Der Löwe erwacht
Wehe dem, der den Löwen weckt!
In den letzten Tagen des 13. Jahrhunderts, hat der Edward I. von England den schottischen König entthront und will das Land, das sich in einem verheerenden Bürgerkrieg befindet, unter seine...
In den letzten Tagen des 13. Jahrhunderts, hat der Edward I. von England den schottischen König entthront und will das Land, das sich in einem verheerenden Bürgerkrieg befindet, unter seine...
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Produktdetails
Produktinformationen zu „Der Löwe erwacht “
Wehe dem, der den Löwen weckt!
In den letzten Tagen des 13. Jahrhunderts, hat der Edward I. von England den schottischen König entthront und will das Land, das sich in einem verheerenden Bürgerkrieg befindet, unter seine Krone zwingen. Doch im Namen der schottischen Unabhängigkeit erhebt sich Widerstand: Die schottischen Freiheitskämpfer scharen sich um den großen Rebellenführer William Wallace und um Robert the Bruce, der Anspruch auf den schottischen Thron hat.
In den letzten Tagen des 13. Jahrhunderts, hat der Edward I. von England den schottischen König entthront und will das Land, das sich in einem verheerenden Bürgerkrieg befindet, unter seine Krone zwingen. Doch im Namen der schottischen Unabhängigkeit erhebt sich Widerstand: Die schottischen Freiheitskämpfer scharen sich um den großen Rebellenführer William Wallace und um Robert the Bruce, der Anspruch auf den schottischen Thron hat.
In diesen Strudel der Ereignisse stellt sich der tapfere Sir Hal Sientcler an die Seite von Robert the Bruce. Er muss sich in großen Schlachten bewähren, gegen Verrat und Rivalität kämpfen und ein Geheimnis bewahren, das Bruce vor der Welt verbergen will - koste es, was es wolle!
Klappentext zu „Der Löwe erwacht “
Man schreibt das Jahr 1296. Schottland steht unter dem Einfluss des machthungrigen Königs von England, Edward I., der den schottischen König entthront hat. Währenddessen befindet sich das Land in einem verheerenden Bürgerkrieg, der auf die Rivalitäten der alten schottischen Familien untereinander zurückgeht. Zusätzlich stehen nun jene, die Edward unterstützen, gegen jene, die für die Unabhängigkeit Schottlands kämpfen. Unter großen Männern wie Robert the Bruce, der nach dem Thron strebt, und dem berühmten Rebellenführer William Wallace versammeln sich junge Schotten, die alles dafür geben wollen, ihre Ketten zu sprengen und für Schottlands Freiheit zu kämpfen, bereit, für diesen Kampf in den Tod zu gehen. Unter ihnen ist auch der unbeugsame und tapfere Sir Hal Sientcler, der sich inmitten der blutigen Machtkämpfe unter den Schotten für eine Partei entscheiden muss. Er schließt sich Robert the Bruce an, an dessen Seite er für die Freiheit kämpft.
Eine Zeit der großen Schlachten und erbitterten Kämpfe bricht an - denn der Löwe ist erwacht ...
Lese-Probe zu „Der Löwe erwacht “
Der Löwe erwacht von Robert LowAus dem Englischen von Christine Naegele
Dies ist die Chronik des Königreichs aus der Zeit der großen Unruhen. Niedergeschrieben im Kloster der Greyfriars im Jahre des Herrn eintausenddreihundertneunundzwanzig, in der Oktave Septuagesimae, im dreiundzwanzigsten Jahr der Regierung unseres Königs, Robert der Erste, den Gott erhalten möge.
Im Jahre des Herrn eintausendzweihundertsechsundneunzig begehrten die Schotten auf gegen die Unterdrückung durch den englischen König Edward den Ersten und dem von ihm eingesetzten schottischen König aus dem Clan der Balliols und erklärten ihnen den Krieg. Die Engländer kamen mit Feuer und Schwert gen Norden gezogen und fielen mit grausamer Wut über die Stadt Berwick her, deren Name hinfort zum Sinnbild des Blutvergießens, aber auch zum Schlachtruf der Freiheit wurde.
John Balliol, der besiegte Regent, wurde vor Edwards Thron zitiert, wo man ihm die Krone und weitere Zeichen seiner Macht abnahm und das stolze Wappen seiner Königswürde vom Mantel riss, worauf er für alle Zeiten nur noch Toom Tabard - »leerer Mantel« - hieß. Die Krönungsinsignien Schottlands - die Reliquie des Heiligen Kreuzes und der Stein von Scone - wurden beschlagnahmt, das Großsiegel zerbrochen.
Um sich die Herrschaft über die Schotten zu sichern, setzte König Edward einen Wächter über die Länder ein, die er nun als die seinen betrachtete, und ritt zurück gen Süden.
»Ein Mensch tut gut daran«, erklärte er, indem er sich nach dem Vorgefallenen die Hände wusch, »wenn er sich solchen Unrat vom Halse schafft.«
... mehr
Aber die Schotten dachten nicht daran, das Knie vor ihm zu beugen. Im Norden gab es Unruhen unter Moray, im Osten unter Frazier und im Westen unter einem Hauptmann namens Wallace. Auch Schottlands Bischöfe lehnten sich auf. Sir William Douglas, den man seines Mutes wegen »den Kühnen« nannte und der geholfen hatte, Berwick gegen König Edward zu verteidigen, war zwar gefangen genommen, aber vom König begnadigt worden, unter der Bedingung, dass er auf Seiten der Engländer gegen Frankreich kämpfe. Doch nicht lange danach brach er dieses Versprechen, er kam zurück nach Schottland und schlug sich erneut auf die Seite der Rebellen.
Aufgebracht durch diesen Verrat befahl König Edward den Untertanen in Schottland, deren Loyalität er sich noch sicher sein konnte, sich den Rebellen entgegenzustellen, und der Earl von Carrick, Robert Bruce der Jüngere, wurde zur Burg von Douglas beordert, um die Festung einzunehmen und Sir Williams Frau und Kinder als Geisel zu nehmen.
Doch wehe dem, der den schlafenden Löwen weckt ...
PROLOG
DOUGLAS, LANARK
AM TAG DES HEILIGEN DROSTAN, JULI 1296
Das Schlimmste war die Dunkelheit. Kein Mond, keine Sterne, nur das Flüstern der verlorenen Seelen, die im Wind nach einem Heimweg suchten, oder nach einem Körper, in den sie schlüpfen konnten, um sich an warmes Blut und Leben zu erinnern. Er hatte Eulen gehört, Geschöpfe, die ihm schon immer zuwider gewesen waren, denn sie schrien wie Cyhiraeth, die Göttin der Waldbäche, die im Dunkeln ihr Unwesen trieb und deren Ruf nur hörte, wer bald starb.
Gozelo wusste, dass er als guter Christ an solche Dinge nicht glauben sollte, aber seine Großmutter, eine Friesin, hatte ihm als Kind den Kopf mit diesen Geschichten vollgestopft. Er erinnerte sich nur an sie, wenn er erregt war oder sich fürchtete, und Gott selbst musste zugeben, dass dieses Land, das er ganz offensichtlich verlassen hatte, einen das Fürchten lehrte.
Es war eigentlich weniger das Land als dieser vermummte Mann. Gozelo fröstelte, er schlang seinen Mantel enger um sich, während er weiter Richtung Osten zog, froh darüber, dass sich am Horizont ein erster Lichtstreif zeigte. Er hatte nach Carnwath gehen wollen, dem Herrenhaus von Lord Somerville - egal, ob er Engländer war oder nicht, dort wäre er wenigstens sicher gewesen -, aber in der Dunkelheit war er vom Weg abgekommen, und jetzt wusste er, dass er sein Ziel verfehlt hatte und stattdessen auf Douglas zuging.
Er befürchtete, dass man jemanden wie ihn, der zu Fuß angehumpelt kam, in dieser Gegend mit dem Speer bedrohen und mit einem Fluch wieder wegschicken würde. Zu Pferd hätte man einen ganz anderen Eindruck gemacht, aber wenn man an einem feuchten Sommermorgen mit kaputten Schuhen durch den Tau angelatscht kam, noch dazu mit einer Tunika und einem Mantel, die von der langen Reise verdreckt waren, galt man nicht viel, selbst wenn man ein flämischer Baumeister aus Scone war. Und nicht nur das, Gozelo wusste, dass Douglas eine Hochburg ehemaliger Rebellen war, und man konnte sich nicht darauf verlassen, dass sie seinen Verfolgern auch wirklich den Zutritt verwehrten.
Er erschrak, als er ein Schwirren hörte. Nervös blickte er um sich und ging dann schneller weiter. Er hätte den Auftrag nie annehmen sollen, aber Bischof Wishart, dieser ehrwürdige alte Mann mit dem Gesicht eines Mastiffs, hatte ihn mit Schmeicheleien und dem Versprechen einer hohen Belohnung dazu überredet. Nicht, dass das Anfertigen des Stücks besonders schwer gewesen wäre - Manon hatte sich zudem um die Inschriften gekümmert, aber Gozelo zweifelte keinen Moment daran, dass dieser arme Steinmetz inzwischen tot war.
Dann war der Vermummte mit seinem Karren und dem ausgemergelten Gaul gekommen, und der Flame hatte beobachtet, dass sie das Original mitnahmen und die Kopie an seiner Stelle zurückließen. Man hatte ihm gesagt, Manon sei bezahlt worden und bereits weitergezogen. Das war der Moment gewesen, als es ihm eiskalt über den Rücken lief.
»Wir bringen das hier nach Roslin«, hatte der Vermummte auf Französisch gesagt. »Dort wirst du bezahlt werden, sowohl für deine Arbeit als auch dafür, dass du den Mund hältst.«
Wenn es nur der Vermummte gewesen wäre, der das alles geplant hätte, hätte Gozelo sich nicht weiter damit aufgehalten - aber es war kein Geringerer als ein Bischof, der ihn angesprochen hatte. Damals hatte Gozelo Bischof Wishart für einen großen Kirchenmann gehalten, er hatte sich in dessen Lobhudeleien gesonnt, hatte seinen Versprechungen geglaubt - bis zu diesem langen, mühsamen Marsch hinter dem Karren her, in diesem nicht enden wollenden Regen - du lieber Gott, schien in Schottland denn niemals die Sonne? In seiner Furcht hatte er alle guten Vorsätze zum Teufel geschickt. Der Vermummte, düster und abweisend wie eine nasse Felswand, war ihm mit jeder Meile bedrohlicher erschienen, bis Gozelo kurz vor Roslin auch den letzten Rest von Mut verloren hatte und er davongelaufen war.
Der Vermummte war darüber ins Grübeln gekommen. Der Flame war ohne die versprochene Belohnung in panischer Angst fortgerannt. Es musste ihm klar geworden sein, was ihm in Roslin drohte. Kluges Bürschchen. Und doch würde ihm bald dämmern, in welche Lage er sich gebracht hatte, so ganz ohne Geld. Er würde sich auf den Weg nach Lanark machen, zu Heselrig, dem englischen Sheriff, und er würde ihm alles erzählen, was er wusste.
Es war genauso, wie Wishart es vorausgesagt hatte, dachte der Vermummte. Der Bischof hatte ihn beiseitegenommen und ihm zugeflüstert: »Wenn Ihr os vulvae vertraut, seid Ihr ein Narr. Geht mit Gott, mein Sohn.«
Der Vermummte musste zugeben, dass der Bischof recht gehabt hatte, nicht nur, was den Charakter des Flamen anbetraf, sondern auch sein Aussehen, denn mit dem albernen Bärtchen um den kleinen Mund sah er tatsächlich aus wie eine Frau zwischen den Beinen. Auf Latein klang es allerdings besser als auf Englisch: os vulvae - Fotzengesicht.
Natürlich war es auch möglich, dachte der Vermummte, während er das müde Pony den Berg hinauf nach Roslin antrieb, dass der Flame nach Dumfries an der englischen Grenze gehen würde. Schließlich war er ein Handwerksmeister und würde nicht lange ohne Arbeit sein.
Als er Sir William Sientcler, dem alten Tempelritter auf Roslin, von diesen Überlegungen erzählt hatte, ließ dieser ihm ein gutes, schnelles Pferd bringen. Er sah ihn bedeutungsvoll an. »Erledigt das«, sagte er, und der Vermummte nickte. Er würde es erledigen.
Als Gozelo schwache Lichter wahrnahm, hätte er vor Freude fast geweint, denn jetzt war es nicht mehr weit nach Douglas, wo er eine Unterkunft finden würde, ehe er nach Lanark weiterzog. Er würde alles erzählen, dachte er wütend. Er war überzeugt, dass es richtig gewesen war, fortzulaufen. Er würde niemals in dieses Land zurückkehren, sondern er würde den Engländern alles erzählen, was er wusste - trotz allem, was sie in Berwick den Flamen angetan hatten -, denn die Engländer waren seine einzige Rettung. Sie würden ihn auch bezahlen und ihn für seinen entgangenen Lohn entschädigen. Und was bedeutete ihm, Gozelo, schließlich ein alberner Stein?
In diesem Moment trat der Mond hinter den Wolken hervor, und er sah die Gestalt, die vor der Baumreihe auf ihn wartete. Es waren die letzten Bäume vor der Flussaue, die sich zu der Festung hinabzog, deren Lichter so nahe waren. Gozelo schrie auf, aber es war zu spät.
»Du bist ohne deinen Lohn gegangen«, sagte der Vermummte leise. Gozelo wich zurück, plapperte wild drauflos, auf Französisch, Flämisch, Englisch. Er spürte, wie es ihm warm an den Beinen herunterlief, aber das war ihm gleichgültig, er war zu sehr damit beschäftigt, um Gnade zu winseln.
»Du wirst nichts sagen?«, wiederholte der Vermummte das, was er von dem Kauderwelsch verstanden hatte, und der Flame nickte so heftig, dass es aussah, als müsse er jeden Moment seinen Kopf verlieren.
Der Vermummte nickte verständnisvoll, dann griff er nach seiner Kapuze und zog sie zurück, sodass sein Gesicht im Mondlicht sichtbar wurde. Das fahle Licht machte ihn nicht gerade schöner, aber es ließ einen vierkantigen Stahl in seiner Hand aufblitzen, und Gozelo stieß einen schrillen Schrei aus, der nichts Menschliches an sich hatte.
»Da möchte ich lieber sichergehen«, sagte der Vermummte, trat zu dem Flamen und stieß zu. Gozelo sank ihm an die Brust wie ein erschöpfter Liebhaber, dann glitt er auf die modrigen Blätter des Waldbodens.
Der Vermummte wischte den Dolch an Gozelos Mantel ab. Dann durchsuchte er die Kleider des Toten, nahm sich, was er brauchen konnte, und ging davon, wobei er das Pferd am Zügel führte, bis er sicher war, dass er nicht gesehen worden war.
Gestern war der Tag gewesen, fiel ihm ein, an dem Edward I. die Adelsversammlung Schottlands nach Brechin befohlen hatte, wo die Herren mit ansehen mussten, was mit einem König geschah, der es wagte, ihn, den Engländer, herauszufordern.
Zweifellos war es zu Demütigungen, Lügen und Grausamkeiten gekommen. Edward hatte das Heilige Kreuz und den Stein in seine Hand gebracht, wie er es angedroht hatte, zum Zeichen, dass König John Balliol jegliche Macht verloren hatte.
Aber Edward hatte nicht das gesamte Schottland unter seine Herrschaft gebracht. Ein kleiner Teil des Königreichs war ihm entrissen worden.
Der Vermummte lächelte. Wärme erfüllte ihn bei diesem Gedanken, die Nässe des kühlen Sommerregens spürte er nicht.
KAPITEL 1
BURG VON DOUGLAS, FAST EIN JAHR SPÄTER
AM VORABEND DES HEILIGEN BRENDAN, MAI 1297
Wie immer wurde der Junge von den Hunden geweckt, die unruhig um ihn herumschnüffelten. Wo es bisher warm gewesen war, wurde es plötzlich kalt, bis er fröstelnd erwachte.
Sowie er sich bewegte, war er von Hunden umgeben, die ihm mit hängender Zunge ihren stinkenden Atem ins Gesicht hechelten und mit hoffnungsvollen Augen um Futter bettelten. Sie kannten den Tagesablauf genauso gut wie er - oder noch besser, wie Malk, die rechte Hand des Berners behauptete.
Der »Hundejunge«, wie alle ihn nannten, erhob sich schnell, als er die kalte Luft von draußen spürte. Er zupfte sich das Stroh aus Haaren und Kleidern, fuhr mit den Füßen in die Holzpantoffeln und stolperte ins Halbdunkel des Zwingers, ein langes, niedriges Fachwerkgebäude, mit Lehm und Stroh verfüllt. Wegen der Feuergefahr gab es kein Licht, und die Hinterwand bestand aus solidem, eiskaltem Stein - sie war ein Teil des Brauhauses. Das einzige Licht fiel durch die Ritzen der Lehmwände auf den mit Stroh bedeckten Boden, der stank wie an jedem Morgen.
Er nahm eine Tunika aus rauer Wolle vom Haken, zog sie sich über den Kopf und fuhr in die Ärmel, dann blies er in die Hände, denn es war kalt, jetzt so kurz vor Sonnenaufgang. Irgendwo hustete jemand, und langsam erhoben sich weitere Gestalten aus dem Stroh - Stallburschen wie er, die in den neuen Tag blinzelten. Die Hunde, die auf ihre Fütterung warteten, jaulten, winselten und umkreisten sie mit wild wedelnden Schwänzen.
»Ruhig, ruhig«, sagte der Hundejunge besänftigend. »Immer mit der Ruhe. Gleich geht's los.«
Natürlich wurde nicht gefüttert, wenn es auf die Jagd ging, denn volle Bäuche bedeuteten schlechte Läufer, und gerade die Läufer waren es, für die er, zusammen mit einer Handvoll weiterer Jungen, verantwortlich war. Spürhunde und Bluthunde waren es, insgesamt etwa dreißig, die sich winselnd um ihn drängten, während die übrigen Hunde, die getrennt untergebracht waren, damit sie sich nicht gegenseitig an die Gurgel gingen, jetzt ebenfalls in das heisere Bellen und Heulen einstimmten.
»Swef, swef«, rief Gib, um sie zur Ruhe zu bringen, wobei er mit seinem Französisch angab, das er von Philippe, dem Berner, gelernt hatte. Die Hunde ignorierten ihn, und der Hundejunge lachte leise. Die weißen Spürhunde waren englische Talbots, erstklassige Nasen, aber ohne Ausdauer, und der Hundejunge hielt es für unwahrscheinlich, dass sie Französisch verstanden. Die bunt gescheckten Bluthunde hingegen waren eine schlesische Rasse, sie waren zum Laufen gezüchtet und machten den größten Teil der Meute aus. Wenn die Talbots erst einmal die Spur gefunden hatten, wurde sie von den Bluthunden aufgenommen und unermüdlich verfolgt, bis das Wild zur Strecke gebracht war.
Er hielt es für unwahrscheinlich, dass auch nur einer von ihnen Französisch verstehen würde - soweit Hunde überhaupt eine Sprache verstanden -, aber Frankreich wurde allgemein als die Heimat der herrschaftlichen Jagd betrachtet, und so hatten alle Hunde französische Namen, und der Hundeführer war ein Franzose, der seinen französischen Titel trug: berner. Doch das Wild, das sie hier jagten, war dasselbe - Hirsche, Rehe, Wildschweine und alles, was es sonst noch in diesem Tal gab mit seinen Ländereien, die dem Hause Douglas einst von Gott und König gegeben worden waren.
Als die Alanen und die Windhunde anfingen zu bellen und zu heulen, rührten sich hinter der dünnen Trennwand auch die anderen Stalljungen. Der Hundejunge fröstelte, aber nicht vor Kälte: Dort drinnen waren zwanzig Windhunde, kämpfende, knurrende, graue Laufmaschinen mit kalten Augen. Doch selbst sie wichen zurück und kniffen die Schwänze ein, wenn die beiden Neuankömmlinge, zwei riesige Hirschhunde mit rauem Fell, drohend ihre schwarzen Lefzen hoben.
Die Windhunde waren ohne Weiteres in der Lage, einen jungen Hirsch oder ein Reh so lange zu hetzen, bis das Tier zusammenbrach. Die Alanenhunde hingegen konnten auch einen ausgewachsenen Hirsch erledigen, wenn er einmal eingekesselt war. Aber nur Hirschhunde waren imstande, einen solch großen Hirsch nicht nur zu Tode zu hetzen, sie hatten hinterher immer noch überschüssige Kraft, um den Kadaver aus dem Unterholz zu zerren.
Douglas hatte bisher keine Hirschhunde gehabt, deswegen war es eine große Überraschung gewesen, als Sir Hal von Herdmanston und seine Reiter dieses Paar mitbrachten. Der Hundejunge hatte den Eindruck, dass es für eine einfache Jagdgesellschaft ziemlich viele Reiter waren, aber Jamie und die anderen hatten ihn aufgeklärt: Für Sir Hal war diese Jagdgesellschaft nur ein Vorwand, in Wirklichkeit war er von seinem Vater geschickt worden, weil er das Versprechen gegeben hatte, dem DouglasClan beizustehen, falls ihre Burg bedroht sein sollte. Offenbar befürchtete man, dass Lord Bruce von Carrick und seine Männer sich an der Lady und ihren Söhnen dafür rächen könnten, dass der Herr des Hauses sich gegen den englischen König erhoben hatte.
Es hatte den Hundejungen erschreckt, als er gestern diese vielen Menschen erblickte, die plötzlich die Burg bevölkerten - mehr Menschen, als er jemals zuvor auf einem Haufen gesehen hatte. Und noch mehr hatte es ihn erschreckt, als er merkte, wie ungehorsam die Hunde von Herdmanston waren, deren Geheul die Meute von Douglasdale in Aufruhr versetzte. Philippe der Berner war sehr ungehalten gewesen - aber zur Überraschung aller hatte das Auftreten des Hundejungen genügt, um auch diese beiden Bestien sofort zu besänftigen.
»Der hier ist Mykel«, hatte Master Hal zu ihm gesagt, und der Hund hatte den Jungen mit großen, ergebenen Augen angesehen. »Es ist ein altes Wort aus Lothian und bedeutet ›groß‹. Der andere heißt Veldi, was in derselben Sprache ›Kraft‹ bedeutet.«
Der Hundejunge nickte, sprachlos vor Ehrfurcht, dass der große, lachende Hal und seine ebenso großen, freundlichen Männer mit Namen wie Bangtail Hob und der Illmade Jock ihm überhaupt ihre Aufmerksamkeit schenkten. Veldi, dessen rosa Zunge hechelnd zwischen den weißen Fangzähnen heraushing, sah treuherzig mit seinen blaubraunen Augen zu dem Hundejungen auf, dessen Herz einen Hüpfer tat, weil er plötzlich zu der Überzeugung gelangt war, dass diese Tiere in Wirklichkeit in Hunde verwandelte Engel waren.
Zu gern hätte er ihnen dies mitgeteilt, aber er brachte nur stammelnd das Wort »Engel« heraus, worüber die großen Männer lachen mussten. Einer von ihnen schlug ihm so fest auf die Schulter, dass der Junge dachte, er wolle ihn in den Boden rammen.
»Engel? Na, du scheinst ja ein rechter kleiner Schlaukopf zu sein!«, sagte der, den die anderen Todd Wattie nannten. »Du wirst deine Meinung schon noch ändern, wenn diese Teufelskerle dich das erste Mal Hals über Kopf in den Dreck geschmissen haben!«
Der Hundejunge entnahm seinem Ton, dass die Hunde das mit ihm wohl mindestens einmal getan haben mussten, und er hätte schwören können, dass Mykel ihm zuzwinkerte. Darüber musste er grinsen, worauf Todd Wattie die Stirn runzelte und die anderen sich lachend auf die Schenkel klopften.
Sir Hal hatte ihm freundlich aufgetragen, sich gut um seine Tiere zu kümmern, und der Hundejunge hatte in das alte und zugleich junge Gesicht geblickt, mit dem Bart und den Augen, die aussahen wie vom Seenebel verschleiert, und von dem Augenblick an liebte er den Mann, und Mykel hatte die Schnauze unter seinen Arm geschoben und ihn mit seinen großen Augen angesehen.
Der Hundejunge hatte schon einmal einen so großen Hund wie Mykel gesehen, vor langer Zeit, als er gerade in Douglas angekommen war. Es war ein Wolfshund gewesen, hatte man ihm erklärt. Der Hund hatte ein raues, struppiges Fell gehabt und war ihm so groß erschienen wie ein Pony - aber er selbst war damals auch noch kleiner gewesen. Jetzt kam es ihm vor, als hätten die Hirschhunde noch längere Beine.
Der Wolfshund war gestorben, als der Hundejunge acht Jahre alt gewesen war, und zwei Jahre, nachdem seine Mutter ihn stolz, aber am Ende ihrer Kräfte, durch dieses Tor geführt hatte, das damals noch aus Holz gewesen war. Der Schild der Douglas hatte daran gehangen, mit den drei silbernen sechszackigen Sternen.
Jamie war trotz seiner hohen Geburt sein Freund. Er konnte lesen und wusste sogar, wo Frankreich lag. Der Hundejunge konnte nicht lesen und hatte nicht einmal eine Ahnung, wo England lag, er wusste nur, dass Schottland nicht weit von Douglasdale entfernt sein konnte.
Und er wusste, dass die Engländer aus England nach Douglasdale gekommen waren, denn Jamie sprach seit gestern von nichts anderem. Er empfand große Bitterkeit darüber, dass seine Mutter, die Lady, kampflos aufgegeben hatte, und jetzt machten sich die Männer von Carrick in der Burg breit, und der junge Lord Bruce, so selbstsicher, dass es schon fast an Arroganz grenzte, hatte ihr in aller Höflichkeit die Zügel aus der Hand genommen, im Namen Englands - obwohl er selbst gar kein Engländer war.
Das Einzige, dessen der Hundejunge sich sicher war und woran er nie zweifelte, auch wenn alles andere um ihn herumwirbelte wie Herbstlaub im Wind, war sein Alter: Er war jetzt elf Jahre. Er wusste es, weil seine Mutter damals sein Alter genannt hatte, und an ihre Stimme erinnerte er sich besser als an ihr Gesicht.
An seinen Vater hatte er keine Erinnerung, lediglich ein undeutliches Bild davon, wie er, das kleine Kind, in der Furche, auf dem Acker, hinter einem Mann hergestolpert war und zugesehen hatte, wie die Pflugschar Erde aufgeworfen hatte. Der Mann hatte die beiden Ochsen, die ihm nicht selbst gehörten, mit Kussgeräuschen angetrieben.
Noch immer glaubte er die Erde zwischen den nackten Zehen zu spüren, er sah die Vögel kreisen und sich auf die ausgegrabenen Käfer und Würmer stürzen. Es war seine Aufgabe gewesen, die Würmer zuerst zu erwischen und sie wieder unter die Erde zu bringen, denn sie pflügten das Feld genauso gründlich um wie der Mensch. Er erinnerte sich an die Stimme, die ihm das erklärte, und er dachte, es könnte sein Vater gewesen sein - aber das alles war zu weit weg, bis auf den Moment, als das große, breite Gesicht seines Vaters sich zu ihm heruntergebeugt hatte, die rissigen Daumen auf seinen schmächtigen Schultern. Das war damals, als er über das Feld gelaufen war, in der Hand einen Beutel mit zwei Fladenbroten und einem dicken Kloß Haferbrei vom Vortag, dorthin gelaufen, wo sein Pa stand, mit den zwei Ochsen, die sein ganzer Stolz waren. Niemand sonst war so wohlhabend.
Sein Pa hatte ihn lange angesehen und sich dann zu ihm heruntergebeugt.
»Du rennst wahrlich so flink wie ein junger Hund«, sagte er, doch seine Stimme klang traurig. »Wie ein junger Hund.«
Am nächsten Tag hatte seine Ma ihn hierher in die Burg gebracht und auf den Berner gewartet. Der Hundejunge schämte sich jetzt, dass er sich an das Gesicht seiner Mutter nicht mehr erinnern konnte, aber er hatte noch ihre Stimme im Ohr und spürte ihre Hand auf seinem ordentlich gekämmten Scheitel.
»Ich habe ihn gebracht«, sagte sie. »Seine Lordschaft hat gesagt, ich kann ihn bringen, wenn er so schnell rennen kann wie die Hunde. Er ist sechs.«
Seitdem hatte seine Welt nur noch aus diesen Mauern und diesen Hunden bestanden.
Malk, der Gehilfe des Berners, rechnete das Alter des Hundejungen nach und trug es in die Liste ein, in der auch die Geburtsdaten der Hunde zusammen mit ihrer Abstammung vermerkt waren. Es machte dem Hundejungen nichts aus, denn er wusste nicht, dass Malk zwar die Abstammung eines Hundes über mehrere Generationen zurückverfolgen konnte, in dem Hundejungen jedoch nur die Brut eines unfreien Bauern aus einer armseligen Hütte sah.
Es wäre für den Hundejungen eine große Überraschung gewesen, wenn er erfahren hätte, dass er auch einen Namen hatte - Aleysandir, genau wie der König, der in Fife von den Klippen gestürzt war und damit im selben Jahr, in dem der Junge geboren wurde, ganz Schottland ins Chaos gestürzt hatte. Aber davon wusste der Junge nichts, und er war jetzt schon so lange der Hundejunge, dass er keinen anderen Namen kannte.
»Runter, ihr Mistkerle!«
Die Stimme holte den Jungen zurück in die Gegenwart, und es wurde ihm bewusst, dass er sich noch immer im Zwinger befand. Gib scheuchte die Hunde fort, und hinter ihm reckte sich Worm und gähnte laut, in seinem wirren Haar steckten Strohhalme. Der Hundejunge kratzte an einem Flohbiss, dann duckte er sich, seine übliche Reaktion auf plötzlichen Lärm und großes Durcheinander. Die schwere Tür flog auf und ließ Licht und einen Schwall kalte Luft herein.
»Auf die Füße, faule Bande!«
Die Gestalt, die sich im Türrahmen vor dem blassen Morgenlicht abzeichnete, blieb einen Moment stehen, dann kam sie herein und knallte mit der Peitsche: Die Hunde kannten ihn nur zu gut und wichen zurück, doch immer wieder kamen sie näher, die Schwänze eingekniffen, winselnd und jaulend.
Obwohl Berner Philippe nicht sehr groß war, musste er sich bücken, um nicht an die Decke zu stoßen. Er trug ein schäbiges Lederwams, um seinen einfachen Mantel aus gefärbter Wolle zu schützen, den er wiederum anhatte, um die blassgraue Tunika darunter sauber zu halten. Dazu zeigte er sein gewohntes höhnisches Grinsen, umrahmt von dem gestutzten schwarzen Bart.
»Los, los, rührt euch«, knurrte er. »Es gibt viel zu tun - wo ist Gib?«
Gib kam angestolpert, er klaubte Stroh aus seinen Kleidern und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Er machte eine schwungvolle Verbeugung, fast ein wenig spöttisch, und holte seine dürftigen Französischkenntnisse hervor.
»À votre service, Berner Philippe.«
Das Gesicht des Berners verfinsterte sich noch ein wenig mehr, als er ihn sah. Der Knabe wurde reichlich keck, das durfte er ihm nicht durchgehen lassen. Er stieß mit der Zunge an einen Zahnstummel, dann zwang er sich zu einem Lächeln und tätschelte dem Jungen die Wange.
»Oho«, sagte er freundlich, »das sind ja feine Manieren!«
Die anderen sahen, dass er Gib tätschelte wie einen Hund. Er fasste ihn unter dem Kinn und kraulte ihn hinterm Ohr. Es war genauso ein Morgenritual wie das Wecken, denn Gib war der Liebling von Philippe.
Philippe hatte sechs Hundepfleger unter sich. Zusammen mit den sechs piqueurs, den Jägern, fühlten sie sich als die wahren Jünger des Douglas-Clans und weit erhaben über die gleiche Anzahl von stolzen Kriegsknechten. In ihren Augen war Berner Philippe der heilige Petrus - White Tam, der Hauptpiqueur, war St. Jacobus, der Bruder Jesu - Lady Eleanor war die Heilige Jungfrau - und der kühne Sir William war Christus höchstpersönlich.
So war es seit eh und je durch Sitte und Gesetz bestimmt, und damit von Gott selbst.
»Nimm dir fünf Jungen, und dann macht die Jauchegrube sauber«, sagte Philippe und sah vom Hundejungen zu Gib und wieder zurück. Dann nickte er Gib zu und sah hinter ihm her, als er gehorsam losschlurfte. Er wurde groß ... zu groß, bei Gott. Das zarte, weiche Fleisch wurde langsam voller und fester, und selbst für eine Nase, die Gestank gewohnt war, roch Gib jeden Tag stärker nach Hund.
Der Hundejunge stand da und starrte auf das stinkende Stroh, als gäbe es hier einen versteckten Schatz zu entdecken, und Philippe fragte sich, wie so oft, warum er diesen Jungen nie gemocht hatte. Zu mager vielleicht. Doch es gab einen neuen Jungen - Philippe drehte den Kopf wie ein Hund, der eine Spur sucht. Wie hieß er gleich wieder ...? Hew, so hieß er. Das war der Name, den seine Eltern ihm gegeben hatten, aber auf der Liste stand er mit einem Spitznamen, den man sich leichter merken konnte - ein Hundename, Falo, was »gelb« bedeutete, und Philippe erkannte ihn vor allem an seinem blonden Haarschopf.
Eine Enttäuschung. Zu jung. Trotzdem, das blonde Haar, das hier unter dem Völkergemisch, aus dem die Schotten bestanden, von guter Abstammung zeugte, fiel dem Jungen übers Gesicht, als er das stinkende Stroh in den Armen davontrug, und in Philippes Hose wurde es plötzlich eng. Es würde sich lohnen, zu warten ...
Er sah den Hundejungen, der sich wie immer in den Schatten drückte. Der Junge spürte den Blick mehr, als er ihn sah, und blieb vor Angst stehen.
»Du«, sagte Philippe kurz und sah den mageren, dunkeläugigen Jungen mit dem Widerwillen an, den er für alle Kümmerlinge empfand. »Ins Vogelhaus. Gutterbluid wartet.«
Die Kälte griff nach dem Hundejungen. Er schlang die Arme um den Körper und eilte zum Vogelhaus auf der anderen Seite des Hofes, über den heulend der Wind fegte. Der Hundejunge sah sehnsüchtig hinüber zu den glühenden Kohlen, in die Winnie, die Schmiedin, kräftig genug blies, dass die aufstiebenden Funken den Reetdächern auf Wagenschuppen und Stall gefährlich nahe kamen. Dahinter waren die Palisaden, der Burggraben und das Tor, das jetzt aus Eisen war, sowie der hölzerne Taubenschlag, der sich dunkel gegen den grauen Morgenhimmel abhob. Und über allem ragten die Wachtürme auf und der massige quadratische Bergfried.
Das Schmiedefeuer flackerte auf und warf gespenstische Schatten an die Mauer des einen Turmes, bis hinauf zu der Kreuzscharte, die der Kapelle als Fenster diente und aus dem honiggelbes Licht von Talgkerzen drang. Bruder Benedictus, der Kaplan, war also bereits bei der Andacht und sprach dort oben die Worte, die der Hundejunge so gut kannte, dass er glaubte, sie in diesem Moment zu hören:
Domine labia mea aperies. Et os meum annunciabit laudem tuam. Deus in adjutorium meum intende.
Der Hundejunge ging am Backhaus vorbei, aus dem bereits ein Duft drang, der einem wie immer den Mund wässrig machte, dabei murmelte er die Antwort, als wäre er selbst in der Kapelle - Ave Maria, gratia plena. Und der Abschluss des Gebets folgte nach wie der kalte Wind, der vom Fluss her wehte - Gloria patri et filio et spiritui sancto. Sicut erat in principio et nunc et semper et in secula seculorum. Amen. Alleluja.
Er ging am Taubenschlag vorbei, auf dessen spitzem Dach ein merkwürdiger geschnitzter Vogel saß, der an seiner eigenen Brust zu fressen schien, und er begegnete Ferg, dem Küchenjungen, der frisches Brot holen wollte und ihn angrinste, denn auch ihm waren die lateinischen Worte vertraut. Sie wussten beide nicht, was genau sie bedeuteten, sie plapperten sie einfach so dahin.
In den Küchengebäuden neben dem Backhaus war es noch ruhig und dunkel, genau wie in den meisten anderen Gebäuden innerhalb der Palisade aus grob behauenen Baumstämmen, die den Burghof von Wohngebäuden trennte und die große Halle, die Ställe, die Soldatenquartiere und ein paar kleine Gemüsegärten umschloss.
Auf dem umlaufenden Holzgerüst, das als Wehrgang diente, stampften die Wächter mit den Füßen und bliesen in die Hände. Bald würde das Gerüst abgebaut werden, denn es wurde nicht mehr gebraucht, jetzt, wo die Lady sich den Männern aus Carrick unterworfen hatte.
Allerdings hatte es vor ein paar Tagen doch etwas Verwirrung gegeben, als abermals ein Trupp erschien, zwar kleiner, aber nicht weniger entschlossen. Der Hundejunge hatte gehört, der Earl von Buchan sei ihr Anführer, und Jamie hatte etwas davon gemurmelt, dass eigentlich niemand so recht wisse, ob dieser Lord aus dem ComynClan nun für oder gegen König Edward sei.
Der Hundejunge hatte sie gestern kommen sehen, die Leute aus Carrick, mit ihren Fahnen, hatte ihr Kriegsgeschrei gehört, und er war ganz aufgeregt gewesen, denn er hatte erwartet, dass es zu Kämpfen kommen würde - aber dann war alles ganz schnell vorbei gewesen, einfach so. Es war merkwürdig, dass die Lady von Douglas diese Eindringlinge wie Freunde behandelte, von denen die Burg jetzt fast überquoll, sodass viele sich mit Notunterkünften im Burghof und sogar außerhalb begnügen mussten.
»Hundejunge«, ertönte jetzt eine Stimme, er drehte sich um und sah Jamie, der aus der Dunkelheit auftauchte. Der Hundejunge verbeugte sich, was Jamie als durchaus angemessen betrachtete, denn schließlich war er der älteste Sohn des Kühnen und trug schwarze Beinkleider und eine Kapuze mit gebogtem Rand, an seinem Gürtel hing ein gutes Messer in einer Scheide, und er besaß solide Lederstiefel und einen warmen Mantel.
Er war im gleichen Alter wie der Hundejunge, jedoch größer und stärker, denn er übte sich im Gebrauch der Waffen und würde eines Tages die drei Gelübde ablegen und dann ein Ritter sein. Eines Tages würde er sogar Jesus Christus selbst sein, dachte der Hundejunge, nämlich dann, wenn sein Vater sterben würde und ihm die Herrschaft über Douglas vererbte. Schon jetzt durfte er, so oft er wollte, einen Falken aufsteigen lassen - und bei dem Gedanken daran, wo dieser Vogel hauste, wurde der Hundejunge ganz traurig.
»Kalt ist es«, bemerkte Jamie grinsend. »Kalt wie Hexentitten.«
Der Hundejunge grinste zurück. Sie waren auf ihre Art Freunde geworden - auch wenn der Hundejunge abgerissene, schmutzige Kleider trug und ein Niemand war -, doch auch Jamie liebte Hunde, und auch er hatte keine Mutter, genau wie der Hundejunge. Einst hatte dieser ihn danach gefragt, weil er dachte, Lady Eleanor sei Jamies Mutter, aber Jamie hatte ihn aufgeklärt.
»Meine richtige Mutter ist weggeschickt worden«, sagte er unumwunden. »In ein Kloster. Die hier ist die neue Frau meines Vaters, und die Söhne, die er mit ihr gezeugt hat, sind meine Stiefbrüder.«
Er hatte den Hundejungen angesehen, und sein Blick war wild und entschlossen gewesen wie der seines Falken.
»Aber ich bin der Erbe, und eines Tages gehört das alles mir«, hatte er hinzugefügt, und der Hundejunge zweifelte nicht daran. Das verband sie beide, trotz ihres Standesunterschieds. Sie waren im selben Alter, und sie beide waren von Mutter und Vater verlassen. Es war dieselbe Einsamkeit. Das hatte sie zusammengeschweißt, seit sie laufen konnten, und sie waren unzertrennlich geworden.
Allerdings spürten sie beide die Veränderungen, die immer deutlicher zutage traten, sowohl was ihren Stand betraf als auch die körperlichen Veränderungen, und dass unsichtbare Kräfte sie immer weiter voneinander entfernten. Der Hundejunge würde nie etwas anderes sein als ein Stallbursche - Jamie hingegen würde ein Ritter werden, wie sein Vater.
Außer William dem Kühnen hatte es in Douglas keine anderen Ritter gegeben. Wohl etwa zwanzig Krieger, mit guten, gepanzerten Westen, mit Schwertern und Stangen. Doch jetzt gab es nur noch sechs, die anderen waren verschwunden, und den Hundejungen überlief es immer noch kalt, wenn er daran dachte, wie vor einem Jahr vier der Krieger einen schwer verwundeten Waffenbruder durchs Tor getragen hatten. Sie hatten ihnen die Nachricht überbracht, dass man den Kühnen in den Kerker geworfen hatte und alle anderen Männer des Douglas-Clans umgekommen waren, zusammen mit allen Bewohnern von Berwick, Männern, Frauen, Kindern, nachdem Edward der Engländer die Stadt eingenommen hatte.
»Das Blut in den Gassen stand so hoch, dass es mir oben in die Schuhe lief«, hatte Thomas der Sergeant erzählt, und er musste es wissen, denn auch sein Blut war geflossen, und er trug eine rote, noch ganz rohe Narbe auf einer Seite seines Gesichts. Er war der Schwerverwundete gewesen, der getragen werden musste, und eine Weile sah es aus, als würde er sterben. Aber er war zäh, einige sagten sogar, so zäh wie Sir William Douglas selbst.
Jamie liebte und fürchtete seinen Vater gleichermaßen, und die Tatsache, dass Sir William die Belagerung und das Gemetzel in Berwick überlebt hatte und noch immer kämpfte, breitete sich aus wie ein Lauffeuer - aber der Hundejunge verstand längst nicht alles davon, und Jamie erklärte es ihm, langsam und geduldig, gerade so, wie wenn man einem Hund etwas beibringt.
Anscheinend war der Earl von Carrick, ein junger, dunkelhaariger Spross des BruceClans namens Robert, auf Befehl der Engländer hergekommen, um sich an der Lady dafür zu rächen, dass ihr Mann gemeinsame Sache mit den aufständischen Schotten machte. Der Lord aus Lothian, den sie Hal nannten, der Mann mit den harten Augen und den großen Hunden, war in letzter Minute gekommen, um der Lady zu helfen, sich diesem Earl entgegenzustellen.
Und aus irgendeinem Grund, der dem Hundejungen nicht recht klar war, hatte die Lady sich dann diesem Earl Robert ergeben - aber es war nichts von all dem Schrecklichen passiert, das man normalerweise erwartet, wenn man Eindringlinge gewähren lässt. Es war überhaupt nichts Besonderes passiert, außer, dass es in der Burg schrecklich eng wurde.
Wenige Stunden später war ein weiterer Earl am Tor erschienen, der hieß Buchan. Wie es aussah, mochten er und Earl Robert sich nicht besonders, sie schienen jedoch auf derselben Seite zu stehen. Und das war nicht die Seite von Sir William Douglas.
Dem Hundejungen war nicht klar, warum dieser Earl Buchan überhaupt gekommen war, aber er war überrascht, als er jetzt hörte, dass die rothaarige Gräfin, die zusammen mit Earl Robert angekommen war, die Frau des Earl von Buchan sei. Als Jamie ihm dies alles erklärte, schwirrte dem Hundejungen schon bald der Kopf. Jamie, der merkte, dass das Interesse seines Zuhörers erlahmte, wurde von kindlichem Zorn gepackt.
»Für dich bedeutet dieser Krieg wohl gar nichts! Du ärgerst dich nur, dass man jetzt auch noch Sandfässer mit Kettenhemden rollen muss, um sie zu säubern, oder dass man sich im Bogenschießen üben muss.«
Der Junge antwortete nicht, sein Freund war wütend, aber er wusste nicht so recht, weshalb. Doch er schämte sich, denn eigentlich sollte auch er sich im Bogenschießen üben, genau wie alle anderen von niedrigem Rang, aber meist schwänzte er, und es interessierte auch niemanden, wenn der schmächtige Hundejunge nicht auftauchte. Und wozu sollte er schießen lernen? Es hatte hier, ehe die Eindringlinge kamen, nie Feinde gegeben - und auch die Eindringlinge waren jetzt ganz offensichtlich Freunde. Doch inzwischen dämmerte es selbst dem Hundejungen, dass sein beschauliches Leben nicht mehr lange so beschaulich bleiben würde und dass die Mauern des Wohnturms der Douglas Risse bekamen.
»Pfui, du stinkst vielleicht«, sagte Jamie plötzlich und rümpfte die Nase. »Wann hast du dich zum letzten Mal gewaschen?«
»Am Markttag«, erwiderte der Hundejunge entrüstet. »Genau wie alle anderen, mit richtiger Seife.«
»Am Markttag«, explodierte Jamie. »Das ist ja Monate her. Ich habe mich erst letzte Woche gewaschen, in einem Bottich mit heißem Wasser und mit parfümierter Seife.«
Dann kniff er mit einem Ausdruck, den er für anzüglich hielt, ein Auge zu.
»Und ich habe mir von einer Magd den Rücken schrubben lassen. Wie findest du das?«
»Und was, wenn das deine Mutter erfährt?«, erwiderte der Hundejunge zweifelnd. Er war sich über das Geschehen zwischen Rüde und Hündin durchaus im Klaren, wusste aber noch nicht so recht, wie das alles mit dem Gestöhn und Getuschel zusammenhing, das er nachts manchmal hörte. Er wusste auch, dass es, was Frauen anbetraf, bestimmte Vorschriften gab. In Douglas gab es eigentlich für alles Vorschriften.
»Lady Eleanor ist nicht meine Mutter«, entgegnete Jamie hochmütig. »Sie ist die Frau meines Vaters.«
Dennoch runzelte er die Stirn, denn der Hundejunge hatte recht. In diesen Dingen musste man vorsichtig sein. Natürlich gab es in der Burg Frauen. Da war etwa Agnes in der Küche, es gab die Kammerzofen seiner Stiefmutter und jetzt auch noch Lady Buchan, die ständig lachte und deren Haar so wild war, dass keine Haube es bändigen konnte. Sie hatte ein Gemach im Turm bezogen, während ihr Mann im Burghof in seinem prächtigen gestreiften Zelt schmollte - was Jamie ziemlich sonderbar fand.
»Ich hole mir jetzt Brot«, beschloss Jamie mit einem Blick auf seinen Freund. »Willst du auch eins?«
Der Hundejunge verspürte einen bohrenden Hunger. Die Vögel konnten warten. Der Geruch von frisch gebackenem Brot stieg ihnen in die Nase.
»Hundejunge!«
Eine kalte, schneidende Stimme ließ sie auseinanderfahren, es klang, wie wenn man eine Klinge über einen rauen Stein zog. Beide Jungen waren zusammengeschreckt und sahen zum Falkner auf, der wie aus dem Nichts erschienen war. Er trug seinen Mantel aus Marderfell und seine Marderfellmütze mit der Adlerfeder, denn sie waren sein ganzer Stolz, und wenn man sie ihm einmal stehlen würde, würde er sich nicht mehr ins Freie trauen, so spotteten die Männer, aber nur hinter seinem Rücken. Heimlich nannten sie ihn auch »Gutterbluid« - das bedeutete »Gossenköter «. Es hieß, sein richtiger Name sei Sib, und Gutterbluid war ein Name, den man den Leuten aus Peebles gab, um sie zu ärgern. Doch niemand hätte es gewagt, Sib zu ärgern, also nannte man ihn einfach Falkner. Aber niemand mochte ihn, und am wenigsten der Hundejunge.
»Du trödelst, Junge!«, zischte der Falkner. Jamie, der sich schnell wieder erholt hatte, versuchte möglichst lässig zu wirken, denn wenn er ein Ritter werden wollte, musste er lernen, seine Angst zu überwinden.
»Ich habe mich mit ihm unterhalten, Falkner«, erklärte er, zuckte aber unter dem wütenden Blick des Mannes mit dem hageren braunen Gesicht gleich wieder zusammen. Kein Wunder, dass man ihn für einen Sarazenen hält, dachte der Junge.
Der Falkner sah verächtlich auf den jungen Douglas herab. Elender kleiner Köter, dachte er. Ein Falkner verfügte über Geschick und Klugheit und hatte daher Anspruch auf Respekt - doch dieser kleine Kläffer hier war von edlem Geblüt, und er als Falkner konnte nichts weiter tun, als sich um diese paar armseligen Vögel kümmern, weil die Herrschaften sich nichts Besseres leisten konnten.
Am liebsten hätte er dem Jungen eine Ohrfeige verpasst, aber er kannte seine Grenzen und wusste um die Folgen, wenn er sie übertrat. Also verbeugte er sich stattdessen.
»Um Vergebung, junger Herr. Wenn Ihr fertig seid, werde ich die Köder holen.«
Der Hundejunge ersparte Jamie weitere Peinlichkeiten, indem er mit einer flüchtigen Verbeugung in seine Richtung am Falkner vorbei und ins Vogelhaus lief. Jamie und der Falkner starrten sich einen Moment stumm an, bis Jamie der Mut wieder verlassen hatte. Zufrieden verzog der Falkner den Mund zu einem Grinsen. Er deutete eine Verbeugung an und ging in das Haus zu dem Hundejungen.
Es dauerte eine Weile, bis die Augen des Hundejungen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Es roch widerlich nach Vogelkot, und das ganze Gebäude war erfüllt von einem Geräusch wie von großen, flatternden Fahnen. Die Vögel, etwa ein Dutzend, bewegten sich mit ihren leise kratzenden Krallen auf den Sitzstangen. Meist saßen sie reglos wie geschnitzte Figuren in ihren Nischen, blinde Ritter mit federgeschmückten Hauben. Der Hundejunge zog sich Handschuhe aus Dachsfell an, nahm den Korb in den Arm und wartete geduckt.
Er holte tief Luft. Es stank beißend nach dem Kot der Tiere, die ihn jetzt wahrnahmen und sich krächzend und wild vor Hunger auf ihn stürzten. Um ihn herum waren nur noch Flügel und stiebende Federn. Sie flatterten bis zum äußersten Ende der ledernen Fesseln, die sie um die Füße trugen, um sich jedes Mal erneut gierig und wie im Rausch auf den Jungen zu stürzen und ihn wie wild mit ihren Flügeln zu peitschen.
Der Junge zuckte zusammen und warf ihnen das Futter hin, indem er im Gang zwischen ihnen entlangstolperte, wagte aber aus Angst vor dem Falkner nicht, sich energischer gegen sie zu wehren. Er versuchte nur, so gut es ging, sich vor dem wütenden Ansturm zu schützen. Jamies großer Falke flog von seiner Stange herab und konnte den Weg zurück nicht mehr finden. Ein weiterer Vogel schlug seine Krallen in das Handgelenk des Jungen, wo der schützende Handschuh herabgerutscht war.
Endlich packte eine Hand den halb blinden Hundejungen an der Schulter und zog ihn aus diesem Gewirr aus Federn, Krallen und endlosem Kreischen zurück. Er wurde zur Tür hinausgestoßen und landete schluchzend auf dem Boden, bis er nach einer Weile wieder so weit zu Atem gekommen war, dass er sich aufsetzen und Tränen und Federn aus dem Gesicht wischen konnte. Über den einen Handrücken zog sich ein langer, blutiger Kratzer, er leckte das Blut ab und betrachtete seine Handschuhe, die ein paar neue Risse hatten, aus denen Fellbüschel herausquollen.
Er hörte den Falkner. »Ruhig!«, sagte er. »Ruhig! Jetzt ist es vorbei, meine Schönen. Ganz ruhig jetzt, meine Kleinen.«
Ein Schatten fiel auf den Hundejungen, und er zuckte zusammen und wollte wegrennen. Der Falkner ...
Aber es war Jamie, dessen Mund zu einer unwilligen geraden Linie zusammengepresst war. Ohne ein Wort hielt er dem Hundejungen ein Stück Brot hin, der es nahm. Frisch aus dem Backofen, es dampfte noch und war heiß, wenn man hineinbiss.
»Fertig?«
Der Hundejunge nickte. Er konnte nicht sprechen, und Jamie nahm ihn bei der Hand und zog ihn hoch. Zusammen rannten sie zur Schmiede und kletterten auf den Schmiedeblock hoch, wo sie Metallsplitter und krumme Nägel zur Seite fegten und sich niederließen.
Winnie, die Schmiedin, klein, rund und dunkel wie ein nordischer Zwerg, grinste sie an. Ihr Haar war zum Schutz gegen den Funkenflug zu zwei festen Zöpfen geflochten, ihr Gesicht war rot vom Feuer. Wortlos reichte sie ihnen einen Krug mit Bier, denn sie hatte die Jungen gern, sie waren wie zwei kleine Mäuse und leisteten ihr Gesellschaft, während sie das Metall bearbeitete. Dem Hundejungen war vom Brot und dem Feuer warm geworden, und er fühlte sich wieder besser.
»Nicht schlimm«, sagte Jamie, der sich die frische Wunde seines Freundes angesehen hatte.
»Wenn ich hier erst mal der Herr bin«, fügte er hinzu, »dann hört das auf.«
Dann schwiegen sie, denn es gab weiter nichts dazu zu sagen. Es gehörte einfach zu den Aufgaben des Hundejungen: Man ließ die Vögel hungern, und wenn sie dann schließlich gefüttert werden mussten, schickte man ihn - und zwar nur ihn allein. Und wenn sie auf der Jagd eingesetzt wurden und einer verloren ging, wurde der Hundejunge ausgeschickt, um ihn zu suchen. Und egal, wie viel der Vogel gefressen hatte oder ob das Glück der Freiheit ihn übermannt hatte - beim Anblick und dem Geruch des Hundejungen, der den Köder an der Leine schwenkte, kam der Vogel zurück und ließ sich wieder einfangen.
Hal sah sie zur Schmiede rennen, als er den Hof überquerte. Er bemühte sich, leise aufzutreten, denn er war auf dem Weg zu den Männern von Herdmanston und wollte sicherstellen, dass sie ihren Mund hielten über das, was sie über die Gräfin, Isabel von Buchan, und den jungen Bruce gehört hatten.
Er mochte Gutterbluid nicht, und noch viel weniger, wie er mit dem Hundejungen umging, auch wenn er wusste, dass er auf Befehl von Lady Eleanor handelte. Den Grund dafür konnte er nur erahnen. Aber so ging es nun einmal zu in der Welt, die Dinge waren vorherbestimmt durch Sitte und Gesetz und somit durch Gott.
Da half auch die Tatsache nichts, dass die Welt in letzter Zeit immer merkwürdigere Kapriolen schlug, und es war in der Tat kurios, dass er, Sir Sientcler von Herdmanston, ausgeschickt worden war, um die Rechte derer von Douglas zu verteidigen, und feststellen musste, dass sein eigener Verwandter und Lehnsherr, der alte Tempelritter Sir William Sientcler von Roslin, gemeinsame Sache mit diesem Robert vom Clan der Bruces machte.
Hal hatte es bereits gewusst, als er losgezogen war. Auf Geheiß seines Vaters und trotz vieler Proteste hatte er fast sämtliche Männer von Herdmanston zusammengetrieben. Es war kaum einer übrig geblieben, um das eigene kleine Burgtor zu bewachen, aber sein Vater hatte ihm mit Tränen in den Augen auf die Schulter geschlagen und mit belegter Stimme zu ihm gesagt: »Ich halte mich an das Versprechen, dass die Sientclers von Herdmanston die Rechte der Douglas verteidigen werden. Und in dem Versprechen gab es keine Klauseln, die Einmischung unserer Vettern von Roslin betreffend, mein Junge.«
Natürlich waren alle sehr erleichtert gewesen, als Lady Eleanor sich auf Hals Rat hin ohne große Umstände diesem Bruce und seinen Männern aus Carrick ergab, obwohl sie ein böses Gesicht dabei gemacht und ihn mehr oder weniger des Verrats beschuldigt hatte, weil der alte Templer auf der anderen Seite stand.
Hal hatte den Vorwurf geschluckt, hatte aber erleichtert aufgeatmet, als die Tore sich geöffnet hatten und der junge Bruce, der Earl von Carrick, in den Burghof geritten kam und den Widerstand der Lady überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hatte.
»Mein Vater hat mich geschickt«, hatte er ihr zugerufen mit trotzig vorgeschobener Unterlippe, »und der hat den Befehl von König Edward persönlich, Douglas für Sir Williams Widerstand zu bestrafen.«
Er lehnte sich auf der Kruppe seines großen Pferdes zurück, während im Burghof die Menschen durcheinanderliefen, von denen viele weder etwas von Lady Eleanors Trotzhaltung mitbekommen hatten, noch von den Versuchen des jungen Bruce, seine Aufgabe höflich und mit Anstand zu erledigen.
»Euer Mann hat die erste Gelegenheit genutzt, um Edwards Armee ohne Genehmigung zu verlassen«, sagte er ernst. »Gott allein weiß, wo er jetzt ist. Vielleicht hat er sich Sir Andrew Moray und den Aufständischen im Norden angeschlossen. Ich bin aus Annandale gekommen, um diese Burg hier einzunehmen - als gerechte Strafe. Ich habe meine Pflicht hiermit erfüllt, und Ihr, Mylady, steht unter meinem Schutz, Ihr und Eure Kinder seid in Sicherheit.«
Die schottischen Rebellen mögen Bruce als Engländer betrachten, dachte Hal, aber ein echter Engländer wäre nicht so schonend mit Lady Eleanor von Douglas verfahren. Allerdings war die Lady ein feuerspeiender kleiner Vulkan, den der junge Bruce noch längst nicht zum Erlöschen gebracht hatte.
»Ich nehme an, das tut Ihr nur, weil Ihr den Zorn meines Mannes fürchtet, Mylord, und weil ein Verwandter des jungen Hal Sientcler mit Euch reitet. Ihr habt das Versprechen eines Tempelritters. Nun denn, es sei, wie es wolle. Meine Söhne und ich danken Euch.«
Der alte Templer, dessen weißer Bart wie ein Vlies auf der Brust hing, hatte nur genickt, aber das hübsche Gesicht des jungen Bruce war von seiner Unterlippe verunstaltet, die er wieder vorgeschoben hatte bei der Andeutung, dass man dem Wort eines Bruce nicht trauen konnte. Und als sie sein Gesicht sah, lächelte Lady Eleanor zum ersten Mal, aber es war kein freundliches Lächeln.
Lady Eleanor, dachte Hal, hat ein Gesicht wie ein rotwangiges Ferkel, das auf eine Wespe gebissen hat, und das war kein schönes Gesicht für jemanden, dessen Liebesleben in Dichtung und Gesang gepriesen wurde. Sie behauptete von sich gern, sie sei unschuldig und rein wie der Schnee auf den Bergspitzen gewesen, als sie in den Stand der Ehe trat. Das allerdings würde bedeuten, dass ihre beiden Söhne, Hugh und Archie, Früchte einer unbefleckten Empfängnis gewesen wären. Denn natürlich waren sie und der Kühne schon lange Liebhaber gewesen, ehe sie den Segen der Kirche empfangen hatten. Dann hatte der Kühne sie entführt, seine legitime Frau ins Kloster geschickt und Eleanor geheiratet, womit er sich viele Feinde gemacht hatte.
Nicht zuletzt sein Sohn musste ihn dafür hassen, hatte Hal gedacht, als er den jungen Jamie gestern beobachtet hatte, wie er aufrecht und mit trotzig vorgeschobenem Kinn neben seiner Stiefmutter stand. Hal hatte gemerkt, wie der Junge versuchte, ein Zittern zu unterdrücken, und es gab ihm einen Stich, weil es ihn an seinen eigenen Verlust erinnerte. Genau wie John, dachte er traurig. Wenn er noch am Leben wäre, wäre er so alt wie dieser Junge.
Die Erinnerung brachte ihn in den Burghof zurück, und beim Anblick von Jamie und dem Hundejungen, die zur Schmiede rannten, empfand er wieder den ihm so vertrauten Schmerz.
Sim Craw, der Hal an diesem dämmrigen Morgen folgte, bemerkte die Jungen ebenfalls - und er sah, wie Hals Gesicht ernst wurde. Er wusste den Grund sofort, denn sobald Hal einen Jungen sah, wurde er an seinen toten Sohn erinnert. Und jede dunkelhaarige Frau mit lachenden Augen erinnerte ihn an seine Jean. Schlimm genug, einen Sohn durch das Fieber zu verlieren, aber die Mutter noch dazu - wahrlich eine schwere Prüfung Gottes, und die zwei Jahre, die seitdem vergangen waren, hatten seinen Schmerz darüber kaum gelindert.
Sim hatte nicht viel Geduld mit Kindern, aber diesen Jamie Douglas mochte er. Ihm gefiel sein Temperament, so wie ihm auch lebhafte Welpen gefielen. Seine Geburt stand nicht gerade unter einem günstigen Stern. Erst wird seine Mutter weggeschickt, und dann dieses Leben mit einem Vater, der immer streng und unnachgiebig mit dem Jungen umgegangen war. Seine Stiefbrüder waren noch zu klein, sie konnten ihm keine Gefährten sein, doch James hatte nicht nur das Lispeln seiner Mutter, sondern auch den Jähzorn seines Vaters geerbt, der sich in plötzlichen Wutausbrüchen zeigte.
Sim musste an den gestrigen Tag denken, als Buchan plötzlich vor dem Tor auftauchte und alles in Panik geraten war. Schließlich stand dort der größte Rivale von Robert Bruce, und niemand wusste, ob der einflussreiche Angehörige des ComynClans ein Rebell war oder nicht. Auf jeden Fall hatte er hier nichts zu suchen - denn seine Frau war ebenfalls in der Burg. Sie wähnte ihren Mann Hunderte von Meilen weit weg, weil sie annahm, dass er mit Edwards Soldaten in den Krieg gegen Frankreich ziehen würde. Die Gelegenheit hatte sie nutzen wollen, um sich mit dem jungen Bruce zu treffen.
Deshalb hatte es ein paar Minuten lang so ausgesehen, als würde es trotz allem doch noch zum Kampf kommen, und Sim hatte vorsorglich seine Armbrust gespannt. Jamie, der die Szene verfolgte, hatte sich auf die Zehenspitzen gestellt und zu Buchan hinuntergerufen, vor Zorn bebend und mit einem rot angelaufenen Kindergesicht: »Ihr kommt hier nicht rein! Ihr werdet alle aufgehängt! Jawohl, wir werden euch hängen, darauf könnt ihr euch verlassen!«
»Pschscht«, hatte Sim gemacht und dem Jungen auf die Schulter geklopft, doch dafür erntete er nur einen zornigen Blick.
»Du hast mir gar nichts zu sagen«, fauchte er Sim an. »Denn eines Tages werde ich zum Ritter geschlagen.«
Worauf man ein Klatschen hörte. Der Junge schrie auf und hielt sich die Backe, und Sim zog sich seinen Stulpenhandschuh wieder an. In aller Ruhe lehnte er sich auf die Armbrust.
»Betrachte das als ersten Ritterschlag. Und wenn du weiterhin so vorlaut bist, Jamie Douglas, wirst du vielleicht sogar ein zweifach geschlagener Ritter werden.«
Diese Geschichte erzählte er jetzt Hal, damit er endlich aufhörte, dorthin zu starren, wo die Jungen verschwunden waren. Hal, aus seinen Gedanken aufgescheucht, brachte ein mühsames Lächeln zustande.
»Ich hoffe für dich, dass er es vergisst, bis er hier sein Erbe antritt «, sagte er zu Sim.
Ein plötzliches Gebrüll veranlasste beide, sich umzudrehen, und Sim Craws breites Grinsen verschwand.
»Was will er bloß hier?«, fragte er mit Blick auf das gestreifte Zelt des Earl von Buchan, aus dem jetzt erneut ein wütender Unmutslaut drang.
»Seine Frau vermutlich«, erwiderte Hal trocken, und Sim lachte leise. Irgendwo da oben, dachte Hal und sah zu dem dunklen Turm hoch, sitzt die schöne Isabel MacDuff und erzählt allen weiterhin, sie sei rein zufällig hier, um Eleanor Douglas zu besuchen.
Offenbar war Buchan der einzige Mensch in ganz Schottland, der keine Ahnung hatte, dass der junge Bruce und Isabel keine Gelegenheit ausließen, um miteinander ins Bett zu steigen, und wie Sim erzählt hatte, bestand dieses Verhältnis schon, seit dieser Bruce überhaupt zum Bumsen fähig war.
Es wäre zum Lachen gewesen, wenn die allgemeine Lage nicht so gefährlich gewesen wäre. Der Earl von Buchan war ein Comyn, ein Freund der Balliols von Galloway, die wiederum die Erzrivalen des BruceClans waren. Ein Balliol war vor vier Jahren von Edward als König von Schottland eingesetzt worden - und dann, vor einem Jahr, hatte man ihm seine königlichen Insignien wieder abgenommen, weil er sich als undankbar und illoyal erwiesen hatte. Jetzt war Schottland in Aufruhr und wurde angeblich direkt von Westminster aus regiert.
Doch noch immer schwelten die alten Rivalitäten, und es brauchte nicht viel, um einen Flächenbrand auszulösen. Ein Funke genügte. Und wenn Buchan seine treulose Frau hier mit gespreizten Beinen vorfand, könnte das womöglich dieser Funke sein, dachte Hal.
Eine dunkle Gestalt trat aus dem Schatten, und die Männer fuhren erschrocken zusammen, aber als sie das leise Lachen hörten, ließen sie ihre Schwertgriffe mit verlegenem Gesicht wieder los.
»Gut zu wissen, dass man zwei tapferen jungen Kriegern noch immer ein bisschen Angst einjagen kann.«
Jetzt erkannten sie den dunkel gekleideten alten Tempelritter, dessen weißer Bart beim Lachen bebte. Hal lächelte, aber sehr zurückhaltend, wie es sich gehörte, denn der alte Templer war ein Roslin, und die Sientclers von Herdmanston waren den Sientclers von Roslin lehenspflichtig.
»Sir William. Gelobt sei Gott.«
»In Ewigkeit, Amen«, erwiderte der Templer. »Falls Ihr einen Moment Zeit hättet - man wünscht Euch zu sehen.«
»So? Und wer wünscht das?«
Sims Stimme klang höflich, aber nicht unterwürfig. Den alten Templer schien es nicht weiter zu stören.
»Der Earl von Carrick«, erklärte er, und damit war die Sache entschieden. Ohne Umstand folgten sie dem Templer in die halbdunkle Halle des Wohnturmes. Von dort ging es in einen Raum, in dem sich neben einer Truhe nur eine Bank und ein hoher Lehnstuhl befand. Auf dem Boden lag frisch geschnittenes Schilf, vermischt mit Sommerblumen. Die brennenden Wachskerzen verströmten Honigduft und ließen die Schatten des Mannes, der am Ende des Raums erregt auf und ab ging, groß und bedrohlich erscheinen. Es war Robert Bruce, der Earl von Carrick, und er war außer sich.
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Aber die Schotten dachten nicht daran, das Knie vor ihm zu beugen. Im Norden gab es Unruhen unter Moray, im Osten unter Frazier und im Westen unter einem Hauptmann namens Wallace. Auch Schottlands Bischöfe lehnten sich auf. Sir William Douglas, den man seines Mutes wegen »den Kühnen« nannte und der geholfen hatte, Berwick gegen König Edward zu verteidigen, war zwar gefangen genommen, aber vom König begnadigt worden, unter der Bedingung, dass er auf Seiten der Engländer gegen Frankreich kämpfe. Doch nicht lange danach brach er dieses Versprechen, er kam zurück nach Schottland und schlug sich erneut auf die Seite der Rebellen.
Aufgebracht durch diesen Verrat befahl König Edward den Untertanen in Schottland, deren Loyalität er sich noch sicher sein konnte, sich den Rebellen entgegenzustellen, und der Earl von Carrick, Robert Bruce der Jüngere, wurde zur Burg von Douglas beordert, um die Festung einzunehmen und Sir Williams Frau und Kinder als Geisel zu nehmen.
Doch wehe dem, der den schlafenden Löwen weckt ...
PROLOG
DOUGLAS, LANARK
AM TAG DES HEILIGEN DROSTAN, JULI 1296
Das Schlimmste war die Dunkelheit. Kein Mond, keine Sterne, nur das Flüstern der verlorenen Seelen, die im Wind nach einem Heimweg suchten, oder nach einem Körper, in den sie schlüpfen konnten, um sich an warmes Blut und Leben zu erinnern. Er hatte Eulen gehört, Geschöpfe, die ihm schon immer zuwider gewesen waren, denn sie schrien wie Cyhiraeth, die Göttin der Waldbäche, die im Dunkeln ihr Unwesen trieb und deren Ruf nur hörte, wer bald starb.
Gozelo wusste, dass er als guter Christ an solche Dinge nicht glauben sollte, aber seine Großmutter, eine Friesin, hatte ihm als Kind den Kopf mit diesen Geschichten vollgestopft. Er erinnerte sich nur an sie, wenn er erregt war oder sich fürchtete, und Gott selbst musste zugeben, dass dieses Land, das er ganz offensichtlich verlassen hatte, einen das Fürchten lehrte.
Es war eigentlich weniger das Land als dieser vermummte Mann. Gozelo fröstelte, er schlang seinen Mantel enger um sich, während er weiter Richtung Osten zog, froh darüber, dass sich am Horizont ein erster Lichtstreif zeigte. Er hatte nach Carnwath gehen wollen, dem Herrenhaus von Lord Somerville - egal, ob er Engländer war oder nicht, dort wäre er wenigstens sicher gewesen -, aber in der Dunkelheit war er vom Weg abgekommen, und jetzt wusste er, dass er sein Ziel verfehlt hatte und stattdessen auf Douglas zuging.
Er befürchtete, dass man jemanden wie ihn, der zu Fuß angehumpelt kam, in dieser Gegend mit dem Speer bedrohen und mit einem Fluch wieder wegschicken würde. Zu Pferd hätte man einen ganz anderen Eindruck gemacht, aber wenn man an einem feuchten Sommermorgen mit kaputten Schuhen durch den Tau angelatscht kam, noch dazu mit einer Tunika und einem Mantel, die von der langen Reise verdreckt waren, galt man nicht viel, selbst wenn man ein flämischer Baumeister aus Scone war. Und nicht nur das, Gozelo wusste, dass Douglas eine Hochburg ehemaliger Rebellen war, und man konnte sich nicht darauf verlassen, dass sie seinen Verfolgern auch wirklich den Zutritt verwehrten.
Er erschrak, als er ein Schwirren hörte. Nervös blickte er um sich und ging dann schneller weiter. Er hätte den Auftrag nie annehmen sollen, aber Bischof Wishart, dieser ehrwürdige alte Mann mit dem Gesicht eines Mastiffs, hatte ihn mit Schmeicheleien und dem Versprechen einer hohen Belohnung dazu überredet. Nicht, dass das Anfertigen des Stücks besonders schwer gewesen wäre - Manon hatte sich zudem um die Inschriften gekümmert, aber Gozelo zweifelte keinen Moment daran, dass dieser arme Steinmetz inzwischen tot war.
Dann war der Vermummte mit seinem Karren und dem ausgemergelten Gaul gekommen, und der Flame hatte beobachtet, dass sie das Original mitnahmen und die Kopie an seiner Stelle zurückließen. Man hatte ihm gesagt, Manon sei bezahlt worden und bereits weitergezogen. Das war der Moment gewesen, als es ihm eiskalt über den Rücken lief.
»Wir bringen das hier nach Roslin«, hatte der Vermummte auf Französisch gesagt. »Dort wirst du bezahlt werden, sowohl für deine Arbeit als auch dafür, dass du den Mund hältst.«
Wenn es nur der Vermummte gewesen wäre, der das alles geplant hätte, hätte Gozelo sich nicht weiter damit aufgehalten - aber es war kein Geringerer als ein Bischof, der ihn angesprochen hatte. Damals hatte Gozelo Bischof Wishart für einen großen Kirchenmann gehalten, er hatte sich in dessen Lobhudeleien gesonnt, hatte seinen Versprechungen geglaubt - bis zu diesem langen, mühsamen Marsch hinter dem Karren her, in diesem nicht enden wollenden Regen - du lieber Gott, schien in Schottland denn niemals die Sonne? In seiner Furcht hatte er alle guten Vorsätze zum Teufel geschickt. Der Vermummte, düster und abweisend wie eine nasse Felswand, war ihm mit jeder Meile bedrohlicher erschienen, bis Gozelo kurz vor Roslin auch den letzten Rest von Mut verloren hatte und er davongelaufen war.
Der Vermummte war darüber ins Grübeln gekommen. Der Flame war ohne die versprochene Belohnung in panischer Angst fortgerannt. Es musste ihm klar geworden sein, was ihm in Roslin drohte. Kluges Bürschchen. Und doch würde ihm bald dämmern, in welche Lage er sich gebracht hatte, so ganz ohne Geld. Er würde sich auf den Weg nach Lanark machen, zu Heselrig, dem englischen Sheriff, und er würde ihm alles erzählen, was er wusste.
Es war genauso, wie Wishart es vorausgesagt hatte, dachte der Vermummte. Der Bischof hatte ihn beiseitegenommen und ihm zugeflüstert: »Wenn Ihr os vulvae vertraut, seid Ihr ein Narr. Geht mit Gott, mein Sohn.«
Der Vermummte musste zugeben, dass der Bischof recht gehabt hatte, nicht nur, was den Charakter des Flamen anbetraf, sondern auch sein Aussehen, denn mit dem albernen Bärtchen um den kleinen Mund sah er tatsächlich aus wie eine Frau zwischen den Beinen. Auf Latein klang es allerdings besser als auf Englisch: os vulvae - Fotzengesicht.
Natürlich war es auch möglich, dachte der Vermummte, während er das müde Pony den Berg hinauf nach Roslin antrieb, dass der Flame nach Dumfries an der englischen Grenze gehen würde. Schließlich war er ein Handwerksmeister und würde nicht lange ohne Arbeit sein.
Als er Sir William Sientcler, dem alten Tempelritter auf Roslin, von diesen Überlegungen erzählt hatte, ließ dieser ihm ein gutes, schnelles Pferd bringen. Er sah ihn bedeutungsvoll an. »Erledigt das«, sagte er, und der Vermummte nickte. Er würde es erledigen.
Als Gozelo schwache Lichter wahrnahm, hätte er vor Freude fast geweint, denn jetzt war es nicht mehr weit nach Douglas, wo er eine Unterkunft finden würde, ehe er nach Lanark weiterzog. Er würde alles erzählen, dachte er wütend. Er war überzeugt, dass es richtig gewesen war, fortzulaufen. Er würde niemals in dieses Land zurückkehren, sondern er würde den Engländern alles erzählen, was er wusste - trotz allem, was sie in Berwick den Flamen angetan hatten -, denn die Engländer waren seine einzige Rettung. Sie würden ihn auch bezahlen und ihn für seinen entgangenen Lohn entschädigen. Und was bedeutete ihm, Gozelo, schließlich ein alberner Stein?
In diesem Moment trat der Mond hinter den Wolken hervor, und er sah die Gestalt, die vor der Baumreihe auf ihn wartete. Es waren die letzten Bäume vor der Flussaue, die sich zu der Festung hinabzog, deren Lichter so nahe waren. Gozelo schrie auf, aber es war zu spät.
»Du bist ohne deinen Lohn gegangen«, sagte der Vermummte leise. Gozelo wich zurück, plapperte wild drauflos, auf Französisch, Flämisch, Englisch. Er spürte, wie es ihm warm an den Beinen herunterlief, aber das war ihm gleichgültig, er war zu sehr damit beschäftigt, um Gnade zu winseln.
»Du wirst nichts sagen?«, wiederholte der Vermummte das, was er von dem Kauderwelsch verstanden hatte, und der Flame nickte so heftig, dass es aussah, als müsse er jeden Moment seinen Kopf verlieren.
Der Vermummte nickte verständnisvoll, dann griff er nach seiner Kapuze und zog sie zurück, sodass sein Gesicht im Mondlicht sichtbar wurde. Das fahle Licht machte ihn nicht gerade schöner, aber es ließ einen vierkantigen Stahl in seiner Hand aufblitzen, und Gozelo stieß einen schrillen Schrei aus, der nichts Menschliches an sich hatte.
»Da möchte ich lieber sichergehen«, sagte der Vermummte, trat zu dem Flamen und stieß zu. Gozelo sank ihm an die Brust wie ein erschöpfter Liebhaber, dann glitt er auf die modrigen Blätter des Waldbodens.
Der Vermummte wischte den Dolch an Gozelos Mantel ab. Dann durchsuchte er die Kleider des Toten, nahm sich, was er brauchen konnte, und ging davon, wobei er das Pferd am Zügel führte, bis er sicher war, dass er nicht gesehen worden war.
Gestern war der Tag gewesen, fiel ihm ein, an dem Edward I. die Adelsversammlung Schottlands nach Brechin befohlen hatte, wo die Herren mit ansehen mussten, was mit einem König geschah, der es wagte, ihn, den Engländer, herauszufordern.
Zweifellos war es zu Demütigungen, Lügen und Grausamkeiten gekommen. Edward hatte das Heilige Kreuz und den Stein in seine Hand gebracht, wie er es angedroht hatte, zum Zeichen, dass König John Balliol jegliche Macht verloren hatte.
Aber Edward hatte nicht das gesamte Schottland unter seine Herrschaft gebracht. Ein kleiner Teil des Königreichs war ihm entrissen worden.
Der Vermummte lächelte. Wärme erfüllte ihn bei diesem Gedanken, die Nässe des kühlen Sommerregens spürte er nicht.
KAPITEL 1
BURG VON DOUGLAS, FAST EIN JAHR SPÄTER
AM VORABEND DES HEILIGEN BRENDAN, MAI 1297
Wie immer wurde der Junge von den Hunden geweckt, die unruhig um ihn herumschnüffelten. Wo es bisher warm gewesen war, wurde es plötzlich kalt, bis er fröstelnd erwachte.
Sowie er sich bewegte, war er von Hunden umgeben, die ihm mit hängender Zunge ihren stinkenden Atem ins Gesicht hechelten und mit hoffnungsvollen Augen um Futter bettelten. Sie kannten den Tagesablauf genauso gut wie er - oder noch besser, wie Malk, die rechte Hand des Berners behauptete.
Der »Hundejunge«, wie alle ihn nannten, erhob sich schnell, als er die kalte Luft von draußen spürte. Er zupfte sich das Stroh aus Haaren und Kleidern, fuhr mit den Füßen in die Holzpantoffeln und stolperte ins Halbdunkel des Zwingers, ein langes, niedriges Fachwerkgebäude, mit Lehm und Stroh verfüllt. Wegen der Feuergefahr gab es kein Licht, und die Hinterwand bestand aus solidem, eiskaltem Stein - sie war ein Teil des Brauhauses. Das einzige Licht fiel durch die Ritzen der Lehmwände auf den mit Stroh bedeckten Boden, der stank wie an jedem Morgen.
Er nahm eine Tunika aus rauer Wolle vom Haken, zog sie sich über den Kopf und fuhr in die Ärmel, dann blies er in die Hände, denn es war kalt, jetzt so kurz vor Sonnenaufgang. Irgendwo hustete jemand, und langsam erhoben sich weitere Gestalten aus dem Stroh - Stallburschen wie er, die in den neuen Tag blinzelten. Die Hunde, die auf ihre Fütterung warteten, jaulten, winselten und umkreisten sie mit wild wedelnden Schwänzen.
»Ruhig, ruhig«, sagte der Hundejunge besänftigend. »Immer mit der Ruhe. Gleich geht's los.«
Natürlich wurde nicht gefüttert, wenn es auf die Jagd ging, denn volle Bäuche bedeuteten schlechte Läufer, und gerade die Läufer waren es, für die er, zusammen mit einer Handvoll weiterer Jungen, verantwortlich war. Spürhunde und Bluthunde waren es, insgesamt etwa dreißig, die sich winselnd um ihn drängten, während die übrigen Hunde, die getrennt untergebracht waren, damit sie sich nicht gegenseitig an die Gurgel gingen, jetzt ebenfalls in das heisere Bellen und Heulen einstimmten.
»Swef, swef«, rief Gib, um sie zur Ruhe zu bringen, wobei er mit seinem Französisch angab, das er von Philippe, dem Berner, gelernt hatte. Die Hunde ignorierten ihn, und der Hundejunge lachte leise. Die weißen Spürhunde waren englische Talbots, erstklassige Nasen, aber ohne Ausdauer, und der Hundejunge hielt es für unwahrscheinlich, dass sie Französisch verstanden. Die bunt gescheckten Bluthunde hingegen waren eine schlesische Rasse, sie waren zum Laufen gezüchtet und machten den größten Teil der Meute aus. Wenn die Talbots erst einmal die Spur gefunden hatten, wurde sie von den Bluthunden aufgenommen und unermüdlich verfolgt, bis das Wild zur Strecke gebracht war.
Er hielt es für unwahrscheinlich, dass auch nur einer von ihnen Französisch verstehen würde - soweit Hunde überhaupt eine Sprache verstanden -, aber Frankreich wurde allgemein als die Heimat der herrschaftlichen Jagd betrachtet, und so hatten alle Hunde französische Namen, und der Hundeführer war ein Franzose, der seinen französischen Titel trug: berner. Doch das Wild, das sie hier jagten, war dasselbe - Hirsche, Rehe, Wildschweine und alles, was es sonst noch in diesem Tal gab mit seinen Ländereien, die dem Hause Douglas einst von Gott und König gegeben worden waren.
Als die Alanen und die Windhunde anfingen zu bellen und zu heulen, rührten sich hinter der dünnen Trennwand auch die anderen Stalljungen. Der Hundejunge fröstelte, aber nicht vor Kälte: Dort drinnen waren zwanzig Windhunde, kämpfende, knurrende, graue Laufmaschinen mit kalten Augen. Doch selbst sie wichen zurück und kniffen die Schwänze ein, wenn die beiden Neuankömmlinge, zwei riesige Hirschhunde mit rauem Fell, drohend ihre schwarzen Lefzen hoben.
Die Windhunde waren ohne Weiteres in der Lage, einen jungen Hirsch oder ein Reh so lange zu hetzen, bis das Tier zusammenbrach. Die Alanenhunde hingegen konnten auch einen ausgewachsenen Hirsch erledigen, wenn er einmal eingekesselt war. Aber nur Hirschhunde waren imstande, einen solch großen Hirsch nicht nur zu Tode zu hetzen, sie hatten hinterher immer noch überschüssige Kraft, um den Kadaver aus dem Unterholz zu zerren.
Douglas hatte bisher keine Hirschhunde gehabt, deswegen war es eine große Überraschung gewesen, als Sir Hal von Herdmanston und seine Reiter dieses Paar mitbrachten. Der Hundejunge hatte den Eindruck, dass es für eine einfache Jagdgesellschaft ziemlich viele Reiter waren, aber Jamie und die anderen hatten ihn aufgeklärt: Für Sir Hal war diese Jagdgesellschaft nur ein Vorwand, in Wirklichkeit war er von seinem Vater geschickt worden, weil er das Versprechen gegeben hatte, dem DouglasClan beizustehen, falls ihre Burg bedroht sein sollte. Offenbar befürchtete man, dass Lord Bruce von Carrick und seine Männer sich an der Lady und ihren Söhnen dafür rächen könnten, dass der Herr des Hauses sich gegen den englischen König erhoben hatte.
Es hatte den Hundejungen erschreckt, als er gestern diese vielen Menschen erblickte, die plötzlich die Burg bevölkerten - mehr Menschen, als er jemals zuvor auf einem Haufen gesehen hatte. Und noch mehr hatte es ihn erschreckt, als er merkte, wie ungehorsam die Hunde von Herdmanston waren, deren Geheul die Meute von Douglasdale in Aufruhr versetzte. Philippe der Berner war sehr ungehalten gewesen - aber zur Überraschung aller hatte das Auftreten des Hundejungen genügt, um auch diese beiden Bestien sofort zu besänftigen.
»Der hier ist Mykel«, hatte Master Hal zu ihm gesagt, und der Hund hatte den Jungen mit großen, ergebenen Augen angesehen. »Es ist ein altes Wort aus Lothian und bedeutet ›groß‹. Der andere heißt Veldi, was in derselben Sprache ›Kraft‹ bedeutet.«
Der Hundejunge nickte, sprachlos vor Ehrfurcht, dass der große, lachende Hal und seine ebenso großen, freundlichen Männer mit Namen wie Bangtail Hob und der Illmade Jock ihm überhaupt ihre Aufmerksamkeit schenkten. Veldi, dessen rosa Zunge hechelnd zwischen den weißen Fangzähnen heraushing, sah treuherzig mit seinen blaubraunen Augen zu dem Hundejungen auf, dessen Herz einen Hüpfer tat, weil er plötzlich zu der Überzeugung gelangt war, dass diese Tiere in Wirklichkeit in Hunde verwandelte Engel waren.
Zu gern hätte er ihnen dies mitgeteilt, aber er brachte nur stammelnd das Wort »Engel« heraus, worüber die großen Männer lachen mussten. Einer von ihnen schlug ihm so fest auf die Schulter, dass der Junge dachte, er wolle ihn in den Boden rammen.
»Engel? Na, du scheinst ja ein rechter kleiner Schlaukopf zu sein!«, sagte der, den die anderen Todd Wattie nannten. »Du wirst deine Meinung schon noch ändern, wenn diese Teufelskerle dich das erste Mal Hals über Kopf in den Dreck geschmissen haben!«
Der Hundejunge entnahm seinem Ton, dass die Hunde das mit ihm wohl mindestens einmal getan haben mussten, und er hätte schwören können, dass Mykel ihm zuzwinkerte. Darüber musste er grinsen, worauf Todd Wattie die Stirn runzelte und die anderen sich lachend auf die Schenkel klopften.
Sir Hal hatte ihm freundlich aufgetragen, sich gut um seine Tiere zu kümmern, und der Hundejunge hatte in das alte und zugleich junge Gesicht geblickt, mit dem Bart und den Augen, die aussahen wie vom Seenebel verschleiert, und von dem Augenblick an liebte er den Mann, und Mykel hatte die Schnauze unter seinen Arm geschoben und ihn mit seinen großen Augen angesehen.
Der Hundejunge hatte schon einmal einen so großen Hund wie Mykel gesehen, vor langer Zeit, als er gerade in Douglas angekommen war. Es war ein Wolfshund gewesen, hatte man ihm erklärt. Der Hund hatte ein raues, struppiges Fell gehabt und war ihm so groß erschienen wie ein Pony - aber er selbst war damals auch noch kleiner gewesen. Jetzt kam es ihm vor, als hätten die Hirschhunde noch längere Beine.
Der Wolfshund war gestorben, als der Hundejunge acht Jahre alt gewesen war, und zwei Jahre, nachdem seine Mutter ihn stolz, aber am Ende ihrer Kräfte, durch dieses Tor geführt hatte, das damals noch aus Holz gewesen war. Der Schild der Douglas hatte daran gehangen, mit den drei silbernen sechszackigen Sternen.
Jamie war trotz seiner hohen Geburt sein Freund. Er konnte lesen und wusste sogar, wo Frankreich lag. Der Hundejunge konnte nicht lesen und hatte nicht einmal eine Ahnung, wo England lag, er wusste nur, dass Schottland nicht weit von Douglasdale entfernt sein konnte.
Und er wusste, dass die Engländer aus England nach Douglasdale gekommen waren, denn Jamie sprach seit gestern von nichts anderem. Er empfand große Bitterkeit darüber, dass seine Mutter, die Lady, kampflos aufgegeben hatte, und jetzt machten sich die Männer von Carrick in der Burg breit, und der junge Lord Bruce, so selbstsicher, dass es schon fast an Arroganz grenzte, hatte ihr in aller Höflichkeit die Zügel aus der Hand genommen, im Namen Englands - obwohl er selbst gar kein Engländer war.
Das Einzige, dessen der Hundejunge sich sicher war und woran er nie zweifelte, auch wenn alles andere um ihn herumwirbelte wie Herbstlaub im Wind, war sein Alter: Er war jetzt elf Jahre. Er wusste es, weil seine Mutter damals sein Alter genannt hatte, und an ihre Stimme erinnerte er sich besser als an ihr Gesicht.
An seinen Vater hatte er keine Erinnerung, lediglich ein undeutliches Bild davon, wie er, das kleine Kind, in der Furche, auf dem Acker, hinter einem Mann hergestolpert war und zugesehen hatte, wie die Pflugschar Erde aufgeworfen hatte. Der Mann hatte die beiden Ochsen, die ihm nicht selbst gehörten, mit Kussgeräuschen angetrieben.
Noch immer glaubte er die Erde zwischen den nackten Zehen zu spüren, er sah die Vögel kreisen und sich auf die ausgegrabenen Käfer und Würmer stürzen. Es war seine Aufgabe gewesen, die Würmer zuerst zu erwischen und sie wieder unter die Erde zu bringen, denn sie pflügten das Feld genauso gründlich um wie der Mensch. Er erinnerte sich an die Stimme, die ihm das erklärte, und er dachte, es könnte sein Vater gewesen sein - aber das alles war zu weit weg, bis auf den Moment, als das große, breite Gesicht seines Vaters sich zu ihm heruntergebeugt hatte, die rissigen Daumen auf seinen schmächtigen Schultern. Das war damals, als er über das Feld gelaufen war, in der Hand einen Beutel mit zwei Fladenbroten und einem dicken Kloß Haferbrei vom Vortag, dorthin gelaufen, wo sein Pa stand, mit den zwei Ochsen, die sein ganzer Stolz waren. Niemand sonst war so wohlhabend.
Sein Pa hatte ihn lange angesehen und sich dann zu ihm heruntergebeugt.
»Du rennst wahrlich so flink wie ein junger Hund«, sagte er, doch seine Stimme klang traurig. »Wie ein junger Hund.«
Am nächsten Tag hatte seine Ma ihn hierher in die Burg gebracht und auf den Berner gewartet. Der Hundejunge schämte sich jetzt, dass er sich an das Gesicht seiner Mutter nicht mehr erinnern konnte, aber er hatte noch ihre Stimme im Ohr und spürte ihre Hand auf seinem ordentlich gekämmten Scheitel.
»Ich habe ihn gebracht«, sagte sie. »Seine Lordschaft hat gesagt, ich kann ihn bringen, wenn er so schnell rennen kann wie die Hunde. Er ist sechs.«
Seitdem hatte seine Welt nur noch aus diesen Mauern und diesen Hunden bestanden.
Malk, der Gehilfe des Berners, rechnete das Alter des Hundejungen nach und trug es in die Liste ein, in der auch die Geburtsdaten der Hunde zusammen mit ihrer Abstammung vermerkt waren. Es machte dem Hundejungen nichts aus, denn er wusste nicht, dass Malk zwar die Abstammung eines Hundes über mehrere Generationen zurückverfolgen konnte, in dem Hundejungen jedoch nur die Brut eines unfreien Bauern aus einer armseligen Hütte sah.
Es wäre für den Hundejungen eine große Überraschung gewesen, wenn er erfahren hätte, dass er auch einen Namen hatte - Aleysandir, genau wie der König, der in Fife von den Klippen gestürzt war und damit im selben Jahr, in dem der Junge geboren wurde, ganz Schottland ins Chaos gestürzt hatte. Aber davon wusste der Junge nichts, und er war jetzt schon so lange der Hundejunge, dass er keinen anderen Namen kannte.
»Runter, ihr Mistkerle!«
Die Stimme holte den Jungen zurück in die Gegenwart, und es wurde ihm bewusst, dass er sich noch immer im Zwinger befand. Gib scheuchte die Hunde fort, und hinter ihm reckte sich Worm und gähnte laut, in seinem wirren Haar steckten Strohhalme. Der Hundejunge kratzte an einem Flohbiss, dann duckte er sich, seine übliche Reaktion auf plötzlichen Lärm und großes Durcheinander. Die schwere Tür flog auf und ließ Licht und einen Schwall kalte Luft herein.
»Auf die Füße, faule Bande!«
Die Gestalt, die sich im Türrahmen vor dem blassen Morgenlicht abzeichnete, blieb einen Moment stehen, dann kam sie herein und knallte mit der Peitsche: Die Hunde kannten ihn nur zu gut und wichen zurück, doch immer wieder kamen sie näher, die Schwänze eingekniffen, winselnd und jaulend.
Obwohl Berner Philippe nicht sehr groß war, musste er sich bücken, um nicht an die Decke zu stoßen. Er trug ein schäbiges Lederwams, um seinen einfachen Mantel aus gefärbter Wolle zu schützen, den er wiederum anhatte, um die blassgraue Tunika darunter sauber zu halten. Dazu zeigte er sein gewohntes höhnisches Grinsen, umrahmt von dem gestutzten schwarzen Bart.
»Los, los, rührt euch«, knurrte er. »Es gibt viel zu tun - wo ist Gib?«
Gib kam angestolpert, er klaubte Stroh aus seinen Kleidern und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Er machte eine schwungvolle Verbeugung, fast ein wenig spöttisch, und holte seine dürftigen Französischkenntnisse hervor.
»À votre service, Berner Philippe.«
Das Gesicht des Berners verfinsterte sich noch ein wenig mehr, als er ihn sah. Der Knabe wurde reichlich keck, das durfte er ihm nicht durchgehen lassen. Er stieß mit der Zunge an einen Zahnstummel, dann zwang er sich zu einem Lächeln und tätschelte dem Jungen die Wange.
»Oho«, sagte er freundlich, »das sind ja feine Manieren!«
Die anderen sahen, dass er Gib tätschelte wie einen Hund. Er fasste ihn unter dem Kinn und kraulte ihn hinterm Ohr. Es war genauso ein Morgenritual wie das Wecken, denn Gib war der Liebling von Philippe.
Philippe hatte sechs Hundepfleger unter sich. Zusammen mit den sechs piqueurs, den Jägern, fühlten sie sich als die wahren Jünger des Douglas-Clans und weit erhaben über die gleiche Anzahl von stolzen Kriegsknechten. In ihren Augen war Berner Philippe der heilige Petrus - White Tam, der Hauptpiqueur, war St. Jacobus, der Bruder Jesu - Lady Eleanor war die Heilige Jungfrau - und der kühne Sir William war Christus höchstpersönlich.
So war es seit eh und je durch Sitte und Gesetz bestimmt, und damit von Gott selbst.
»Nimm dir fünf Jungen, und dann macht die Jauchegrube sauber«, sagte Philippe und sah vom Hundejungen zu Gib und wieder zurück. Dann nickte er Gib zu und sah hinter ihm her, als er gehorsam losschlurfte. Er wurde groß ... zu groß, bei Gott. Das zarte, weiche Fleisch wurde langsam voller und fester, und selbst für eine Nase, die Gestank gewohnt war, roch Gib jeden Tag stärker nach Hund.
Der Hundejunge stand da und starrte auf das stinkende Stroh, als gäbe es hier einen versteckten Schatz zu entdecken, und Philippe fragte sich, wie so oft, warum er diesen Jungen nie gemocht hatte. Zu mager vielleicht. Doch es gab einen neuen Jungen - Philippe drehte den Kopf wie ein Hund, der eine Spur sucht. Wie hieß er gleich wieder ...? Hew, so hieß er. Das war der Name, den seine Eltern ihm gegeben hatten, aber auf der Liste stand er mit einem Spitznamen, den man sich leichter merken konnte - ein Hundename, Falo, was »gelb« bedeutete, und Philippe erkannte ihn vor allem an seinem blonden Haarschopf.
Eine Enttäuschung. Zu jung. Trotzdem, das blonde Haar, das hier unter dem Völkergemisch, aus dem die Schotten bestanden, von guter Abstammung zeugte, fiel dem Jungen übers Gesicht, als er das stinkende Stroh in den Armen davontrug, und in Philippes Hose wurde es plötzlich eng. Es würde sich lohnen, zu warten ...
Er sah den Hundejungen, der sich wie immer in den Schatten drückte. Der Junge spürte den Blick mehr, als er ihn sah, und blieb vor Angst stehen.
»Du«, sagte Philippe kurz und sah den mageren, dunkeläugigen Jungen mit dem Widerwillen an, den er für alle Kümmerlinge empfand. »Ins Vogelhaus. Gutterbluid wartet.«
Die Kälte griff nach dem Hundejungen. Er schlang die Arme um den Körper und eilte zum Vogelhaus auf der anderen Seite des Hofes, über den heulend der Wind fegte. Der Hundejunge sah sehnsüchtig hinüber zu den glühenden Kohlen, in die Winnie, die Schmiedin, kräftig genug blies, dass die aufstiebenden Funken den Reetdächern auf Wagenschuppen und Stall gefährlich nahe kamen. Dahinter waren die Palisaden, der Burggraben und das Tor, das jetzt aus Eisen war, sowie der hölzerne Taubenschlag, der sich dunkel gegen den grauen Morgenhimmel abhob. Und über allem ragten die Wachtürme auf und der massige quadratische Bergfried.
Das Schmiedefeuer flackerte auf und warf gespenstische Schatten an die Mauer des einen Turmes, bis hinauf zu der Kreuzscharte, die der Kapelle als Fenster diente und aus dem honiggelbes Licht von Talgkerzen drang. Bruder Benedictus, der Kaplan, war also bereits bei der Andacht und sprach dort oben die Worte, die der Hundejunge so gut kannte, dass er glaubte, sie in diesem Moment zu hören:
Domine labia mea aperies. Et os meum annunciabit laudem tuam. Deus in adjutorium meum intende.
Der Hundejunge ging am Backhaus vorbei, aus dem bereits ein Duft drang, der einem wie immer den Mund wässrig machte, dabei murmelte er die Antwort, als wäre er selbst in der Kapelle - Ave Maria, gratia plena. Und der Abschluss des Gebets folgte nach wie der kalte Wind, der vom Fluss her wehte - Gloria patri et filio et spiritui sancto. Sicut erat in principio et nunc et semper et in secula seculorum. Amen. Alleluja.
Er ging am Taubenschlag vorbei, auf dessen spitzem Dach ein merkwürdiger geschnitzter Vogel saß, der an seiner eigenen Brust zu fressen schien, und er begegnete Ferg, dem Küchenjungen, der frisches Brot holen wollte und ihn angrinste, denn auch ihm waren die lateinischen Worte vertraut. Sie wussten beide nicht, was genau sie bedeuteten, sie plapperten sie einfach so dahin.
In den Küchengebäuden neben dem Backhaus war es noch ruhig und dunkel, genau wie in den meisten anderen Gebäuden innerhalb der Palisade aus grob behauenen Baumstämmen, die den Burghof von Wohngebäuden trennte und die große Halle, die Ställe, die Soldatenquartiere und ein paar kleine Gemüsegärten umschloss.
Auf dem umlaufenden Holzgerüst, das als Wehrgang diente, stampften die Wächter mit den Füßen und bliesen in die Hände. Bald würde das Gerüst abgebaut werden, denn es wurde nicht mehr gebraucht, jetzt, wo die Lady sich den Männern aus Carrick unterworfen hatte.
Allerdings hatte es vor ein paar Tagen doch etwas Verwirrung gegeben, als abermals ein Trupp erschien, zwar kleiner, aber nicht weniger entschlossen. Der Hundejunge hatte gehört, der Earl von Buchan sei ihr Anführer, und Jamie hatte etwas davon gemurmelt, dass eigentlich niemand so recht wisse, ob dieser Lord aus dem ComynClan nun für oder gegen König Edward sei.
Der Hundejunge hatte sie gestern kommen sehen, die Leute aus Carrick, mit ihren Fahnen, hatte ihr Kriegsgeschrei gehört, und er war ganz aufgeregt gewesen, denn er hatte erwartet, dass es zu Kämpfen kommen würde - aber dann war alles ganz schnell vorbei gewesen, einfach so. Es war merkwürdig, dass die Lady von Douglas diese Eindringlinge wie Freunde behandelte, von denen die Burg jetzt fast überquoll, sodass viele sich mit Notunterkünften im Burghof und sogar außerhalb begnügen mussten.
»Hundejunge«, ertönte jetzt eine Stimme, er drehte sich um und sah Jamie, der aus der Dunkelheit auftauchte. Der Hundejunge verbeugte sich, was Jamie als durchaus angemessen betrachtete, denn schließlich war er der älteste Sohn des Kühnen und trug schwarze Beinkleider und eine Kapuze mit gebogtem Rand, an seinem Gürtel hing ein gutes Messer in einer Scheide, und er besaß solide Lederstiefel und einen warmen Mantel.
Er war im gleichen Alter wie der Hundejunge, jedoch größer und stärker, denn er übte sich im Gebrauch der Waffen und würde eines Tages die drei Gelübde ablegen und dann ein Ritter sein. Eines Tages würde er sogar Jesus Christus selbst sein, dachte der Hundejunge, nämlich dann, wenn sein Vater sterben würde und ihm die Herrschaft über Douglas vererbte. Schon jetzt durfte er, so oft er wollte, einen Falken aufsteigen lassen - und bei dem Gedanken daran, wo dieser Vogel hauste, wurde der Hundejunge ganz traurig.
»Kalt ist es«, bemerkte Jamie grinsend. »Kalt wie Hexentitten.«
Der Hundejunge grinste zurück. Sie waren auf ihre Art Freunde geworden - auch wenn der Hundejunge abgerissene, schmutzige Kleider trug und ein Niemand war -, doch auch Jamie liebte Hunde, und auch er hatte keine Mutter, genau wie der Hundejunge. Einst hatte dieser ihn danach gefragt, weil er dachte, Lady Eleanor sei Jamies Mutter, aber Jamie hatte ihn aufgeklärt.
»Meine richtige Mutter ist weggeschickt worden«, sagte er unumwunden. »In ein Kloster. Die hier ist die neue Frau meines Vaters, und die Söhne, die er mit ihr gezeugt hat, sind meine Stiefbrüder.«
Er hatte den Hundejungen angesehen, und sein Blick war wild und entschlossen gewesen wie der seines Falken.
»Aber ich bin der Erbe, und eines Tages gehört das alles mir«, hatte er hinzugefügt, und der Hundejunge zweifelte nicht daran. Das verband sie beide, trotz ihres Standesunterschieds. Sie waren im selben Alter, und sie beide waren von Mutter und Vater verlassen. Es war dieselbe Einsamkeit. Das hatte sie zusammengeschweißt, seit sie laufen konnten, und sie waren unzertrennlich geworden.
Allerdings spürten sie beide die Veränderungen, die immer deutlicher zutage traten, sowohl was ihren Stand betraf als auch die körperlichen Veränderungen, und dass unsichtbare Kräfte sie immer weiter voneinander entfernten. Der Hundejunge würde nie etwas anderes sein als ein Stallbursche - Jamie hingegen würde ein Ritter werden, wie sein Vater.
Außer William dem Kühnen hatte es in Douglas keine anderen Ritter gegeben. Wohl etwa zwanzig Krieger, mit guten, gepanzerten Westen, mit Schwertern und Stangen. Doch jetzt gab es nur noch sechs, die anderen waren verschwunden, und den Hundejungen überlief es immer noch kalt, wenn er daran dachte, wie vor einem Jahr vier der Krieger einen schwer verwundeten Waffenbruder durchs Tor getragen hatten. Sie hatten ihnen die Nachricht überbracht, dass man den Kühnen in den Kerker geworfen hatte und alle anderen Männer des Douglas-Clans umgekommen waren, zusammen mit allen Bewohnern von Berwick, Männern, Frauen, Kindern, nachdem Edward der Engländer die Stadt eingenommen hatte.
»Das Blut in den Gassen stand so hoch, dass es mir oben in die Schuhe lief«, hatte Thomas der Sergeant erzählt, und er musste es wissen, denn auch sein Blut war geflossen, und er trug eine rote, noch ganz rohe Narbe auf einer Seite seines Gesichts. Er war der Schwerverwundete gewesen, der getragen werden musste, und eine Weile sah es aus, als würde er sterben. Aber er war zäh, einige sagten sogar, so zäh wie Sir William Douglas selbst.
Jamie liebte und fürchtete seinen Vater gleichermaßen, und die Tatsache, dass Sir William die Belagerung und das Gemetzel in Berwick überlebt hatte und noch immer kämpfte, breitete sich aus wie ein Lauffeuer - aber der Hundejunge verstand längst nicht alles davon, und Jamie erklärte es ihm, langsam und geduldig, gerade so, wie wenn man einem Hund etwas beibringt.
Anscheinend war der Earl von Carrick, ein junger, dunkelhaariger Spross des BruceClans namens Robert, auf Befehl der Engländer hergekommen, um sich an der Lady dafür zu rächen, dass ihr Mann gemeinsame Sache mit den aufständischen Schotten machte. Der Lord aus Lothian, den sie Hal nannten, der Mann mit den harten Augen und den großen Hunden, war in letzter Minute gekommen, um der Lady zu helfen, sich diesem Earl entgegenzustellen.
Und aus irgendeinem Grund, der dem Hundejungen nicht recht klar war, hatte die Lady sich dann diesem Earl Robert ergeben - aber es war nichts von all dem Schrecklichen passiert, das man normalerweise erwartet, wenn man Eindringlinge gewähren lässt. Es war überhaupt nichts Besonderes passiert, außer, dass es in der Burg schrecklich eng wurde.
Wenige Stunden später war ein weiterer Earl am Tor erschienen, der hieß Buchan. Wie es aussah, mochten er und Earl Robert sich nicht besonders, sie schienen jedoch auf derselben Seite zu stehen. Und das war nicht die Seite von Sir William Douglas.
Dem Hundejungen war nicht klar, warum dieser Earl Buchan überhaupt gekommen war, aber er war überrascht, als er jetzt hörte, dass die rothaarige Gräfin, die zusammen mit Earl Robert angekommen war, die Frau des Earl von Buchan sei. Als Jamie ihm dies alles erklärte, schwirrte dem Hundejungen schon bald der Kopf. Jamie, der merkte, dass das Interesse seines Zuhörers erlahmte, wurde von kindlichem Zorn gepackt.
»Für dich bedeutet dieser Krieg wohl gar nichts! Du ärgerst dich nur, dass man jetzt auch noch Sandfässer mit Kettenhemden rollen muss, um sie zu säubern, oder dass man sich im Bogenschießen üben muss.«
Der Junge antwortete nicht, sein Freund war wütend, aber er wusste nicht so recht, weshalb. Doch er schämte sich, denn eigentlich sollte auch er sich im Bogenschießen üben, genau wie alle anderen von niedrigem Rang, aber meist schwänzte er, und es interessierte auch niemanden, wenn der schmächtige Hundejunge nicht auftauchte. Und wozu sollte er schießen lernen? Es hatte hier, ehe die Eindringlinge kamen, nie Feinde gegeben - und auch die Eindringlinge waren jetzt ganz offensichtlich Freunde. Doch inzwischen dämmerte es selbst dem Hundejungen, dass sein beschauliches Leben nicht mehr lange so beschaulich bleiben würde und dass die Mauern des Wohnturms der Douglas Risse bekamen.
»Pfui, du stinkst vielleicht«, sagte Jamie plötzlich und rümpfte die Nase. »Wann hast du dich zum letzten Mal gewaschen?«
»Am Markttag«, erwiderte der Hundejunge entrüstet. »Genau wie alle anderen, mit richtiger Seife.«
»Am Markttag«, explodierte Jamie. »Das ist ja Monate her. Ich habe mich erst letzte Woche gewaschen, in einem Bottich mit heißem Wasser und mit parfümierter Seife.«
Dann kniff er mit einem Ausdruck, den er für anzüglich hielt, ein Auge zu.
»Und ich habe mir von einer Magd den Rücken schrubben lassen. Wie findest du das?«
»Und was, wenn das deine Mutter erfährt?«, erwiderte der Hundejunge zweifelnd. Er war sich über das Geschehen zwischen Rüde und Hündin durchaus im Klaren, wusste aber noch nicht so recht, wie das alles mit dem Gestöhn und Getuschel zusammenhing, das er nachts manchmal hörte. Er wusste auch, dass es, was Frauen anbetraf, bestimmte Vorschriften gab. In Douglas gab es eigentlich für alles Vorschriften.
»Lady Eleanor ist nicht meine Mutter«, entgegnete Jamie hochmütig. »Sie ist die Frau meines Vaters.«
Dennoch runzelte er die Stirn, denn der Hundejunge hatte recht. In diesen Dingen musste man vorsichtig sein. Natürlich gab es in der Burg Frauen. Da war etwa Agnes in der Küche, es gab die Kammerzofen seiner Stiefmutter und jetzt auch noch Lady Buchan, die ständig lachte und deren Haar so wild war, dass keine Haube es bändigen konnte. Sie hatte ein Gemach im Turm bezogen, während ihr Mann im Burghof in seinem prächtigen gestreiften Zelt schmollte - was Jamie ziemlich sonderbar fand.
»Ich hole mir jetzt Brot«, beschloss Jamie mit einem Blick auf seinen Freund. »Willst du auch eins?«
Der Hundejunge verspürte einen bohrenden Hunger. Die Vögel konnten warten. Der Geruch von frisch gebackenem Brot stieg ihnen in die Nase.
»Hundejunge!«
Eine kalte, schneidende Stimme ließ sie auseinanderfahren, es klang, wie wenn man eine Klinge über einen rauen Stein zog. Beide Jungen waren zusammengeschreckt und sahen zum Falkner auf, der wie aus dem Nichts erschienen war. Er trug seinen Mantel aus Marderfell und seine Marderfellmütze mit der Adlerfeder, denn sie waren sein ganzer Stolz, und wenn man sie ihm einmal stehlen würde, würde er sich nicht mehr ins Freie trauen, so spotteten die Männer, aber nur hinter seinem Rücken. Heimlich nannten sie ihn auch »Gutterbluid« - das bedeutete »Gossenköter «. Es hieß, sein richtiger Name sei Sib, und Gutterbluid war ein Name, den man den Leuten aus Peebles gab, um sie zu ärgern. Doch niemand hätte es gewagt, Sib zu ärgern, also nannte man ihn einfach Falkner. Aber niemand mochte ihn, und am wenigsten der Hundejunge.
»Du trödelst, Junge!«, zischte der Falkner. Jamie, der sich schnell wieder erholt hatte, versuchte möglichst lässig zu wirken, denn wenn er ein Ritter werden wollte, musste er lernen, seine Angst zu überwinden.
»Ich habe mich mit ihm unterhalten, Falkner«, erklärte er, zuckte aber unter dem wütenden Blick des Mannes mit dem hageren braunen Gesicht gleich wieder zusammen. Kein Wunder, dass man ihn für einen Sarazenen hält, dachte der Junge.
Der Falkner sah verächtlich auf den jungen Douglas herab. Elender kleiner Köter, dachte er. Ein Falkner verfügte über Geschick und Klugheit und hatte daher Anspruch auf Respekt - doch dieser kleine Kläffer hier war von edlem Geblüt, und er als Falkner konnte nichts weiter tun, als sich um diese paar armseligen Vögel kümmern, weil die Herrschaften sich nichts Besseres leisten konnten.
Am liebsten hätte er dem Jungen eine Ohrfeige verpasst, aber er kannte seine Grenzen und wusste um die Folgen, wenn er sie übertrat. Also verbeugte er sich stattdessen.
»Um Vergebung, junger Herr. Wenn Ihr fertig seid, werde ich die Köder holen.«
Der Hundejunge ersparte Jamie weitere Peinlichkeiten, indem er mit einer flüchtigen Verbeugung in seine Richtung am Falkner vorbei und ins Vogelhaus lief. Jamie und der Falkner starrten sich einen Moment stumm an, bis Jamie der Mut wieder verlassen hatte. Zufrieden verzog der Falkner den Mund zu einem Grinsen. Er deutete eine Verbeugung an und ging in das Haus zu dem Hundejungen.
Es dauerte eine Weile, bis die Augen des Hundejungen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Es roch widerlich nach Vogelkot, und das ganze Gebäude war erfüllt von einem Geräusch wie von großen, flatternden Fahnen. Die Vögel, etwa ein Dutzend, bewegten sich mit ihren leise kratzenden Krallen auf den Sitzstangen. Meist saßen sie reglos wie geschnitzte Figuren in ihren Nischen, blinde Ritter mit federgeschmückten Hauben. Der Hundejunge zog sich Handschuhe aus Dachsfell an, nahm den Korb in den Arm und wartete geduckt.
Er holte tief Luft. Es stank beißend nach dem Kot der Tiere, die ihn jetzt wahrnahmen und sich krächzend und wild vor Hunger auf ihn stürzten. Um ihn herum waren nur noch Flügel und stiebende Federn. Sie flatterten bis zum äußersten Ende der ledernen Fesseln, die sie um die Füße trugen, um sich jedes Mal erneut gierig und wie im Rausch auf den Jungen zu stürzen und ihn wie wild mit ihren Flügeln zu peitschen.
Der Junge zuckte zusammen und warf ihnen das Futter hin, indem er im Gang zwischen ihnen entlangstolperte, wagte aber aus Angst vor dem Falkner nicht, sich energischer gegen sie zu wehren. Er versuchte nur, so gut es ging, sich vor dem wütenden Ansturm zu schützen. Jamies großer Falke flog von seiner Stange herab und konnte den Weg zurück nicht mehr finden. Ein weiterer Vogel schlug seine Krallen in das Handgelenk des Jungen, wo der schützende Handschuh herabgerutscht war.
Endlich packte eine Hand den halb blinden Hundejungen an der Schulter und zog ihn aus diesem Gewirr aus Federn, Krallen und endlosem Kreischen zurück. Er wurde zur Tür hinausgestoßen und landete schluchzend auf dem Boden, bis er nach einer Weile wieder so weit zu Atem gekommen war, dass er sich aufsetzen und Tränen und Federn aus dem Gesicht wischen konnte. Über den einen Handrücken zog sich ein langer, blutiger Kratzer, er leckte das Blut ab und betrachtete seine Handschuhe, die ein paar neue Risse hatten, aus denen Fellbüschel herausquollen.
Er hörte den Falkner. »Ruhig!«, sagte er. »Ruhig! Jetzt ist es vorbei, meine Schönen. Ganz ruhig jetzt, meine Kleinen.«
Ein Schatten fiel auf den Hundejungen, und er zuckte zusammen und wollte wegrennen. Der Falkner ...
Aber es war Jamie, dessen Mund zu einer unwilligen geraden Linie zusammengepresst war. Ohne ein Wort hielt er dem Hundejungen ein Stück Brot hin, der es nahm. Frisch aus dem Backofen, es dampfte noch und war heiß, wenn man hineinbiss.
»Fertig?«
Der Hundejunge nickte. Er konnte nicht sprechen, und Jamie nahm ihn bei der Hand und zog ihn hoch. Zusammen rannten sie zur Schmiede und kletterten auf den Schmiedeblock hoch, wo sie Metallsplitter und krumme Nägel zur Seite fegten und sich niederließen.
Winnie, die Schmiedin, klein, rund und dunkel wie ein nordischer Zwerg, grinste sie an. Ihr Haar war zum Schutz gegen den Funkenflug zu zwei festen Zöpfen geflochten, ihr Gesicht war rot vom Feuer. Wortlos reichte sie ihnen einen Krug mit Bier, denn sie hatte die Jungen gern, sie waren wie zwei kleine Mäuse und leisteten ihr Gesellschaft, während sie das Metall bearbeitete. Dem Hundejungen war vom Brot und dem Feuer warm geworden, und er fühlte sich wieder besser.
»Nicht schlimm«, sagte Jamie, der sich die frische Wunde seines Freundes angesehen hatte.
»Wenn ich hier erst mal der Herr bin«, fügte er hinzu, »dann hört das auf.«
Dann schwiegen sie, denn es gab weiter nichts dazu zu sagen. Es gehörte einfach zu den Aufgaben des Hundejungen: Man ließ die Vögel hungern, und wenn sie dann schließlich gefüttert werden mussten, schickte man ihn - und zwar nur ihn allein. Und wenn sie auf der Jagd eingesetzt wurden und einer verloren ging, wurde der Hundejunge ausgeschickt, um ihn zu suchen. Und egal, wie viel der Vogel gefressen hatte oder ob das Glück der Freiheit ihn übermannt hatte - beim Anblick und dem Geruch des Hundejungen, der den Köder an der Leine schwenkte, kam der Vogel zurück und ließ sich wieder einfangen.
Hal sah sie zur Schmiede rennen, als er den Hof überquerte. Er bemühte sich, leise aufzutreten, denn er war auf dem Weg zu den Männern von Herdmanston und wollte sicherstellen, dass sie ihren Mund hielten über das, was sie über die Gräfin, Isabel von Buchan, und den jungen Bruce gehört hatten.
Er mochte Gutterbluid nicht, und noch viel weniger, wie er mit dem Hundejungen umging, auch wenn er wusste, dass er auf Befehl von Lady Eleanor handelte. Den Grund dafür konnte er nur erahnen. Aber so ging es nun einmal zu in der Welt, die Dinge waren vorherbestimmt durch Sitte und Gesetz und somit durch Gott.
Da half auch die Tatsache nichts, dass die Welt in letzter Zeit immer merkwürdigere Kapriolen schlug, und es war in der Tat kurios, dass er, Sir Sientcler von Herdmanston, ausgeschickt worden war, um die Rechte derer von Douglas zu verteidigen, und feststellen musste, dass sein eigener Verwandter und Lehnsherr, der alte Tempelritter Sir William Sientcler von Roslin, gemeinsame Sache mit diesem Robert vom Clan der Bruces machte.
Hal hatte es bereits gewusst, als er losgezogen war. Auf Geheiß seines Vaters und trotz vieler Proteste hatte er fast sämtliche Männer von Herdmanston zusammengetrieben. Es war kaum einer übrig geblieben, um das eigene kleine Burgtor zu bewachen, aber sein Vater hatte ihm mit Tränen in den Augen auf die Schulter geschlagen und mit belegter Stimme zu ihm gesagt: »Ich halte mich an das Versprechen, dass die Sientclers von Herdmanston die Rechte der Douglas verteidigen werden. Und in dem Versprechen gab es keine Klauseln, die Einmischung unserer Vettern von Roslin betreffend, mein Junge.«
Natürlich waren alle sehr erleichtert gewesen, als Lady Eleanor sich auf Hals Rat hin ohne große Umstände diesem Bruce und seinen Männern aus Carrick ergab, obwohl sie ein böses Gesicht dabei gemacht und ihn mehr oder weniger des Verrats beschuldigt hatte, weil der alte Templer auf der anderen Seite stand.
Hal hatte den Vorwurf geschluckt, hatte aber erleichtert aufgeatmet, als die Tore sich geöffnet hatten und der junge Bruce, der Earl von Carrick, in den Burghof geritten kam und den Widerstand der Lady überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hatte.
»Mein Vater hat mich geschickt«, hatte er ihr zugerufen mit trotzig vorgeschobener Unterlippe, »und der hat den Befehl von König Edward persönlich, Douglas für Sir Williams Widerstand zu bestrafen.«
Er lehnte sich auf der Kruppe seines großen Pferdes zurück, während im Burghof die Menschen durcheinanderliefen, von denen viele weder etwas von Lady Eleanors Trotzhaltung mitbekommen hatten, noch von den Versuchen des jungen Bruce, seine Aufgabe höflich und mit Anstand zu erledigen.
»Euer Mann hat die erste Gelegenheit genutzt, um Edwards Armee ohne Genehmigung zu verlassen«, sagte er ernst. »Gott allein weiß, wo er jetzt ist. Vielleicht hat er sich Sir Andrew Moray und den Aufständischen im Norden angeschlossen. Ich bin aus Annandale gekommen, um diese Burg hier einzunehmen - als gerechte Strafe. Ich habe meine Pflicht hiermit erfüllt, und Ihr, Mylady, steht unter meinem Schutz, Ihr und Eure Kinder seid in Sicherheit.«
Die schottischen Rebellen mögen Bruce als Engländer betrachten, dachte Hal, aber ein echter Engländer wäre nicht so schonend mit Lady Eleanor von Douglas verfahren. Allerdings war die Lady ein feuerspeiender kleiner Vulkan, den der junge Bruce noch längst nicht zum Erlöschen gebracht hatte.
»Ich nehme an, das tut Ihr nur, weil Ihr den Zorn meines Mannes fürchtet, Mylord, und weil ein Verwandter des jungen Hal Sientcler mit Euch reitet. Ihr habt das Versprechen eines Tempelritters. Nun denn, es sei, wie es wolle. Meine Söhne und ich danken Euch.«
Der alte Templer, dessen weißer Bart wie ein Vlies auf der Brust hing, hatte nur genickt, aber das hübsche Gesicht des jungen Bruce war von seiner Unterlippe verunstaltet, die er wieder vorgeschoben hatte bei der Andeutung, dass man dem Wort eines Bruce nicht trauen konnte. Und als sie sein Gesicht sah, lächelte Lady Eleanor zum ersten Mal, aber es war kein freundliches Lächeln.
Lady Eleanor, dachte Hal, hat ein Gesicht wie ein rotwangiges Ferkel, das auf eine Wespe gebissen hat, und das war kein schönes Gesicht für jemanden, dessen Liebesleben in Dichtung und Gesang gepriesen wurde. Sie behauptete von sich gern, sie sei unschuldig und rein wie der Schnee auf den Bergspitzen gewesen, als sie in den Stand der Ehe trat. Das allerdings würde bedeuten, dass ihre beiden Söhne, Hugh und Archie, Früchte einer unbefleckten Empfängnis gewesen wären. Denn natürlich waren sie und der Kühne schon lange Liebhaber gewesen, ehe sie den Segen der Kirche empfangen hatten. Dann hatte der Kühne sie entführt, seine legitime Frau ins Kloster geschickt und Eleanor geheiratet, womit er sich viele Feinde gemacht hatte.
Nicht zuletzt sein Sohn musste ihn dafür hassen, hatte Hal gedacht, als er den jungen Jamie gestern beobachtet hatte, wie er aufrecht und mit trotzig vorgeschobenem Kinn neben seiner Stiefmutter stand. Hal hatte gemerkt, wie der Junge versuchte, ein Zittern zu unterdrücken, und es gab ihm einen Stich, weil es ihn an seinen eigenen Verlust erinnerte. Genau wie John, dachte er traurig. Wenn er noch am Leben wäre, wäre er so alt wie dieser Junge.
Die Erinnerung brachte ihn in den Burghof zurück, und beim Anblick von Jamie und dem Hundejungen, die zur Schmiede rannten, empfand er wieder den ihm so vertrauten Schmerz.
Sim Craw, der Hal an diesem dämmrigen Morgen folgte, bemerkte die Jungen ebenfalls - und er sah, wie Hals Gesicht ernst wurde. Er wusste den Grund sofort, denn sobald Hal einen Jungen sah, wurde er an seinen toten Sohn erinnert. Und jede dunkelhaarige Frau mit lachenden Augen erinnerte ihn an seine Jean. Schlimm genug, einen Sohn durch das Fieber zu verlieren, aber die Mutter noch dazu - wahrlich eine schwere Prüfung Gottes, und die zwei Jahre, die seitdem vergangen waren, hatten seinen Schmerz darüber kaum gelindert.
Sim hatte nicht viel Geduld mit Kindern, aber diesen Jamie Douglas mochte er. Ihm gefiel sein Temperament, so wie ihm auch lebhafte Welpen gefielen. Seine Geburt stand nicht gerade unter einem günstigen Stern. Erst wird seine Mutter weggeschickt, und dann dieses Leben mit einem Vater, der immer streng und unnachgiebig mit dem Jungen umgegangen war. Seine Stiefbrüder waren noch zu klein, sie konnten ihm keine Gefährten sein, doch James hatte nicht nur das Lispeln seiner Mutter, sondern auch den Jähzorn seines Vaters geerbt, der sich in plötzlichen Wutausbrüchen zeigte.
Sim musste an den gestrigen Tag denken, als Buchan plötzlich vor dem Tor auftauchte und alles in Panik geraten war. Schließlich stand dort der größte Rivale von Robert Bruce, und niemand wusste, ob der einflussreiche Angehörige des ComynClans ein Rebell war oder nicht. Auf jeden Fall hatte er hier nichts zu suchen - denn seine Frau war ebenfalls in der Burg. Sie wähnte ihren Mann Hunderte von Meilen weit weg, weil sie annahm, dass er mit Edwards Soldaten in den Krieg gegen Frankreich ziehen würde. Die Gelegenheit hatte sie nutzen wollen, um sich mit dem jungen Bruce zu treffen.
Deshalb hatte es ein paar Minuten lang so ausgesehen, als würde es trotz allem doch noch zum Kampf kommen, und Sim hatte vorsorglich seine Armbrust gespannt. Jamie, der die Szene verfolgte, hatte sich auf die Zehenspitzen gestellt und zu Buchan hinuntergerufen, vor Zorn bebend und mit einem rot angelaufenen Kindergesicht: »Ihr kommt hier nicht rein! Ihr werdet alle aufgehängt! Jawohl, wir werden euch hängen, darauf könnt ihr euch verlassen!«
»Pschscht«, hatte Sim gemacht und dem Jungen auf die Schulter geklopft, doch dafür erntete er nur einen zornigen Blick.
»Du hast mir gar nichts zu sagen«, fauchte er Sim an. »Denn eines Tages werde ich zum Ritter geschlagen.«
Worauf man ein Klatschen hörte. Der Junge schrie auf und hielt sich die Backe, und Sim zog sich seinen Stulpenhandschuh wieder an. In aller Ruhe lehnte er sich auf die Armbrust.
»Betrachte das als ersten Ritterschlag. Und wenn du weiterhin so vorlaut bist, Jamie Douglas, wirst du vielleicht sogar ein zweifach geschlagener Ritter werden.«
Diese Geschichte erzählte er jetzt Hal, damit er endlich aufhörte, dorthin zu starren, wo die Jungen verschwunden waren. Hal, aus seinen Gedanken aufgescheucht, brachte ein mühsames Lächeln zustande.
»Ich hoffe für dich, dass er es vergisst, bis er hier sein Erbe antritt «, sagte er zu Sim.
Ein plötzliches Gebrüll veranlasste beide, sich umzudrehen, und Sim Craws breites Grinsen verschwand.
»Was will er bloß hier?«, fragte er mit Blick auf das gestreifte Zelt des Earl von Buchan, aus dem jetzt erneut ein wütender Unmutslaut drang.
»Seine Frau vermutlich«, erwiderte Hal trocken, und Sim lachte leise. Irgendwo da oben, dachte Hal und sah zu dem dunklen Turm hoch, sitzt die schöne Isabel MacDuff und erzählt allen weiterhin, sie sei rein zufällig hier, um Eleanor Douglas zu besuchen.
Offenbar war Buchan der einzige Mensch in ganz Schottland, der keine Ahnung hatte, dass der junge Bruce und Isabel keine Gelegenheit ausließen, um miteinander ins Bett zu steigen, und wie Sim erzählt hatte, bestand dieses Verhältnis schon, seit dieser Bruce überhaupt zum Bumsen fähig war.
Es wäre zum Lachen gewesen, wenn die allgemeine Lage nicht so gefährlich gewesen wäre. Der Earl von Buchan war ein Comyn, ein Freund der Balliols von Galloway, die wiederum die Erzrivalen des BruceClans waren. Ein Balliol war vor vier Jahren von Edward als König von Schottland eingesetzt worden - und dann, vor einem Jahr, hatte man ihm seine königlichen Insignien wieder abgenommen, weil er sich als undankbar und illoyal erwiesen hatte. Jetzt war Schottland in Aufruhr und wurde angeblich direkt von Westminster aus regiert.
Doch noch immer schwelten die alten Rivalitäten, und es brauchte nicht viel, um einen Flächenbrand auszulösen. Ein Funke genügte. Und wenn Buchan seine treulose Frau hier mit gespreizten Beinen vorfand, könnte das womöglich dieser Funke sein, dachte Hal.
Eine dunkle Gestalt trat aus dem Schatten, und die Männer fuhren erschrocken zusammen, aber als sie das leise Lachen hörten, ließen sie ihre Schwertgriffe mit verlegenem Gesicht wieder los.
»Gut zu wissen, dass man zwei tapferen jungen Kriegern noch immer ein bisschen Angst einjagen kann.«
Jetzt erkannten sie den dunkel gekleideten alten Tempelritter, dessen weißer Bart beim Lachen bebte. Hal lächelte, aber sehr zurückhaltend, wie es sich gehörte, denn der alte Templer war ein Roslin, und die Sientclers von Herdmanston waren den Sientclers von Roslin lehenspflichtig.
»Sir William. Gelobt sei Gott.«
»In Ewigkeit, Amen«, erwiderte der Templer. »Falls Ihr einen Moment Zeit hättet - man wünscht Euch zu sehen.«
»So? Und wer wünscht das?«
Sims Stimme klang höflich, aber nicht unterwürfig. Den alten Templer schien es nicht weiter zu stören.
»Der Earl von Carrick«, erklärte er, und damit war die Sache entschieden. Ohne Umstand folgten sie dem Templer in die halbdunkle Halle des Wohnturmes. Von dort ging es in einen Raum, in dem sich neben einer Truhe nur eine Bank und ein hoher Lehnstuhl befand. Auf dem Boden lag frisch geschnittenes Schilf, vermischt mit Sommerblumen. Die brennenden Wachskerzen verströmten Honigduft und ließen die Schatten des Mannes, der am Ende des Raums erregt auf und ab ging, groß und bedrohlich erscheinen. Es war Robert Bruce, der Earl von Carrick, und er war außer sich.
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Autoren-Porträt von Robert Low
Robert Low ist Journalist und Autor. Mit 19 Jahren war er als Kriegsberichterstatter in Vietnam. Seitdem hat ihn sein Beruf in zahlreiche Kriegsgebiete der Welt geführt, unter anderem nach Sarajevo, Rumänien und Kosovo. Auf Wunsch seiner Frau und seiner Tochter hat er das Reisen mittlerweile aufgegeben. Um seine Abenteuerlust zu befriedigen, nimmt er regelmäßig an Nachstellungen von Wikingerschlachten teil. Robert Low lebt in Largs, Schottland.
Bibliographische Angaben
- Autor: Robert Low
- 464 Seiten, Geb. mit Su.
- ISBN-10: 3863659015
- ISBN-13: 9783863659011
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