Ein unmoralisches Sonderangebot
Roman. Ausgezeichnet mit dem DeLiA 2005
Fritz, verwitwet, tyrannisch und außerordentlich geizig, ist eine Plage für die Schwiegertöchter. Er will endlich Enkelkinder! Und damit die Söhne endlich begreifen, was sie an ihren Frauen haben und wie gut sie zueinander passen,...
- Kreditkarte, Paypal, Rechnungskauf
- 30 Tage Widerrufsrecht
Produktdetails
Produktinformationen zu „Ein unmoralisches Sonderangebot “
Fritz, verwitwet, tyrannisch und außerordentlich geizig, ist eine Plage für die Schwiegertöchter. Er will endlich Enkelkinder! Und damit die Söhne endlich begreifen, was sie an ihren Frauen haben und wie gut sie zueinander passen, sollen sie ein halbes Jahr die Partner tauschen. Die verträumte Olivia zieht einfach mal zu Bastian ins schicke Stadtappartment, die ehrgeizige Conny zu Stephan in die alte Gärtnerei.
Damit alle bei diesem absurden Spiel mitmachen, winkt Fritz mit Geld. Mit viel Geld...
Ausgezeichnet mit dem DeLiA-Literaturpreis
Damit alle bei diesem absurden Spiel mitmachen, winkt Fritz mit Geld. Mit viel Geld...
Ausgezeichnet mit dem DeLiA-Literaturpreis
Klappentext zu „Ein unmoralisches Sonderangebot “
Fritz, verwitwet, tyrannisch und ausserordentlich geizig, ist eine Plage für die Schwiegertöchter. Er will endlich Enkelkinder! Und damit die Söhne endlich begreifen, was sie an ihren Frauen haben und wie gut sie zueinander passen, sollen sie ein halbes Jahr die Partner tauschen. Die verträumte Olivia zieht einfach mal zu Oliver ins schicke Stadtappartment, die ehrgeizige Conny zu Stephan in die alte Gärtnerei. - Damit alle bei diesem absurden Spiel mitmachen, winkt Fritz mit Geld. Mit viel Geld ...Ausgezeichnet mit dem DeLiA-Literaturpreis
Lese-Probe zu „Ein unmoralisches Sonderangebot “
Ein unmoralisches Sonderangebot von Kerstin GierProlog
Die milchige Flüssigkeit im Standmixer schimmerte hellrot im Licht der Kerzen, als Gernod Scherer - seines Zeichens Bankdirektor a. D. - sie in vier Glaser umfüllte. Dabei murmelte er, wie es das Ritual erforderte: »Manner, das ist das Blut, das uns unsterblich macht.«
Doktor Peter Berner, der pensionierte Chefarzt einer renommierten Privatklinik, seufzte, als er sein Glas entgegennahm. »Unsterblich! Schon war's ja. Aber geht es nicht etwas weniger pathetisch? Zum Beispiel einfach: Das ist der Tomatensaft, der uns gesund erhalt?«
»Wie würde das klingen!«, sagte Scherer empört. »Das Ware wohl kaum einer Geheimloge würdig. Außerdem ist da mehr drin als nur Tomatensaft. Aloe-vera-Frischpflanzensaft, Eiweißpulver, Vitamin C und E ....«
»... und Wodka«, ergänzte Fritz Gaertner, der mit seiner stattlichen Körpergröße von einem Meter fünfundachtzig und dem vollen, schneeweißen Haar die beeindruckendste Erscheinung unter den alten Herren darstellte. Die letzten zwanzig Jahre bis zu seiner Pensionierung hatte er einen namhaften Automobilkonzern geleitet. »Der Wodka ist noch das Beste daran, wenn ihr mich fragt.«
»Das Blut, das uns unsterblich macht«, wiederholte Hubert Rückert, ehemaliger Rektor des Johannes-Gutenberg-Gymnasiums und Erbe der berühmten Rückert-Millionen. »Wenn ich es nur oft genug höre, dann glaube ich auch daran.«
Doktor Berner seufzte wieder. »Die Gesundheit ist wohl das Einzige, das man für Geld nicht kaufen kann«, sagte er und trank seinen Tomatenshake mit Todesverachtung aus. »Und natürlich Glück und Liebe. Und - wohl am wenigsten - das Glück unserer Kinder.«
... mehr
Scherer brummte amüsiert. »Du wirst deiner Tochter wohl den Rest deines Lebens Übel nehmen, dass sie einen Metzger geheiratet hat!«
»Das kannst du mir glauben!« Doktor Berner goss sich Wodka nach und nahm einen langen Zug. »Da hat das Mädchen Medizin studiert, und ich hatte für sie schon eine wunderbare Stelle gefunden, und was macht sie? Sie heiratet jemanden, der mit beiden Armen in Tiergedärmen herumwühlt, und will fortan nur noch an seiner Fleischtheke arbeiten. Was, bitte, nutzt mir hier mein ganzes Geld? Jedes Mal, wenn ich sie sehe, bricht sie mir das Herz mit ihrem: Darf's noch ein bisschen mehr sein, Papa?«
Fritz Gaertner lachte. »Ich bin sicher, wenn du nur genug hinblätterst, würde sie ihre Leberwurst sausen lassen.«
»Niemals.« Doktor Berner schüttelte überzeugt den Kopf. .Sie ist so stur, und sie schert sich einen Dreck um Geld, wirklich. Ich bin's aber auch selber schuld: Ich habe sie ein Leben lang Bescheidenheit gelehrt. Und den Sturkopf hat sie von mir geerbt.«
Vielleicht müsstet du einfach dem Schwiegersohn das Geld anbieten«, schlug Rückert vor. »Damit er deine Tochter aus seiner Metzgerei wirft.«
»Nein, nein, das würde nicht funktionieren., sagte Doktor Berner. »Die Kinder machen doch immer nur, was sie wollen. Ich bleibe dabei: Seine Kinder kann man nicht mit Geld kaufen.«
»Meine schon«, sagte Fritz Gaertner mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Aber dafür war mir mein Geld immer zu schade. Sonst hätte ich wohl verhindert, dass meine Söhne so alberne Berufe ergreifen, sich bis über beide Ohren verschulden und die falschen Frauen heiraten.«
»Ich weiß gar nicht, was du hast. Stephans Frau, das Lockenköpfchen, ist doch ganz entzückend«, sagte Scherer. »Ich habe erst heute meine Balkonbepflanzung bei ihr in Auftrag gegeben, und ich finde, sie hat ein wirklich bezauberndes Lächeln.«
»Aber sie ist nicht die richtige Frau für Stephan.« sagte Fritz. »Die beiden sind so verschieden wie Tag und Nacht. Und obwohl sie schon seit zehn Jahren verheiratet sind, gibt es immer noch keinen Nachwuchs. Ebenso wenig wie bei meinem Ältesten. Ich frage mich manchmal, ob die jungen Leute von heute überhaupt wissen, wie man das macht: Nachwuchs zeugen!«
"Wenn du unbedingt Enkelkinder von deinen Söhnen willst, dann versuch doch mal, dir welche von ihnen zu erkaufen«, schlug Doktor Berner augenzwinkernd vor.
»Das wäre kein Problem«, sagte Fritz ungerührt. .Für Geld würden die alles tun. Aber ehrlich gesagt ist mir mein Geld dafür zu schade. Ich war immer der Ansicht, dass ich mich nicht krumm gelegt habe, damit meine Kinder das Geld zum Fenster hinausschmeißen. Außerdem sollten sie ihre eigenen Erfahrungen sammeln - auch schlechte. Kurzum, mein Geiz hat verhindert, dass meine Söhne das tun, was mir gefällt. Natürlich ist es nicht nur eine Frage des Geizes, sondern sozusagen ein Erziehungskonzept. Aber es hat gründlich versagt, wie man sieht.«
»Blödsinn«, widersprach Berner. »Das sagst du nur, weil du genau weißt, dass deine Söhne sich genauso wenig kaufen lassen wie meine Tochter.«
»Blödsinn? Weißt du, was die für Schulden haben? Die würden sofort nackt Straßenbahn fahren, wenn ich ihnen dafür was zahlte.«
Berner beugte sich interessiert vor. »Na ja, so viel gehört da nicht dazu in heutigen Zeiten. Aber würden sie auch etwas wirklich Verrücktes tun?«
»Alles«., sagte Fritz überzeugt. »Wenn ich nur genug zahle.«
»Niemals«, hielt Berner dagegen. »Du bist größenwahnsinnig, wenn du das glaubst.«
»Wollen wir wetten?«, fragte Fritz und beugte sich ebenfalls vor. Man merkte dem alten Herrn an, dass er an der Diskussion Spaß zu finden begann. »So komme ich wenigstens billiger dabei weg, wenn ich endlich mal in meine Kinder investiere.«
»Oh ja, eine richtige Wette«, freute sich auch Scherer. »Eine geheime, interne Wette, exclusiv für unsere Loge. Wir bieten alle mit. Wo es mit den Aktien doch jetzt keinen richtigen Spaß mehr macht...«
»Kinder sind nicht käuflich. Ich setze auf den Doktor«, sagte Rückert. »Vorausgesetzt, es fällt uns etwas richtig Verrücktes ein.«
»Tja, Fritz, die Wette wirst du wohl verlieren.« Berner streckte die Hand aus. »Ich habe da nämlich schon eine Idee, bei der deine Kinder keinesfalls mitmachen, nicht mal für eine Million ...«
Fritz nahm Berners Hand und schüttelte sie förmlich. »Das wollen wir doch mal sehen«, sagte er. »Ich habe bisher noch nie eine Wette verloren.«
»Ich setze auf den alten Fritz«, sagte Scherer. »Unterschätze nie die Magie des Geldes ...«
Und dann steckten die vier alten Männer die Köpfe zusammen, um sich etwas wirklich Verrücktes auszudenken.
1 Kapitel
Es war wie jeden Sonntag: Ich stand nackt vor meinem Kleiderschrank und wusste nicht, was ich anziehen sollte. Nicht, dass der Schrank leer gewesen wäre, aber alle in Frage kommenden Klamotten waren offensichtlich gerade in der Wasche - wie immer. Es gibt wohl Dinge, die lernt man nie, egal, wie alt man wird.
Im Spiegel auf der Innenseite der Schranktür betrachtete ich missmutig mein Gesicht. Im Großen und Ganzen sah ich mit dreiunddreißig nicht anders aus als mit dreiundzwanzig. Aber diese drei Querfalten auf meiner Stirn, die waren vor zehn Jahren noch nicht da gewesen. Wahrscheinlich hatte ich sie beim Grübeln vor diesem Kleiderschrank bekommen. Diese ewige Kleiderfrage war aber auch wirklich zum Stirnrunzeln. Ich musste mir unbedingt eine Antifaltencreme zulegen. Allerdings wurde die Anschaffung einer Antifaltencreme, die wirklich gegen Falten half, uns endgültig in den finanziellen Ruin treiben. Von neuen Klamotten ganz zu schweigen.
»Olli!«, brüllte Stephan von unten. »Beeil dich gefälligst ein bisschen.«
»Ich habe aber nichts zum Anziehen«, brüllte ich zurück. Vor lauter Schreck bröselte der Putz von der Decke. Ich registrierte es mit einem Achselzucken. Machte nichts. Alles was von allein hinunterfiel, brauchte nicht mühsam abgeschlagen zu werden. Allerdings war es, wenn man es genau nahm, ein Wunder, dass Überhaupt noch etwas an der Decke klebte, denn in diesem Haus bröselte der Putz ungefähr schon seit 1950, was in etwa auch das Jahr war, in dem es erbaut wurde. Es war das einzige Haus, das ich je gesehen hatte, das sozusagen übergangslos vom Rohbauzustand in den Ruinenzustand gewechselt hatte. Dabei war es - kaum zu glauben - die ganze Zeit über bewohnt gewesen. Und niemand der Bewohner hatte auch nur irgendetwas annähernd Geschmackvolles in diesem Haus hinterlassen. Neben den diversen Gebäudeschäden gab es eine Vielzahl grell gemusterter Fliesen (überwiegend osterglockengelb und jägergrün), Tapeten (überwiegend großgeblümt) und PVC-Verkleidungen (überwiegend dunkelbraunes Eichenimitat) zu bestaunen. Die Raume waren allesamt so scheußlich, dass man sich nicht einmal an den Anblick gewöhnen konnte, sondern sich jeden Morgen aufs Neue wunderte und schüttelte.
Es gab so viel zu tun, dass man gar nicht wusste, wo man mit der Renovierung eigentlich anfangen sollte. Das war vielleicht der Grund dafür, dass wir noch nicht damit angefangen hatten. Aber der eigentliche Grund war natürlich, dass wir absolut und vollkommen pleite waren.
Das ganze Haus erinnerte mich fatal an den Marmorkuchen, den meine Schwiegermutter immer gebacken hatte. Sehr, sehr krümelig und leider absolut geschmacklos. Man hatte ihn nur mit viel Kaffee herunterspülen können, diesen Marmorkuchen. Manchmal vermisste ich ihn irgendwie trotzdem. Seit meine Schwiegermutter gestorben war, kaufte mein Schwiegervater nämlich den Kuchen immer beim Konditor. Sahnetorte vom Vorvortag gab es dort zum halben Preis. Mein Schwiegervater kaufte nur Sonderangebote, da war er konsequent. Dabei hatte er es im Gegensatz zu uns wirklich nicht nötig zu sparen, der alte Geizkragen.
»Olli?! Bist du vor dem Kleiderschrank eingeschlafen?«, schrie Stephan von unten.
»Ich suche nur was zum Anziehen«, wiederholte ich. Bröckel, bröckel.
»Herrgott, das ist nur ein Frühstück mit der Familie, kein Galadinner«, rief Stephan. »Zieh einfach irgendwas an!«
© 2004 by Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
Scherer brummte amüsiert. »Du wirst deiner Tochter wohl den Rest deines Lebens Übel nehmen, dass sie einen Metzger geheiratet hat!«
»Das kannst du mir glauben!« Doktor Berner goss sich Wodka nach und nahm einen langen Zug. »Da hat das Mädchen Medizin studiert, und ich hatte für sie schon eine wunderbare Stelle gefunden, und was macht sie? Sie heiratet jemanden, der mit beiden Armen in Tiergedärmen herumwühlt, und will fortan nur noch an seiner Fleischtheke arbeiten. Was, bitte, nutzt mir hier mein ganzes Geld? Jedes Mal, wenn ich sie sehe, bricht sie mir das Herz mit ihrem: Darf's noch ein bisschen mehr sein, Papa?«
Fritz Gaertner lachte. »Ich bin sicher, wenn du nur genug hinblätterst, würde sie ihre Leberwurst sausen lassen.«
»Niemals.« Doktor Berner schüttelte überzeugt den Kopf. .Sie ist so stur, und sie schert sich einen Dreck um Geld, wirklich. Ich bin's aber auch selber schuld: Ich habe sie ein Leben lang Bescheidenheit gelehrt. Und den Sturkopf hat sie von mir geerbt.«
Vielleicht müsstet du einfach dem Schwiegersohn das Geld anbieten«, schlug Rückert vor. »Damit er deine Tochter aus seiner Metzgerei wirft.«
»Nein, nein, das würde nicht funktionieren., sagte Doktor Berner. »Die Kinder machen doch immer nur, was sie wollen. Ich bleibe dabei: Seine Kinder kann man nicht mit Geld kaufen.«
»Meine schon«, sagte Fritz Gaertner mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Aber dafür war mir mein Geld immer zu schade. Sonst hätte ich wohl verhindert, dass meine Söhne so alberne Berufe ergreifen, sich bis über beide Ohren verschulden und die falschen Frauen heiraten.«
»Ich weiß gar nicht, was du hast. Stephans Frau, das Lockenköpfchen, ist doch ganz entzückend«, sagte Scherer. »Ich habe erst heute meine Balkonbepflanzung bei ihr in Auftrag gegeben, und ich finde, sie hat ein wirklich bezauberndes Lächeln.«
»Aber sie ist nicht die richtige Frau für Stephan.« sagte Fritz. »Die beiden sind so verschieden wie Tag und Nacht. Und obwohl sie schon seit zehn Jahren verheiratet sind, gibt es immer noch keinen Nachwuchs. Ebenso wenig wie bei meinem Ältesten. Ich frage mich manchmal, ob die jungen Leute von heute überhaupt wissen, wie man das macht: Nachwuchs zeugen!«
"Wenn du unbedingt Enkelkinder von deinen Söhnen willst, dann versuch doch mal, dir welche von ihnen zu erkaufen«, schlug Doktor Berner augenzwinkernd vor.
»Das wäre kein Problem«, sagte Fritz ungerührt. .Für Geld würden die alles tun. Aber ehrlich gesagt ist mir mein Geld dafür zu schade. Ich war immer der Ansicht, dass ich mich nicht krumm gelegt habe, damit meine Kinder das Geld zum Fenster hinausschmeißen. Außerdem sollten sie ihre eigenen Erfahrungen sammeln - auch schlechte. Kurzum, mein Geiz hat verhindert, dass meine Söhne das tun, was mir gefällt. Natürlich ist es nicht nur eine Frage des Geizes, sondern sozusagen ein Erziehungskonzept. Aber es hat gründlich versagt, wie man sieht.«
»Blödsinn«, widersprach Berner. »Das sagst du nur, weil du genau weißt, dass deine Söhne sich genauso wenig kaufen lassen wie meine Tochter.«
»Blödsinn? Weißt du, was die für Schulden haben? Die würden sofort nackt Straßenbahn fahren, wenn ich ihnen dafür was zahlte.«
Berner beugte sich interessiert vor. »Na ja, so viel gehört da nicht dazu in heutigen Zeiten. Aber würden sie auch etwas wirklich Verrücktes tun?«
»Alles«., sagte Fritz überzeugt. »Wenn ich nur genug zahle.«
»Niemals«, hielt Berner dagegen. »Du bist größenwahnsinnig, wenn du das glaubst.«
»Wollen wir wetten?«, fragte Fritz und beugte sich ebenfalls vor. Man merkte dem alten Herrn an, dass er an der Diskussion Spaß zu finden begann. »So komme ich wenigstens billiger dabei weg, wenn ich endlich mal in meine Kinder investiere.«
»Oh ja, eine richtige Wette«, freute sich auch Scherer. »Eine geheime, interne Wette, exclusiv für unsere Loge. Wir bieten alle mit. Wo es mit den Aktien doch jetzt keinen richtigen Spaß mehr macht...«
»Kinder sind nicht käuflich. Ich setze auf den Doktor«, sagte Rückert. »Vorausgesetzt, es fällt uns etwas richtig Verrücktes ein.«
»Tja, Fritz, die Wette wirst du wohl verlieren.« Berner streckte die Hand aus. »Ich habe da nämlich schon eine Idee, bei der deine Kinder keinesfalls mitmachen, nicht mal für eine Million ...«
Fritz nahm Berners Hand und schüttelte sie förmlich. »Das wollen wir doch mal sehen«, sagte er. »Ich habe bisher noch nie eine Wette verloren.«
»Ich setze auf den alten Fritz«, sagte Scherer. »Unterschätze nie die Magie des Geldes ...«
Und dann steckten die vier alten Männer die Köpfe zusammen, um sich etwas wirklich Verrücktes auszudenken.
1 Kapitel
Es war wie jeden Sonntag: Ich stand nackt vor meinem Kleiderschrank und wusste nicht, was ich anziehen sollte. Nicht, dass der Schrank leer gewesen wäre, aber alle in Frage kommenden Klamotten waren offensichtlich gerade in der Wasche - wie immer. Es gibt wohl Dinge, die lernt man nie, egal, wie alt man wird.
Im Spiegel auf der Innenseite der Schranktür betrachtete ich missmutig mein Gesicht. Im Großen und Ganzen sah ich mit dreiunddreißig nicht anders aus als mit dreiundzwanzig. Aber diese drei Querfalten auf meiner Stirn, die waren vor zehn Jahren noch nicht da gewesen. Wahrscheinlich hatte ich sie beim Grübeln vor diesem Kleiderschrank bekommen. Diese ewige Kleiderfrage war aber auch wirklich zum Stirnrunzeln. Ich musste mir unbedingt eine Antifaltencreme zulegen. Allerdings wurde die Anschaffung einer Antifaltencreme, die wirklich gegen Falten half, uns endgültig in den finanziellen Ruin treiben. Von neuen Klamotten ganz zu schweigen.
»Olli!«, brüllte Stephan von unten. »Beeil dich gefälligst ein bisschen.«
»Ich habe aber nichts zum Anziehen«, brüllte ich zurück. Vor lauter Schreck bröselte der Putz von der Decke. Ich registrierte es mit einem Achselzucken. Machte nichts. Alles was von allein hinunterfiel, brauchte nicht mühsam abgeschlagen zu werden. Allerdings war es, wenn man es genau nahm, ein Wunder, dass Überhaupt noch etwas an der Decke klebte, denn in diesem Haus bröselte der Putz ungefähr schon seit 1950, was in etwa auch das Jahr war, in dem es erbaut wurde. Es war das einzige Haus, das ich je gesehen hatte, das sozusagen übergangslos vom Rohbauzustand in den Ruinenzustand gewechselt hatte. Dabei war es - kaum zu glauben - die ganze Zeit über bewohnt gewesen. Und niemand der Bewohner hatte auch nur irgendetwas annähernd Geschmackvolles in diesem Haus hinterlassen. Neben den diversen Gebäudeschäden gab es eine Vielzahl grell gemusterter Fliesen (überwiegend osterglockengelb und jägergrün), Tapeten (überwiegend großgeblümt) und PVC-Verkleidungen (überwiegend dunkelbraunes Eichenimitat) zu bestaunen. Die Raume waren allesamt so scheußlich, dass man sich nicht einmal an den Anblick gewöhnen konnte, sondern sich jeden Morgen aufs Neue wunderte und schüttelte.
Es gab so viel zu tun, dass man gar nicht wusste, wo man mit der Renovierung eigentlich anfangen sollte. Das war vielleicht der Grund dafür, dass wir noch nicht damit angefangen hatten. Aber der eigentliche Grund war natürlich, dass wir absolut und vollkommen pleite waren.
Das ganze Haus erinnerte mich fatal an den Marmorkuchen, den meine Schwiegermutter immer gebacken hatte. Sehr, sehr krümelig und leider absolut geschmacklos. Man hatte ihn nur mit viel Kaffee herunterspülen können, diesen Marmorkuchen. Manchmal vermisste ich ihn irgendwie trotzdem. Seit meine Schwiegermutter gestorben war, kaufte mein Schwiegervater nämlich den Kuchen immer beim Konditor. Sahnetorte vom Vorvortag gab es dort zum halben Preis. Mein Schwiegervater kaufte nur Sonderangebote, da war er konsequent. Dabei hatte er es im Gegensatz zu uns wirklich nicht nötig zu sparen, der alte Geizkragen.
»Olli?! Bist du vor dem Kleiderschrank eingeschlafen?«, schrie Stephan von unten.
»Ich suche nur was zum Anziehen«, wiederholte ich. Bröckel, bröckel.
»Herrgott, das ist nur ein Frühstück mit der Familie, kein Galadinner«, rief Stephan. »Zieh einfach irgendwas an!«
© 2004 by Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
... weniger
Autoren-Porträt von Kerstin Gier
Kerstin Gier lebt mit ihrer Familie in einem Dorf in der Nähe von Bergisch Gladbach. Sie schreibt mit sensationellem Erfolg Romane. FÜR JEDE LÖSUNG EIN PROBLEM und ihre MÜTTER-MAFIA-Romane wurden durch Mundpropaganda Bestseller und mit enthusiastischen Kritiken bedacht. EIN UNMORLISCHES SONDERANGEBOT wurde mit dem DeLiA-Literaturpreis ausgezeichnet. Durch ihre Jugendbücher, die EDELSTEIN-TRILOGIE und SILBER, ist ihre Fangemeinde noch grösser geworden.
www.kerstingier.com
Bibliographische Angaben
- Autor: Kerstin Gier
- 2014, 4. Aufl., 304 Seiten, Masse: 12,5 x 18,6 cm, Taschenbuch, Deutsch
- Verlag: Bastei Lübbe
- ISBN-10: 3404169573
- ISBN-13: 9783404169573
- Erscheinungsdatum: 15.01.2014
Kommentare zu "Ein unmoralisches Sonderangebot"
0 Gebrauchte Artikel zu „Ein unmoralisches Sonderangebot“
Zustand | Preis | Porto | Zahlung | Verkäufer | Rating |
---|
4.5 von 5 Sternen
5 Sterne 7Schreiben Sie einen Kommentar zu "Ein unmoralisches Sonderangebot".
Kommentar verfassen