Nach einer Weile musste er grinsen, und dann endlich sah er mit seinen blauen Augen weg. Als er mich wieder ansah, zog ich die Brauen hoch, um ihm zu zeigen, dass ich gewonnen hatte.
Er zuckte die Schultern. Patrick redete weiter, und irgendwann ging es mit dem Vorstellen los.
»Isaac, vielleicht möchtest du heute anfangen. Ich weiß, dass dir in der kommenden Woche eine große Herausforderung bevorsteht.«
»Okay«, sagte Isaac. »Ich heiße Isaac. Ich bin siebzehn. Am Montag werde ich operiert, und danach bin ich blind. Ich will mich nicht beschweren oder so, weil ich weiß, dass es viele von uns hier schlechter erwischt haben, aber, na ja, blind werden ist irgendwie scheiße. Aber meine Freundin ist eine große Hilfe. Und Freunde wie Augustus. « Er nickte dem Jungen zu, der jetzt einen Namen hatte. »Tja ... also«, fuhr Isaac fort. Er sah seine Hände an, die er zu einem Tipi gefaltet hatte. »Kann man nichts machen.«
»Wir sind für dich da, Isaac«, sagte Patrick. »Sagen wir es ihm, Leute.« Und dann sprachen wir alle im Chor: »Wir sind für dich da, Isaac.«
Der Nächste war Michael. Er war zwölf. Er hatte Leukämie. Er hatte immer schon Leukämie gehabt. Es ging ihm ganz gut. (Sagte er zumindest. Er hatte den Fahrstuhl genommen.)
Lida war sechzehn und hübsch genug, um die Blicke süßer Jungen auf sich zu ziehen. Sie war Stammgast - in der ewigen Remission einer Form von Blinddarmkrebs, von der ich vorher noch nie was gehört hatte. Wie jedes einzelne Mal, wenn ich hier war, erklärte sie, dass sie sich stark fühlte, was mir, der die Sauerstoffschläuche in der Nase kitzelten, ziemlich angeberisch vorkam.
Es stellten sich noch fünf andere vor, bevor er an die Reihe kam. Als er dran war, lächelte er ein bisschen. Seine Stimme war tief und rau und zum Umfallen sexy. »Ich heiße Augustus Waters«, sagte er. »Ich bin siebzehn. Vor anderthalb Jahren hatte ich den leichten Anflug eines Osteosarkoms, aber eigentlich bin ich heute nur hier, weil Isaac mich darum gebeten hat.«
»Und wie geht es dir heute?«, fragte Patrick.
»Oh, mir geht es toll.« Augustus Waters lächelte mit einem Mundwinkel. »Ich sitze in einer Achterbahn, auf der es immer nur aufwärts geht, mein Freund.«
Als ich dran war, sagte ich: »Ich heiße Hazel. Ich bin sechzehn. Schilddrüse mit Metastasen in der Lunge. Es geht mir ganz gut.«
Die Stunde verging schnell: Es wurde von Kämpfen berichtet, von gewonnenen Schlachten in Kriegen, die so gut wie verloren waren; es wurde von Hoffnung geredet; Familien wurden gepriesen und beschimpft; man war sich einig, dass Freunde es einfach nicht verstanden; Tränen wurden vergossen; tröstende Worte wurden gesprochen. Weder Augustus Waters noch ich sagten ein Wort, bis Patrick fragte: »Augustus, vielleicht möchtest du der Gruppe von deinen Ängsten erzählen?«
»Meine Ängste?«
»Ja.«
»Ich habe Angst vor dem Vergessen«, antwortete er, ohne zu zögern. »Ich fürchte das Vergessen wie der sprichwörtliche Blinde, der die Dunkelheit fürchtet.«
»Zu früh«, sagte Isaac und grinste.
»War das unsensibel?«, fragte Augustus. »Manchmal bin ich ziemlich blind für die Gefühle von anderen.«
Isaac lachte, doch Patrick hob mahnend den Finger. »Bitte, Augustus. Bleiben wir bei dir und deinen Kämpfen. Du hast gesagt, du fürchtest das Vergessen?«
»Ja«, sagte Augustus.
Patrick fiel nichts dazu ein. »Hm, möchte vielleicht jemand etwas sagen?«
Seit drei Jahren ging ich nicht mehr zur Schule. Meine besten Freunde waren meine Eltern. Mein drittbester Freund war ein Schriftsteller, der nicht einmal ahnte, dass ich existierte. Ich bin nicht der Typ, der sich dauernd meldet. Wenn irgendwo Freiwillige gesucht werden, ist meine bewährte Strategie, mich höflich im Hintergrund zu halten.
Doch dieses eine Mal beschloss ich, etwas zu sagen. Ich hob die Hand halb, und Patrick rief mich sofort auf, mit offenkundiger Freude: »Hazel!« Wahrscheinlich dachte er, dass ich mich endlich öffnete. Teil der Gruppe wurde.
Ich sah Augustus Waters an, der meinen Blick erwiderte. Seine Augen waren so blau, dass man fast durch sie hindurchsehen konnte.
»Es kommt die Zeit«, sagte ich, »da wir alle tot sind. Wir alle. Es kommt die Zeit, da es keine Menschen mehr gibt, die sich erinnern können, dass je irgendwer von uns existiert hat oder dass unsere Spezies je irgendwas geleistet hat. Dann ist keiner mehr da, der sich an Aristoteles oder Kleopatra erinnert und erst recht nicht an dich. Alles, was wir getan oder gebaut, geschrieben, gedacht oder entdeckt haben, alles wird vergessen sein, und all das hier« - ich machte eine allumfassende Geste - »hat keine Bedeutung mehr. Vielleicht kommt diese Zeit bald, vielleicht erst in Millionen von Jahren, aber selbst wenn wir den Kollaps unserer Sonne überleben sollten, überleben wir nicht für immer. Es gab eine Zeit, bevor die Organismen zu Bewusstsein kamen, und es wird eine Zeit danach geben. Und wenn es die Unausweichlichkeit des menschlichen Vergessens ist, die dir Angst macht, dann rate ich dir eins: Ignorier sie einfach. Das ist weiß Gott, was alle anderen machen.«
Das hatte ich von meinem oben erwähnten drittbesten Freund Peter Van Houten gelernt, dem öffentlichkeitsscheuen Autor des Romans Ein herrschaftliches Leiden, welches für mich einer Bibel am nächsten kam. Peter Van Houten war der einzige Mensch, der mir je begegnet war, der a) verstand, wie es sich anfühlt zu sterben, und b) nicht gestorben war.
Als ich fertig war, entstand eine lange Pause, und ich sah, wie sich ein Lächeln auf Augustus' Gesicht ausbreitete - nicht das kleine schiefe Lächeln des Jungen, der versuchte, sexy zu sein, während er mich anstarrte, sondern sein echtes Lächeln, zu groß für sein Gesicht. »Donnerwetter«, sagte Augustus leise. »Was für eine Frau.«
Den Rest der Stunde sprach keiner von uns. Am Ende mussten wir uns alle an den Händen nehmen, und Patrick sprach ein Gebet. »Herr Jesus Christus, als Krebspatienten haben wir uns hier in deinem Herzen versammelt, in deinem buchstäblichen Herzen. Du, und du allein, kennst uns, wie wir uns selbst kennen. Führe uns durch die Zeiten der Prüfungen zum Leben und zum Licht. Wir beten für Isaacs Augen, für Michaels und Jamies Blut, für Augustus' Knochen, für Hazels Lunge und für James' Luftröhre. Wir beten, dass du uns heilen mögest und dass wir deine Liebe spüren und deinen Frieden, der höher ist als alle Vernunft. Und wir erinnern uns im Herzen an die, die wir kannten und lieb hatten und die heim zu dir gegangen sind: Maria und Kade und Joseph und Haley und Abigail und Angelina und Taylor und Gabriel und ...«
Es war eine lange Liste. Auf der Welt gibt es eine Menge Tote. Und während Patrick die Liste von einem Hilfszettel ablas, weil sie zu lang war, um sie auswendig zu können, hatte ich die Augen geschlossen und versuchte, gebetsmäßige Gedanken zu haben, aber hauptsächlich dachte ich an den Tag, an dem mein Name auf der Liste landen würde, ganz am Ende der Liste, wenn keiner mehr zuhörte.
Als Patrick fertig war, sagten wir alle dieses dämliche Mantra im Chor - UNSER BESTES LEBEN HEUTE LEBEN -, und dann war die Stunde um. Augustus Waters stemmte sich aus seinem Stuhl und kam zu mir herüber. Sein Gang war so schief wie sein Lächeln. Er war viel größer als ich, doch er blieb ein paar Schritte vor mir stehen, damit ich mir nicht den Hals verrenken musste, um ihm in die Augen zu sehen. »Wie heißt du?«, fragte er.
»Hazel.«
»Nein, dein ganzer Name.«
»Hm. Hazel Grace Lancaster.«
Er wollte gerade etwas sagen, als Isaac dazukam. »Einen Moment«, sagte Augustus und hob den Finger, dann wandte er sich Isaac zu. »Es war noch schlimmer, als du gesagt hast.«
»Ich habe dich gewarnt, dass es deprimierend ist.«
»Warum gehst du überhaupt hin?«
»Keine Ahnung. Weil es irgendwie hilft?«
Augustus beugte sich vor, weil er dachte, ich könnte ihn nicht hören. »Ist sie auch immer dabei?« Isaacs Antwort hörte ich nicht, aber Augustus sagte darauf: »Aber hallo.« Dann legte er Isaac die Hände auf die Schultern und trat einen halben Schritt zurück. »Erzähl Hazel von der Klinik.«
Isaac hielt sich am Tisch mit den Keksen fest und richtete sein riesiges Auge auf mich. »Na ja, ich war heute Morgen in der Klinik und habe zu dem Chirurgen, der mich operiert, gesagt, ich wäre lieber taub als blind. Worauf er antwortete: ›Du kannst es dir nicht aussuchen‹, und ich habe gesagt: ›Ja, das ist mir klar. Ich wollte nur sagen, wenn ich die Wahl hätte, wäre ich lieber taub als blind, wobei mir klar ist, dass ich nicht die Wahl habe‹, und da hat er gesagt: ›Na, die gute Nachricht ist, du wirst nicht taub‹, und ich habe gesagt: ›Toll zu hören, dass man von Augenkrebs nicht taub wird. Es ist wirklich ein Segen, dass eine Koryphäe wie Sie sich dazu herablässt, mich zu operieren.‹«
»Klingt wie ein Spitzentyp«, sagte ich. »Ich werde versuchen, mir auch Augenkrebs zuzulegen, nur damit ich ihn kennenlernen kann.«
»Viel Glück. Na gut, ich muss los. Monica wartet auf mich. Ich muss sie viel ansehen die nächsten Tage.«
»Spielen wir morgen Modern Warfare?«, fragte Augustus.
»Auf jeden Fall.« Isaac drehte sich um und rannte die Treppe hoch, zwei Stufen auf einmal.
Jetzt wandte sich Augustus Waters wieder an mich. »Buchstäblich«, sagte er.
»Buchstäblich?«, fragte ich.
»Wir sind buchstäblich in Jesus' Herz«, sagte er. »Ich dachte, wir wären in einem Kirchenkeller, dabei sind wir buchstäblich in Jesus' Herz.«
»Jemand sollte Jesus Bescheid sagen«, gab ich zurück. »Ich meine, das muss doch gefährlich sein, lauter krebskranke Kinder im Herzen zu haben.«
»Ich würde es ihm selber sagen«, sagte Augustus, »nur stehe ich hier blöderweise mitten in seinem buchstäblichen Herzen, und wahrscheinlich würde er mich gar nicht hören.« Ich lachte. Er schüttelte den Kopf und sah mich nur an.
»Was ist?«, fragte ich.
»Nichts«, sagte er.
»Warum siehst du mich so an?«
Augustus lächelte halb. »Weil du schön bist. Ich sehe gerne schöne Menschen an, und vor einer Weile habe ich beschlossen, dass ich mir die einfachen Freuden des Lebens nicht mehr verkneifen werde.« Es folgte ein kurzes, peinliches Schweigen. Doch Augustus brach es tapfer. »Ich meine, erst recht in Anbetracht der Tatsache, die du so wunderbar ausgeführt hast, dass alles in Vergessen endet und so weiter.«
Ich räusperte mich oder seufzte oder atmete auf eine Art, die irgendwie gehüstelt klang, und sagte: »Ich bin nicht sch...«
»Du siehst aus wie die Millenniums-Natalie-Portman. Wie Natalie Portman in V wie Vendetta.«
»Nie gesehen«, sagte ich.
»Wirklich? Bildschönes Mädchen mit Kurzhaarschnitt und Abneigung gegen Obrigkeiten verliebt sich rettungslos in einen Jungen, der in Schwierigkeiten steckt. Deine Autobiografie, soweit ich es sehe.«
Er flirtete mit jeder Silbe. Und ehrlich gesagt fuhr ich voll darauf ab. Bis dahin hatte ich nicht gewusst, dass ich in der Lage war, auf Jungs abzufahren - jedenfalls nicht im richtigen Leben.
Ein jüngeres Mädchen kam an uns vorbei. »Na, wie geht's, Alisa?«, fragte er. Sie lächelte und murmelte: »Hallo, Augustus.« »Memorial-Kunden«, erklärte er mir. Das Memorial-Hospital war das große Forschungsklinikum. »Wo bist du?«
»Kinderkrankenhaus«, sagte ich mit unerwartet schwacher Stimme. Er nickte. Unser Gespräch schien beendet. »Na dann«, sagte ich und nickte vage in Richtung der Treppe, die aus Jesus' Buchstäblichem Herzen hinausführte. Ich kippte meinen Sauerstoffwagen auf die Räder und begann den Aufstieg. Er hinkte neben mir her. »Sehen wir uns beim nächsten Mal?«, fragte ich.
»Du solltest dir den Film ansehen«, sagte er. »V wie Vendetta.«
»Okay«, sagte ich. »Ich leihe ihn mir aus.«
»Nein. Mit mir. Bei uns zu Hause«, sagte er. »Jetzt.«
Ich blieb stehen. »Ich kenne dich kaum, Augustus Waters. Vielleicht bist du ein Axtmörder oder so was.«
Er nickte. »Das stimmt, Hazel Grace.« Er ging an mir vorbei. Die sehnigen Schultern füllten das grüne Polohemd aus, sein Rücken war gerade, und seine Schritte eierten nur leicht nach rechts, wenn er aufrecht und selbstbewusst mit dem Bein auftrat, das ich für eine Prothese hielt. Das Osteosarkom alias Knochenkrebs biss manchmal ein Stück von dir ab, um dich zu kosten. Dann, wenn du ihm schmeckst, holt es sich den Rest.
Ich ging hinterher, doch der Abstand wurde größer, weil ich so langsam war, denn Treppensteigen gehörte nicht zu den Lieblingsfächern meiner Lunge.
Und dann waren wir raus aus Jesus' Herzen und standen auf dem Parkplatz, die Frühlingsluft kühl, aber perfekt und das strahlende Licht des Spätnachmittags himmlisch in seiner Schmerzhaftigkeit.
Mom war noch nicht da, was ungewöhnlich war, weil Mom fast immer auf mich wartete. Als ich mich umsah, fiel mein Blick auf ein großes, gut gebautes braunhaariges Mädchen, das Isaac an die Kirchenmauer drückte und ziemlich aggressiv küsste. Sie standen so nah, dass ich das komische Schmatzen ihrer Münder hörte, und ich hörte, wie er murmelte: »Für immer« und sie »Für immer« antwortete.
Plötzlich stand Augustus neben mir und flüsterte: »Die beiden sind große Verfechter des öffentlichen Austauschs von Zärtlichkeiten.«
»Was soll das mit dem ›für immer‹?« Die Schlürfgeräusche wurden lauter.
»›Für immer‹ ist ihr großes Ding. Sie lieben sich für immer oder so was. Nach meiner konservativen Schätzung haben sie sich im letzten Jahr die Worte für immer circa eine Million Mal per SMS geschickt.«
Noch ein paar Wagen fuhren vor und holten Michael und Alisa ab. Dann waren nur noch Augustus und ich übrig, und wir beobachteten Isaac und Monica, die zur Sache gingen, als würden sie nicht an der Mauer eines Gotteshauses stehen. Er griff ihr durch die Bluse an die Brust und knetete sie mit regloser Handfläche und hektischen Fingern. Ich fragte mich, ob sich das gut anfühlte. Sah nicht so aus, aber ich beschloss, Isaac zu vergeben, weil er bald blind sein würde. Mögen sich die Sinne laben, solange noch Hunger ist oder so.
»Stell dir die letzte Fahrt zum Krankenhaus vor«, sagte ich leise. »Das letzte Mal, dass du je am Steuer sitzt.«
Ohne mich anzusehen, sagte Augustus: »Du machst mir die Vibes kaputt, Hazel Grace. Ich versuche hier den Anblick junger Liebe in ihrer wunderbaren Ungelenkigkeit zu genießen.«
»Ich glaube, er tut ihrem Busen weh«, sagte ich.
»Ja, schwer zu sagen, ob er sie erregen oder eine Brustuntersuchung durchführen will.« Dann griff sich Augustus Waters in die Tasche und zog ausgerechnet ein Päckchen Zigaretten heraus. Er klappte es auf und steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen.
»Ist das dein Ernst?«, fragte ich. »Findest du das cool? O Gott, du hast gerade alles kaputt gemacht.«
»Was alles?«, fragte er und sah mich an. Die Zigarette hing unangezündet im nicht lächelnden Winkel seines Mundes.
»Das alles, wo ein Typ, der weder unattraktiv noch unintelligent noch sonst irgendwie unakzeptabel ist, mich anstarrt und sich über den falschen Gebrauch von buchstäblich lustig macht und mich mit Schauspielerinnen vergleicht und fragt, ob ich einen Film mit ihm sehen will. Aber natürlich hat jeder Held eine Verfehlung, und deine ist, dass du, obwohl du schon mal KREBS gehabt hast, VERDAMMT NOCH MAL, einer Firma Geld dafür bezahlst, dass du NOCH MEHR KREBS KRIEGST. O Mann. Darf ich dir versichern, dass Nicht-atmen-Können RICHTIG SCHEISSE ist? Große Enttäuschung. Echt wahr.«
»Verfehlung?«, fragte er, die Zigarette immer noch zwischen den Lippen. Sein Kiefer war gespannt. Leider hatte er eine verdammt schöne Kieferpartie.
»Merkmal tragischer Helden«, murmelte ich und wandte mich ab. Ich ging zum Bordstein und ließ Augustus Waters stehen, und im gleichen Moment hörte ich, wie ein Motor angelassen wurde. Es war Mom. Sie hatte die ganze Zeit dagestanden und abgewartet, damit ich Freundschaften schließen konnte oder so was. Eine hässliche Mischung aus Wut und Enttäuschung stieg in mir hoch. Ich wusste nicht mal, was es für ein Gefühl war, nur, dass es eine Menge davon war, und am liebsten hätte ich Augustus Waters eine geknallt und außerdem statt meiner Lunge eine Lunge gehabt, die nicht so scheiße war. Ich stand mit den Spitzen meiner Converse- Turnschuhe direkt am Bordstein, die Sauerstoffflasche auf ihrem Karren wie eine Eisenkugel am Bein, und dann, genau in dem Moment, als Mom vorfuhr, spürte ich, wie eine Hand nach meiner Hand griff.
Ich riss mich los, doch ich drehte mich um.
»Sie bringen einen nur um, wenn man sie anzündet «, erklärte er, als Mom vor uns hielt. »Aber ich habe mir noch nie eine angezündet. Es ist eine Metapher, verstehst du: Du steckst dir das tödliche Ding zwischen die Zähne, aber du gibst ihm nicht die Kraft zu töten.«
»Eine Metapher«, sagte ich argwöhnisch. Mom saß geduldig im Wagen.
»Eine Metapher«, wiederholte er.
»Du suchst dir deine schlechten Angewohnheiten wegen ihrer metaphorischen Tiefe aus ...«, sagte ich.
»O ja.« Er lächelte. Das große, alberne, echte Lächeln. »Ich bin ein großer Verfechter von Metaphern, Hazel Grace.«
Ich wandte mich zum Auto. Klopfte an die Scheibe. Mom ließ das Fenster herunter. »Ich sehe mir mit Augustus Waters einen Film an«, sagte ich. »Bitte nimm die nächsten paar Folgen von ANTM für mich auf.«
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Autoren-Porträt von John Green
Green, JohnJohn Green, 1977 geboren, erlangte bereits mit seinem Debüt 'Eine wie Alaska' Kultstatus unter jugendlichen Lesern. Das Buch wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. war es für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert. Darauf folgten die Jugendromane 'Die erste Liebe (nach 19 vergeblichen Versuchen)' und 'Margos Spuren', ebenfalls nominiert für den Deutschen Jugendliteraturpreis und ausgezeichnet mit der Corine. Greens Jugendroman 'Das Schicksal ist ein mieser Verräter' ist ein weltweiter Bestseller, der in 56 Sprachen übersetzt und verfilmt wurde. Auch in Deutschland stand der Titel über ein Jahr auf der SPIEGEL-Bestsellerliste, wurde u.a. mit dem Buxtehuder Bullen und dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet. 2017 erschien Greens neuester Jugendroman 'Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken' in Deutschland. Mit seinem Bruder Hank betreibt John Green einen der weltweit erfolgreichsten Video-Blogs, die Vlogbrothers. Über fünf Millionen Leser folgen ihm auf Twitter. Er lebt mit seiner Frau und zwei Kindern in Indianapolis.
Bibliographische Angaben
- Autor: John Green
- Altersempfehlung: 13 - 16 Jahre
- 2014, 5. Aufl., 336 Seiten, Masse: 12 x 19,1 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Übersetzung:Zeitz-Ventura, Sophie
- Übersetzer: Sophie Zeitz
- Verlag: DTV
- ISBN-10: 3423086416
- ISBN-13: 9783423086417
Rezension zu „Das Schicksal ist ein mieser Verräter “
Viele sagen: eine der schönsten Liebesgeschichten seit 'Romeo und Julia'. Job-Kurier 20170128
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